Patientenrechtegesetz

Heilberufler und Selbstverwaltung stärker in der Pflicht

Seit Langem wird darüber geredet, nun scheint das Patientenrechtegesetz auch Form anzunehmen: Der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Wolfgang Zöller, hat am 22.03.2011 in Berlin sein Grundlagenpapier vorgestellt.

Die Bundesregierung hat sich in ihrer Koalitionsvereinbarung vom Oktober 2009 verpflichtet, die Rechte von Patienten in einem eigenen Gesetz zu regeln. Vorrangig soll damit Transparenz über die bereits heute bestehenden, umfangreichen Rechte der Patienten hergestellt werden. Zugleich soll die tatsächliche Durchsetzung dieser Rechte verbessert und Patienten sollen im Falle eines Behandlungsfehlers stärker unterstützt werden. Die Eckpunkte, die mit dem Bundesministerium für Gesundheit und dem Bundesministerium der Justiz abgestimmt sind, dienen als Vorstufe zum Patientenrechtegesetz, das noch in diesem Jahr verabschiedet werden soll.

Geplant ist, das Patientenrechtegesetz als Artikelgesetz zu gestalten. Im Einzelnen sind unter anderem zu folgenden wesentlichen Punkten Regelungen vorgesehen: Das Behandlungsvertragsrecht war bislang nicht gesetzlich geregelt. Dies soll sich nun ändern: Der Behandlungsvertrag soll in das Bürgerliche Gesetzbuch implementiert werden und sich nicht nur an Ärzte, sondern auch an andere Heilberufe wie Heilpraktiker, Hebammen, Psycho- und Physiotherapeuten richten. Nach wie vor hat der Arzt den Patienten über die zur Erstellung der Diagnose erforderlichen Maßnahmen, die Diagnose selbst und die beabsichtigte Therapie aufzuklären. „Verstößt er hiergegen, so ist eine Einwilligung des Patienten in die Behandlungsmaßnahme unwirksam“, heißt es im Papier. Die Dokumentationspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten wird gesetzlich dahingehend konkretisiert, dass dem Patienten, das Recht zugestanden wird, Einblick in die Patientenakte zu nehmen und diese – auf eigene Kosten – zu kopieren.

Zöllers Vorlage sieht vor, eine Fehlervermeidungskultur in der Medizin zu fördern. Dazu sollen Risikomanagement- und Fehlermeldesysteme im Sinne einer effektiven Qualitätssicherung in der stationären wie in der ambulanten Versorgung gestärkt werden; ein Beschwerdemanagement in den Krankenhäusern soll ebenfalls gefördert werden. Zur Aufklärung von Behandlungsfehlern sollen mittels einheitlicher Schlichtungsverfahren bei Ärzte- und Zahnärztekammern und mittels spezialisierter Arzthaftungskammern bei den Landgerichten die Verfahrensrechte gestärkt werden. Als ersten Schritt, mit dem die Patientenrechte gestärkt werden, führt das Papier den verbesserten Rechtsschutz gegen Berufungsentscheidungen an, den die Regierung bereits Anfang 2011 beschlossen hatte. Laut Eckpunktepapier sollen Patienten bei Verdacht auf Behandlungsund Pflegefehler unterstützt werden. Zwar sei eine generelle Beweislastenumkehr nicht vorgesehen, so Zöller. Doch bei schweren Behandlungsfehlern und bei Schäden, die allein einem Gefahrenbereich entstammen, den der Behandler beherrscht, soll zukünftig der Mediziner nachweisen müssen, dass nicht er verantwortlich ist.

Daher wird in diesem Zusammenhang in den Eckpunkten auch auf die Bedeutung einer ausreichenden und fortlaufenden Berufshaftpflichtversicherung von Ärzten verwiesen. „Nur auf diese Weise kann sichergestellt werden, dass auch größere Schadensersatzzahlungen tatsächlich und umfänglich erfüllt werden können“, heißt es. Die Länder und (Zahn-)Ärztekammern werden aufgefordert, dies durch „geeignete Überprüfmechanismen“ zu garantieren.

Transparenz optimieren

Außerdem sollen die Patienten auch Unterstützung von den Krankenkassen erhalten, wenn es sich um Fragen von Schadensersatzansprüchen nach Behandlungsfehlern handelt. Ohnehin sollen die Patienten stärker über ihre Rechte informiert werden. Deswegen wird die Unabhängige Patientenberatung auf Dauer im Gesundheitswesen implementiert.

Des Weiteren sollen die Patientenrechte beim Übergang zwischen unterschiedlichen Leistungssektoren und Leistungsträgern gestärkt werden. Bereits seit 2007 haben Versicherte Anspruch auf ein Versorgungsmanagement zur Lösung von Problemen beim Übergang in die verschiedenen Versorgungsbereiche. Da dies jedoch nach Ansicht Zöllers „nicht im gewünschten Umfang umgesetzt“ ist, soll die Vorschrift optimiert werden, „dass der Anspruch insbesondere nach Entlassung aus dem Krankenhaus eingelöst werden kann“.

Weitere Elemente des geplanten Patientenrechtegesetzes sind die strukturierten Behandlungsprogramme (DMPs) für Patienten und die Selektivverträge, die die Kassen abschließen. Bei beiden soll die Transparenz für den Patienten erhöht werden. Häufig, so das Papier, seien den Versicherten die für sie bestehenden Möglichkeiten nicht hinreichend bekannt. Dies soll sich ändern: Patienten sollen mehr über solche Programme und Verträge informiert werden.

Skeptische Begleitung

Das Vorhaben, Patientenrechte gesetzlich zu verankern, war nicht unumstritten. Seit über zehn Jahren machten sich unzählige Patienteninitiativen dafür stark. Insbesondere Verbände der Mediziner äußerten sich immer wieder auch skeptisch zu den Überlegungen eines gesonderten Gesetzes.

Die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) begrüßte bei einer Verbändeanhörung zum Thema Patientenrechte im Januar dieses Jahres zwar prinzipiell Zöllers parteiübergreifendes Ansinnen zur Implementierung eines partizipativen Patientenrechts. Doch anstelle eines neuen Gesetzes präferiere die BZÄK die gezielte Verbesserung der Patientenrolle im bestehenden Recht, wie etwa durch Schaffung von konkreten Regelungen zum Behandlungsvertrag, so der BZÄK-Vizepräsident Dr. Dietmar Oesterreich.

Auch die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) begrüßte bereits bei der Anhörung die Absicht, die bisher im Wesentlichen von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze (besonders zum zivilrechtlichen Behandlungsvertrag) gesetzlich zu regeln. Eine Haftungsverschärfung bis hin zu einer verschuldensunabhängigen Haftung sei jedoch nicht hinnehmbar, da ansonsten eine Defensivmedizin drohe, so der KZBV-Vorstandsvorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz.

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