Kreditbedingungen

Schwer nachvollziehbar

Einerseits müssen Kreditnehmer nach wie vor mit hohen Zinsen der Banken leben. Andererseits haben die Geldinstitute ihre Refinanzierungskosten erheblich reduzieren können – wie passt das zusammen ?

Praxisinhaber müssen nach wie vor mit Zinssätzen von zehn Prozent und mehr rechnen, wenn sie ihren Überziehungsoder Kontokorrentkredit auf dem Geschäftskonto innerhalb der so genannten „genehmigten Überziehung“ in Anspruch nehmen. Dies wird von vielen Ärzten vor allem deshalb als nicht mehr nachvollziehbar wahrgenommen, weil sich die Refinanzierungskosten der Bankinstitute vor allem durch die Niedrigzinspolitik der Notenbanken während der Wirtschafts- und Finanzkrise erheblich verringert haben. So lag der Basiszinssatz Mitte 2008 bei rund 3,20 Prozent, während am kurzfristigen Geldmarkt Mitte 2010 Durchschnittszinssätze von etwa 0,80 Prozent gezahlt werden mussten. Diese drastischen Zinssenkungen finden sich längst in nahezu allen Anlageprodukten der Bankinstitute wieder. Zinssätze von jährlich mehr als einem oder zwei Prozent bilden derzeit bei den Banken eher die Ausnahme als die Regel.

Bei Krediten zeigt sich dieser Trend dagegen allenfalls bei Darlehen und langfristigen Immobilienkrediten, während beim für Praxisverantwortliche meist sehr wichtigen Kontokorrentkredit die Zinssätze je nach Bankinstitut kaum von den Zinssätzen abweichen, wie sie bereits vor zwei Jahren berechnet wurden. Hier besteht zumindest Erklärungsbedarf, dem sich die Kreditbranche auch stellen sollte. Erfahrungsgemäß ist davon in der betrieblichen Praxis allerdings viel zu selten die Rede. Dabei kann es durchaus Gründe für die jeweilige Zinssatzhöhe des Kontokorrentkredites geben, die vor allem durch die Bonitätsstufe des Kontoinhabers begründet sind. Die bevorstehenden Veränderungen in der Kreditvergabepolitik, die „Basel III“ mit den erhöhten Eigenkapitalanforderungen an Bankinstitute für Kreditnehmer aller Voraussicht nach mitbringen wird, bieten eigentlich eine hervorragende Möglichkeit, bankseitig auf Arztpraxen zuzugehen. Tatsächlich scheint die Finanzbranche davon aber noch ein gutes Stück entfernt zu sein, sodass Ärzte sorgfältig darüber nachdenken sollten, selbst aktiv zu werden und das Thema der Kreditzinsen zu problematisieren.

Entscheidungen des BGH

Dazu gibt es höchstrichterliche Unterstützung, die als Argumentationshilfe dienen kann. So hat der XI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs (BGH), der für das Bankrecht zuständig ist, gegen zwei Sparkassen entschieden (Aktenzeichen: XI ZR 55/ 08 sowie XI ZR 78/ 08). Danach darf die folgende Klausel der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) der Sparkassen im Bankverkehr mit Privatkunden, die auch für Praxisinhaber durchaus von Interesse ist, nicht verwendet werden, da sie diese unangemessen benachteiligt und somit unwirksam ist:

„Festsetzung und Ausweis der Entgelte: Soweit nichts anderes vereinbart ist, werden die Entgelte im Privat- und Geschäftskundenbereich von der Sparkasse unter Berücksichtigung der Marktlage (z.B. Veränderung des allgemeinen Zinsniveaus) und des Aufwandes nach gemäß § 315 des Bürgerlichen Gesetzbuches nachprüfbarem billigen Ermessen festgelegt und geändert.“

Nach Meinung der BGH-Richter sind die Voraussetzungen, die die Sparkassen zu einer Änderung berechtigen, einerseits unklar und sehen andererseits keine eindeutige Pflicht der Sparkassen zur Herabsetzung der Entgelte bei sinkenden Kosten vor. Noch konkreter: Die Klausel enthält bei einer Preiserhöhung keine Bindung an den Umfang der Kostensteigerung und bei einer Preisreduzierung keine Verpflichtung der Sparkassen zur Senkung der jeweiligen Entgelte.

Durch die seitens der Sparkassen damit verbundene Möglichkeit, Preisänderungen nicht nur zur Abwälzung eigener Kosten, sondern zur Steigerung ihres Gewinns vorzunehmen, wird das ursprünglich vereinbarte vertragliche „Äquivalenzverhältnis“ zu Gunsten der Kreditinstitute verändert. Das gilt übrigens ebenfalls bezüglich des in der Klausel enthaltenen einseitigen Zinsanpassungsrechtes der Sparkassen. Demnach sind auch für Zinsanpassungsklauseln die allgemeinen Grundsätze für Preisanpassungsklauseln zu beachten. Die Bank darf nicht einseitig begünstigt werden.

Zinsanpassungsklausel

Auch eine weitgehend in Vergessenheit geratene BGH-Entscheidung aus 1986 verdeutlicht die diesbezüglichen Anforderungen an Banken: Danach dürfen Zinsanpassungsklauseln in Kreditverträgen bei variabel verzinsten Krediten von Bankinstituten nicht nur zu Zinserhöhungen genutzt werden. So kann auch eine Zinssenkungsverpflichtung entstehen, wenn sich die Refinanzierungskosten der jeweiligen Bank beispielsweise durch eine Zentralbankzinssenkung verbessern (AZ: III ZR 195/ 84).

Hohe Kreditzinsen können darüber hinaus durch folgende zu ergreifende Maßnahmen vermieden werden:

• Es sollte konsequent geprüft werden, ob der Kontokorrentkredit ausschließlich für kurzfristige Zahlungszwecke genutzt wird. Sämtliche längerfristigen Kosten wie vor allem der finanzielle Aufwand für Investitionen sollten grundsätzlich nicht über den kurzfristigen Geschäftskredit, sondern über Darlehen oder Betriebsmittelkredite finanziert werden.

• Banken bieten je nach Geschäftspolitik zinsgünstige Alternativen zum Kontokorrentkredit wie beispielsweise Geldmarktkredite an. Die Bedingungen sollten vom Arzt erfragt werden. Möglicherweise ist eine Aufteilung zwischen beiden Kreditarten möglich.

• Durch eine Optimierung des eigenen Finanzmanagements können Ärzte, zum Beispiel mit Hilfe von Factoring, also der Finanzierung des Kredits durch eine Dritten, ihre Liquiditätslage unmittelbar verbessern.

Michael VetterWirtschaftsjournalistvetter-finanz@t-online.de

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