BZÄK-Europatag in Brüssel

Motivation zur Mobilität

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Die Revision der Berufsanerkennungsrichtlinie und die Verbesserung der grenzüberschreitenden Mobilität – dies waren die Schwerpunkte auf dem BZÄKEuropatag in Brüssel. Das Fazit der Experten: In das Anerkennungsverfahren gehört mehr Transparenz, die Qualität der Leistungen muss gesichert bleiben und ethische Aspekte sollten berücksichtigt warden.

Aktueller Anlass für den sechsten Europatag der BZÄK, der am 7. September erstmals in Brüssel stattfand, war der Revisionsprozess zur Berufsanerkennungsrichtlinie. Die von 2005 stammende Richtlinie bildet den maßgeblichen Rahmen für die gegenseitige Anerkennung von Berufsabschlüssen innerhalb der EU. Für die sektoralen Berufsgruppen (Apotheker, Architekten, Ärzte, Hebammen, Krankenschwestern und Krankenpfleger, Tierärzte und Zahnärzte) gibt es eine automatische Anerkennung auf der Grundlage gemeinsamer europäischer Ausbildungsinhalte. Die Kommission hat ein umfangreiches Evaluierungsverfahren eingeleitet, das im Herbst dieses Jahres abgeschlossen werden soll. Verbände sind eingeladen, bis zum 20. September ihre Stellungnahme abzugeben. Ein neuer Gesetzesvorschlag wird Ende des Jahres erwartet.

In Brüssel stieß die Veranstaltung auf reges Interesse: Rund 100 Teilnehmer aus dem EU-Parlament, der Kommission, aus den Vertretungen der Bundesländer in Brüssel sowie aus Politik und Verbänden kamen in die Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei der EU.

BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel unterstrich in seiner Einführung die Bedeutung der Richtlinie für den zahnärztlichen Berufsstand und begrüßte das Revisionsverfahren, um die Anerkennung der Berufsabschlüsse zukünftig weiter zu vereinfachen. Denn die Praxis habe gezeigt, dass die Anerkennungsverfahren nicht immer reibungslos verlaufen seien, dass sich viele Einzelfragen ergeben hätten und dass eine Überarbeitung sinnvoll sei.

Entscheidend dabei seien nun zwei Punkte: Die Balance zwischen Freizügigkeit, Verwaltungsvereinfachung und Qualitätssicherung müsse gewährleistet bleiben und die Interessen der Patienten müssten auf jeden Fall im Mittelpunkt stehen.

Prioritäten im Binnenmarkt

Jürgen Tiedje, Leiter des Referats Freizügigkeit von Fachkräften in der Generaldirektion Binnenmarkt und Dienstleistungen der EUKommission, machte deutlich, dass die Richtlinie zu den zwölf Prioritäten der EU im Binnenmarkt gehört. Sie solle Freizügigkeit und Wachstum fördern. Lange Anerkennungsverfahren machten keinen Sinn, es gehe darum, Fristen zu verkürzen, den Ursprungsstaat in die Anerkennungsverfahren miteinzubeziehen. Außerdem müsse ein Informationssystem geschaffen werden, das dem Bürger wirklich nützt. Dies könne das Binnenmarktinformationssystem IMI sein. Hier müssten die Mitgliedsländer aber noch mehr Dynamik entwickeln.

Für mehr Integration in Europa und eine Modernisierung der Richtlinie sprachen sich die Teilnehmer der ersten Diskussionsrunde unter Moderation des Leiters des Brüsseler ZDF-Studios, Udo van Kampen, aus. Die Überprüfung von Sprachkenntnissen spiele eine Rolle, aber auch Fragen nach adäquaten Gehältern oder Karriereperspektiven seien zu berücksichtigen. Unerlässlich sei die Beachtung ethischer Fragestellungen, so sollte beispielsweise ein ethischer Code, wie ihn die Zahnärzteschaft für ihren Berufsstand auf europäischer Ebene entwickelt hat, auch in der Richtlinie Niederschlag finden.

Arno Metzler, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Freien Berufe, verwies auf die Rolle der Freiberuflichkeit in der Gesellschaft und forderte, dass diese Verantwortung für das Gemeinwohl in der Revision stärker berücksichtigt wird. Heide Rühle, Mitglied des Europäischen Parlaments und Koordinatorin der Fraktion die Grünen/EFA des Ausschusses Binnenmarkt und Verbraucherschutz, verwies auf die bisher zu langwierigen und intransparenten Anerkennungsverfahren und sprach sich für eine Verbesserung der administrativen Zusammenarbeit aus. Entsprechende Anreize zur Umsetzung müssten geschaffen werden. Dies bekräftigte auch BZÄK-Präsident Engel. Es sei ein Trugschluss, den Fachkräftemangel nur durch eine Verschiebung von Arbeitskräften zu decken. Durch Fortbildungsund Qualitätsanreize müssten Arbeitskräfte vielmehr zur Mobilität motiviert werden. Vor allem warnte er vor Billigmedizin aus dem Ausland – das Ausbildungsniveau dürfe nicht heruntergeschraubt werden. Tiedje unterstrich, dass auch der Daten- und Patientenschutz gebührend berücksichtigt werden müsse.

Konkrete Schritte

Die zweite Diskussionsrunde widmete sich der Rolle von Berufsausweisen und konkreten Schritten zur Umsetzung der grenzüberschreitenden Mobilität. Dort diskutierten Evelyne Gebhardt, Mitglied des Europäischen Parlaments und Koordinatorin der sozialdemokratischen Fraktion des Ausschusses Binnenmarkt und Verbraucherschutz, Dr. Wolfgang Doneus, Präsident des Council of European Dentists, Dr. Matthias Gruhl, Senatsverwaltung Bremen und stellvertretender nationaler Koordinator für die Berufsanerkennungsrichtlinie, sowie Anton Bauch vom Zentralverband des Deutschen Handwerks. Bei den Berufsausweisen gibt es noch viel Gestaltungsspielraum. Die Teilnehmer waren sich einig, dass die Einführung freiwilliger EU-weiter Ausweise unter Einbeziehung des Informationssystems IMI als Mobilitätshilfe Vorteile bieten könnte. Diese müssten nicht unbedingt das Format einer Plastikkarte aufweisen, denkbar seien auch zentral geführte Nummern oder ein elektronisches Zertifikat. Intensiv diskutiert wurden Fragen des Schutzes vor Missbrauch, es gebe aber kein verlässliches System, um „schwarze Schafe“ aufzudecken. Die Mobilität von Arbeitskräften in der EU sei insgesamt ein zentraler Bereich, bilanzierte BZÄK-Vizepräsident Prof. Dr. Dietmar Oesterreich. Es gelte, diesen im Interesse des Verbrauchers zu regeln. Für die Zahnärzte sei es dabei wichtig, das vertrauensvolle Arzt-Patienten-Verhältnis auch auf internationaler Ebene zu bewahren.

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