Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

während es in manchen Bereichen gesellschaftlichen Managements durchaus noch Lippenbekenntnisse gibt, dass investiert werden muss (Bildung), herrscht im Gesundheitswesen das Gebot des Sparens. Hier steuert die Ökonomie nahezu alles, was der Staat anfasst. Das haben auch die gesetzlichen Krankenversicherer gerade in den letzten Jahren spüren müssen. Ergebnis ist ein Konzentrationsprozess, der die Zahl der GKVen in den letzten Jahren deutlich reduziert, sein Ende längst noch nicht gefunden hat. Initiiert wurde das nicht von angestammten Kritikern des Bismarckschen Solidarsystems, sondern von einem SPD-geführten Bundesgesundheitsministerium.

Mit dem Wechsel zu Schwarz-Gelb ging der Staffelstab an einen Liberalen. Auch Philipp Rösler unterliegt dem Spardiktat. Wer meinte, dass der Wechsel des Ministers auch einen schnellen Kurswechsel nach sich ziehen würde, hat Parteiprogrammen eine vielleicht zu große Schlagkraft beigemessen. Philipp Rösler hat mehr als einmal öffentlich erklärt, wo die primären Pflichten eines Ministers liegen.Diese Offenheit lässt vermuten, dass der Liberale sich noch einen Korridor schaffen will, der mehr Bewegungsfreiheit ermöglicht. Vielleicht erinnert sich das Ministerium dann an die substanzielle Kritik, die Experten unterschiedlichen Fachs am komplexen, in seinen Querbezügen und Sachzwängen inzwischen undurchschaubaren Solidarsystem der gesetzlichen Krankenversicherung üben.

Unbestreitbar ist: Das System der gesetzlichen Krankenversicherung braucht Geld – angesichts soziodemografischer Entwicklung und medizinischen Fortschritts mehr denn je. Aber es gibt in diesem milliardenschweren Investitionsfeld auch teure Strukturen, deren Sinn sich kaum erschließt.Rigorose Kritiker sprechen in solchen Zusammenhängen gern vom "Milliardengrab" GKV. Das komplexe System tausender Verordnungen und Paragraphen verschluckt zum Teil irrsinnige Geldbeträge, die an anderen Ecken fehlen. Das schreit nach sachlicher, vorbehaltlos betriebener Analyse und Korrektur.

Aber nicht nur der in vielen Ecken des Systems entdeckte Wildwuchs gehört in die Revision. Auch mancher, den gesetzlichen Krankenversicherern liebgewordener Grundgedanke, der sich angesichts des gesellschaftlichen Wandels nahezu aufdrängt, gehört überprüft. Hier gehören auch grundsätzliche Fragen nach Sinn, Zweck und Möglichkeiten eines Systems, das am Ende seiner Leistungskraft steht, in die öffentliche Debatte. Wer das "Alles für alle" nicht leisten kann, muss sachlich prüfen, was möglich bleibt. Ein Ministerium, das hier ansetzt und sachkundig und begründet falsche Wege begradigt, dürfte in der Bevölkerung durchaus Rückendeckung finden.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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