Dentalmuseum Zschadraß

Mehr als eine Wunderkammer

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1991 kauft ein Dentallabor in Grimma neue Möbel. Wohin aber mit dem alten Inventar? Zum Wegwerfen waren die Instrumente und Geräte eindeutig zu schade, dachte sich Zahntechniker Andreas Haesler. Zum Glück. Denn heute ist das aus den Sammlungen entstandene Dentalhistorische Museum in Zschadraß für die Aufarbeitung der Geschichte der Zahnheilkunde weltweit einzig.

Gut 20 Jahre später: Statt einer kleinen Privatauswahl historischer Stücke präsentiert das Museum auf 250 Quadratmetern die größte Sammlung zur Kulturgeschichte der Zahnmedizin auf der ganzen Welt.

Stellte Initiator Haesler anfangs noch auf Firmenveranstaltungen in einer Nische von etwa vier Quadratmetern einige historische zahnärztliche und zahntechnische Gerätschaften aus, war der Schatz im Jahr 2000 schon so groß, dass man damit locker ein Museum füllen konnte. Was man auch tat: Im September öffnete im sächsischen Schloss Colditz das erste Dentalmuseum Deutschlands seine Tore.

Großer Besucherandrang

Haesler: „Schnell war klar, dass wir vor allem Besucher brauchen, um das Projekt mit Leben zu füllen.“ Rasch zeigte sich, dass sich größtenteils Fachfremde für das Museum interessieren – und man das Konzept auf ihre Erwartungen und Bedürfnisse zuschneiden musste. Mit Erfolg: Die Besucherzahlen steigen seitdem Jahr für Jahr.

Was aber sollte mit den vielen Exponaten geschehen, die noch im Verborgenen lagerten? Dass in Colditz alte Behandlungsstühle und selbst Vulkanisierkessel einen Platz fanden, hatte sich nämlich fix herumgesprochen: Über die Jahre gaben dort Techniker, Zahnärzte und Vertreter immer mehr museale Stücke ab. Und im Schloss wurde jedes Jahr eine neue Etage für die neuen Objekte erschlossen. „Diese Menge an Material machte es nicht immer leicht“, stellt Haesler fest. „Schnell wurde man als Messi belächelt und nicht ernst genommen.“

Doch der Spott wich alsbald Respekt. Dafür sorgten auch die zahlreichen „Anschalter“, darunter der erste Bericht in den zm im April 2001. Sie stellten laut Haesler maßgeblich die Weichen für die Entwicklung des Projekts. Plötzlich krempelten viele die Ärmel hoch und halfen mit, das Museum zu erhalten und weiter auszubauen. Die intensiven Kontakte aus dieser Zusammenarbeit bestehen Haesler zufolge zum Teil noch heute.

Im Mai 2006 zog das Museum erneut um. Und zwar nach Zschadraß, etwa je 60 Kilometer entfernt von Dresden, Leipzig und Chemnitz. Das jetzige 9 000 Quadratmeter große Areal liegt in einer alten Parkanlage, etwa einen Kilometer vom Schloss Colditz entfernt. Der gesamte Komplex – die „Quadriga Dentaria“ – umfasst inzwischen vier Häuser: das Museumsgebäude, die Bibliothek, das Technikum und das Gästehaus.

Heute beherbergt das Museum die weltweit umfangreichste Sammlung rund um den Zahn – bestehend aus insgesamt mehr als 200 kleinen und großen Privatsammlungen und über 100 Bibliotheken. Darunter auch die Firmenarchive von Degussa, Emil Huber, De Tray, Ubert & Co., Ritter und Henry Schein. Kein Land fehlt, jeder Kontinent ist mit Objekten vertreten.

Immenser Fundus

Derzeit arbeiten drei Mitarbeiter mithilfe der Kulturraumförderung die umfangreichen historischen Quellen der Bibliothek auf. Eine Recherche mit übergeordneter Bedeutung: „Die Dokumentation steht zwar erst am Anfang, aber in einzelnen Bereichen konnten wir die Geschichtsschreibung bereits korrigieren und vervollständigen“, erklärt Haesler.

Bisher ergab allein das Sortieren des Katalogbestands, dass dort mehr als 1 400 internationale Firmen und zehntausende Einzelpositionen vertreten sind. Allein in den Jahren 2009 und 2010 arbeiteten die Helfer nachweislich mehr als 22 000 Stunden an dem Projekt, betont Haesler. Weit mehr als 20 Haupt- und Teilausstellungen wurden außerdem in ganz Deutschland realisiert. Diverse Stücke lieh das Museum zudem schon an Filmproduktionen aus. Zum Beispiel für die Neuverfilmung von Thomas Manns Buddenbrooks.

Spenden sind nach wie vor willkommen. Gelder werden gerade jetzt dringend gebraucht, um das Dach des Museumsgebäudes neu einzudecken und die Bibliotheksräume aufzubauen. Außerdem muss die Heizung dringend umgerüstet werden. Haesler bekräftigt: „Nur durch das ehrenamtliche Engagement können wir unsere Geschichte lebendig gestalten.“

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