Säumige Zahler

Die Rechte der Praxis

Jeder Zahnarzt kennt das Problem: Am Ende einer – im Zweifel aufwendigen – Behandlung zahlt der Patient nicht. Wurden auch noch zahntechnische Arbeiten durchgeführt, steht der Zahnarzt darüber hinaus vor dem Problem, dass er nicht nur sein Honorar, sondern auch noch die von ihm vorfinanzierten Laborkosten beitreiben und damit im Ergebnis das Inkasso für ein Fremdlabor durchführen muss.

1. Verzug

Zunächst ist darauf zu achten, dass die Honorarabrechnung eine angemessene Zahlungsfrist – in der Regel zwischen zwei und vier Wochen – enthält. Zahlt der Patient dann innerhalb der gesetzten Zahlungsfrist nicht, kommt er gemäß § 286 Absatz 2 BGB alleine dadurch in Verzug. Dass der Patient in Verzug ist, ist wichtig für den Ersatz der späteren Beitreibungskosten.

Zahlt der Patient nicht, sollte die Praxis ihn schriftlich zur Zahlung auffordern und hierzu erneut eine kurze Zahlungsfrist von ein bis zwei Wochen setzen. Sollte der Patient auf diese Zahlungsaufforderung hin weiter nicht leisten, gibt es zwei Wege: Der Zahnarzt beantragt selbst beim zuständigen Mahngericht einen gerichtlichen Mahnbescheid oder er schaltet einen Anwalt ein, der dann – gegebenenfalls nach Versendung eines anwaltlichen Mahnschreibens – das gerichtliche Mahnverfahren auf den Weg bringt.

Die sogenannten Rechtsverfolgungskosten (dazu gehören auch die Anwaltskosten beim anwaltlichen Mahnschreiben) sind jedoch nur dann vom Patienten zu tragen, wenn dieser zum Zeitpunkt der Abgabe an den Rechtsanwalt respektive des Mahnantrages beim Mahngericht bereits in Verzug gesetzt worden ist.

Die rechtlichen Voraussetzungen des sogenannten Schuldnerverzugs regelt § 286 BGB. Diese sind:

• die Honorarabrechnung muss nach § 10 GOZ fällig sein und• der Patient muss eine Mahnung erhalten haben.

Einer Mahnung bedarf es dann nicht, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist, also eine Zahlungsfrist gesetzt wurde.

Eine Mahnung ist auch dann nicht erforderlich, wenn der Patient innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang der Honorarabrechnung nicht bezahlt hat und der Patient in der Honorarabrechnung des Zahnarztes auf diesen „automatischen Verzug“ ausdrücklich hingewiesen worden ist. Gesetzliche Folge des Verzugs ist, dass dann – vorausgesetzt die Abrechnung ist nicht aus anderen Gründen rechtlich nicht durchsetzbar – die Rechtsverfolgungskosten (Anwaltskosten, Mahn- und Gerichtskosten) als sogenannter Verzugsschaden vom Patienten zu tragen sind. Außerdem besteht nach § 288 Absatz 1 BGB ein Anspruch auf Zahlung der gesetzlichen Verzugszinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz pro Jahr. Das sind derzeit 5,12 % Zinsen p. a.

2. Gerichtliches Mahnverfahren

Das gerichtliche Mahnverfahren ist ein vereinfachtes Gerichtsverfahren, das zur erleichterten Durchsetzung von Geldforderungen führen kann. Es kann die Vollstreckung einer Geldforderung ohne Klageerhebung, also auch ohne Urteil, ermöglichen und eine schnelle und kostensparende Alternative zum gewöhnlichen Zivilprozess sein, wenn über den Honoraranspruch kein Streit besteht. Am Ende des Mahnverfahrens kann der sogenannte Vollstreckungsbescheid stehen. Das ist ein Vollstreckungstitel, mit dem der Zahnarzt seine Honorarforderung gegen den Patienten vollstrecken kann.

Insbesondere bei geringen Streitwerten bietet es sich an, gerichtliche Auseinandersetzungen um Honorarforderungen mit einem Mahnbescheid zu beginnen. In den meisten Bundesländern ist nämlich bei Streitwerten bis 750 Euro vor Erhebung einer Klage eine obligatorische Streitschlichtung durchzuführen, die durch einen zulässigen Mahnbescheid umgangen werden kann. Im Mahnverfahren erlässt das zuständige Amtsgericht einen Mahnbescheid. Gegen diesen Mahnbescheid kann der Patient innerhalb von 14 Tagen nach der Zustellung des Mahnbescheids an ihn Widerspruch einlegen. Tut er das nicht, kann der Zahnarzt nach Ablauf der Widerspruchsfrist den Erlass eines Vollstreckungsbescheides beantragen. Das Mahngericht informiert den Zahnarzt über die Zustellung des Mahnbescheids beim Patienten, damit er weiß, wann die 14-Tage-Frist für den Widerspruch des Patienten abgelaufen ist. Die Widerspruchsfrist muss der Zahnarzt, wenn er die Beitreibung nicht an einen Anwalt abgegeben hat, selber überwachen.

3. Widerspruch des Patienten

Legt der Patient gegen den Mahnbescheid Widerspruch ein, sollte der Zahnarzt die sogenannte Durchführung des streitigen Verfahrens beantragen, ansonsten läuft das Mahnverfahren aus. Hat der Zahnarzt die „Durchführung des streitigen Verfahrens“ beantragt, kommt es zu einem normalen Klageverfahren. Der Zahnarzt wird in diesem Fall vom Gericht aufgefordert, einen Klageantrag zu stellen und zu begründen.

Hat der Patient gegen den Mahnbescheid keinen Widerspruch eingelegt, wird auf Antrag des Zahnarztes der Vollstreckungsbescheid erlassen. Auch gegen diesen kann der Patient innerhalb von 14 Tagen Einspruch einlegen. Wird vom Patienten innerhalb der Frist Einspruch eingelegt, kommt es auch hier ohne Zutun des Zahnarztes zu einem streitigen Klageverfahren.

Legt der Patient gegen den Vollstreckungsbescheid innerhalb der 14-tägigen Frist keinen Einspruch ein, wird der Vollstreckungsbescheid rechtskräftig. Der Zahnarzt kann seine Honorarforderung dann aus diesem Vollstreckungsbescheid vollstrecken. Die Vollstreckung erfolgt aber nicht von selbst, sondern es muss ein förmliches Zwangsvollstreckungsverfahren eingeleitet werden.

4. Strittige Honorarforderung

Steht fest, dass die Honorarforderung des Zahnarztes strittig ist, sodass von vornherein zu erwarten ist, dass man über das Mahnverfahren nicht zu einem schnellen Vollstreckungstitel kommen kann, empfiehlt es sich, bei Streitwerten über 750 Euro sofort Klage zu erheben.

Vor der Klageerhebung ist zunächst zu prüfen, um welchen Zahlungsbetrag gestritten wird. Der so zu berechnende „Streitwert“ ist entscheidend für die Frage, welches Gericht zuständig ist. Bei einem Streitwert bis zu 5 000 Euro ist die Zuständigkeit der Amtsgerichte gegeben, ab einem Betrag von 5 000 Euro ist die Zuständigkeit der Landgerichte gegeben.

Ist die Klage vor einem Landgericht zu erheben, braucht der Zahnarzt zur Durchsetzung seiner Honorarforderung zwingend einen Rechtsanwalt.

Im Zweifel muss der Zahnarzt beweisen können, dass seine Honorarabrechnung den Vorgaben der GOZ oder GOÄ entspricht und damit inhaltlich korrekt ist. Er muss im Streitfall beweisen können, dass die Behandlung indiziert war, technisch korrekt ausgeführt wurde und dass sich der Patient im Rahmen seiner Entscheidungsfreiheit für diese und gegen andere ihm genannte etwaige Alternativen entschieden hat.

Vor folgender Situation ist dringend zu warnen: Der Patient darf zwar grundsätzlich die Versorgung erhalten, die er wünscht. Aber es ist lange nicht alles, was der Patient wünscht, tatsächlich auch durch seinen Versicherer zu bezahlen.

5. Haftungsfallen beachten

Eine klassische Haftungsfalle für einen Zahnarzt sind daher Äußerungen gegenüber dem Patienten zur Erstattungspflicht der privaten Krankenversicherung oder seiner Beihilfe. Auskünfte des Zahnarztes zur Erstattungspflicht der privaten Krankenversicherung oder sonstiger Kostenträger sollten nach Möglichkeit unterbleiben und der Patient stattdessen darauf verwiesen werden, Einzelheiten der Erstattung im Vorfeld selbst mit seinem Versicherer abzuklären.

Sollten sich Auskünfte des Zahnarztes zur Erstattung der Behandlungskosten im Nachhinein als falsch herausstellen, kann dies nämlich als Verletzung der wirtschaftlichen Aufklärungspflicht des Zahnarztes gewertet werden. Dies kann im Ergebnis dazu führen, dass der Zahnarzt auf seiner Rechnung und den möglicherweise vorgestreckten Laborkosten „sitzen bleibt“.

Nach einer Entscheidung des Oberlandesgerichts Köln vom 23. März 2005 (Az.: 5 U 144/04) gilt folgende Faustformel: Eine Erstattungs-Auskunft des Zahnarztes muss entweder richtig sein oder hat ganz zu unterbleiben.

Dr. Maike ErbsenFachanwältin für MedizinrechtMarienstr. 4170178 Stuttgart

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