Privatzahnärztetag München

Selbst ist der Zahnarzt

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Wo steht die Privatzahnmedizin? Diese Frage trieb die Privatzahnärzte auf ihrem Jahrestreffen am 14. und 15. Januar in München um. Befeuert wurde die Diskussion vor allem durch die anstehende GOZ-Novellierung und den Polit-Zoff um die Zukunft der Krankenkassen. Versuch einer Standortbestimmung.

„Bei der Gesundheitsreform stellt sich die Frage nach dem marktwirtschaftlichen Weg“, eröffnete der Präsident der Privatzahnärztlichen Vereinigung Deutschlands (PZVD), Dr. Wilfried Beckmann, die Veranstaltung. „Statt der erforderlichen sauberen ordnungspolitischen Ausrichtung wird nur auf Sicht operiert. Die Politik versucht, opportunistisch Gleichheit zu verkaufen und per Umverteilung weichzuspülen.“

Die Statistik des Zerfallsprozesses

Dass die Mechanismen der GKV längst überholt sind, bejahte auch Prof. Bernd Raffelhüschen, Wirtschaftswissenschaftler an der Universität Freiburg: „Die Nachhaltigkeit der GKV gleicht einer Statistik des Zerfallsprozesses. Alles, was wir versuchen, ist nur das Aufschieben von Unvermeidlichkeiten.“ So diene die Beitragserhöhung im Zuge der Gesundheitsreform nur dazu, die Ausgaben für 2011 zu refinanzieren. Raffelhüschen: „Die GKV ist kein ehrbarer, sondern ein Minderkaufmann, der wie jeder Kioskbesitzer nur Ein- und Ausgabenströme verbucht, aber keine Rückstellungen bildet.“

Geht es um die Zahnmedizin, sei nicht der Generationenvertrag gefragt, sondern in der Hauptsache die Familienpolitik: „Die Risiken nehmen im Alter ja nicht zu, im Gegenteil: Alt finanziert hier Jung.“ Die Beiträge seien höher als die Leistungen, und anders als in den anderen Versorgungsbereichen brauche man keine Kapitaldeckung. Sein Plan: die strikte Ausgliederung der zahnmedizinischen Leistungen aus der GKV, gepaart mit einem Mix aus allgemeinem, relativem und maximalem Selbstbehalt. „Gebührenordnungen sind keine Preise“, betonte er in dem Zusammenhang. Wichtig sei freilich, die zahnmedizinischen Leistungen endlich anzugleichen.

Beckmann hält es wie Raffelhüschen für richtig, zahnmedizinische Leistungen bis 18 Jahre als finanzierte Zuweisung und später über Versicherungen abzubilden. Parallel dazu müsse man die Gesundheitserziehung von Kindern sicherstellen, und zwar als familienpolitische Leistung. Kontra kam indes von Prof. Johann Eekhoff, Präsident des Instituts für Mittelstandsforschung in Bonn: Ihm geht es zu weit, Zahnbehandlungen für Kinder als Aufgabe der Familienpolitik zu definieren. Besser sei eine Versicherung, weil die Ansprüche unterschiedlich ausfielen, siehe KFO.

Auf keinen Fall dürften aber Ehepartner unentgeltlich mitversichert bleiben. Was die Öffnungsklausel betrifft, stehen laut Eekhoff diese Verträge nicht im Widerspruch zur Freiheit des Arztes und der des Patienten sofern die freie Arztwahl bestehen bleibt – gegebenenfalls mit höherer Prämie oder Eigenbeteiligung. Zur Frage, ob Gebührenordnungen als Schutz vor Dumpingpreisen dienen können, sagte Eeckhof: „Statt Mindest- oder Höchstpreisen sind eher Korridore als Preisorientierung von Vorteil.“

Dass die Politik für die Zahnärzteschaft keine Lösungen parat hat, bilanzierte Beckmann. „Als Zahnarzt muss ich mich selbst unternehmerisch gut aufstellen, meine Chancen nutzen und mir selber helfen.“ Die Öffnungsklausel führt seiner Meinung nach dazu, dass das Vertragsverhältnis für Patienten intransparent wird. „Das Vertrauensverhältnis wird empfindlich gestört, weil der Patient annimmt, dass der Therapievorschlag des Zahnarztes unter Umständen zum Vorteil von Behandler und Versicherer gereicht“, führte er aus. „Vorher war für den Patienten nachvollziehbar, dass der Zahnarzt zwar seine Interessen verfolgt, zugleich aber immer den Patienten im Blick hat, weil er ihn halten will.“

Gebührenordnungen sind Beckmann zufolge dann überflüssig, wenn der Zahnarzt umgekehrt seine Vertragsfreiheit zurück erhält. Beckmann: „Wir brauchen diese Freiheit, um am Markt unsere Stärken auch platzieren zu können.“

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