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Rosazea – die Gesichtsrose

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Christine Vetter
Den Ursachen der Rosazea – im Volksmund auch Gesichtsrose genannt – sind die Wissenschaftler in jüngster Zeit ein kleines Stück näher gekommen. Angeborene Immunstörungen scheinen maßgeblich die entzündlichen Veränderungen der Haut zu triggern, wobei fast ausschließlich das Gesicht betroffen ist. Trotzdem bleibt die Rosazea nach wie vor ein Krankheitsbild mit vielen Fragezeichen.

Rund fünf bis zehn Prozent der Menschen in Europa weisen eine Rosazea auf, eine chronisch entzündliche Hauterkrankung, die hauptsächlich das Gesicht betrifft. In Deutschland wird die Zahl der Menschen mit Rosazea auf etwa vier Millionen geschätzt. Die Dermatose tritt meist erst zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr auf, sie manifestiert sich nur selten schon im Kindesalter. Frauen erkranken generell häufiger als Männer, allerdings zeigen Männer im Erkrankungsfall oft schwerere Verlaufsformen.

Überproportional häufig entwickelt sich die Rosazea zudem bei hellhäutigen Menschen, während eher südländische, dunkelhäutigere Personen seltener erkranken. Das erklärt das Nord-Süd-Gefälle der Prävalenz in Europa, wobei die Erkrankungsrate in Südeuropa etwa fünf Prozent beträgt und in Nordeuropa auf bis zu zehn Prozent der Bevölkerung ansteigt.

Krankheitsbild mit vielen Namen

Verschiedene Bezeichnungen sind für das Krankheitsbild gebräuchlich. So wird die Rosazea auch als Gesichtsrose, als Kupferrose und als Kupferfinne bezeichnet. Ferner wird von der Couperose und von der Erythrosis facialis gesprochen und gelegentlich auch von der Acne rosacea oder der Acne erythematosa, zwei irreführende Begriffe, da es sich keineswegs um eine Akne handelt. Das klinische Erscheinungsbild ähnelt zwar der Akne, doch handelt es sich nicht um eine primär follikuläre Erkrankung. Auch fehlen Komedonen, wie in den Leitlinien der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft (DDG) betont wird.

Die Veränderungen betreffen vielmehr die Gefäße und Talgdrüsen des Gesichts sowie der angrenzenden Hautpartien, so dass auch die Haut der Hals-, der Brust- und der Rückenregion sowie die Kopfhaut in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Bei jedem zweiten Patienten sind außerdem die Augen von den Hautveränderungen betroffen. Auch gibt es Sonderformen der Rosazea.

Stark belastend

Die Hauterkrankung nimmt üblicherweise einen schubförmigen, chronischen Verlauf. Anfangs treten Flushsymptome sowie Erytheme auf, die zunächst flüchtig sind, später jedoch persistieren. Die Veränderungen bilden sich initial meist zentrofazial, also im Bereich von Stirn, Nase, Kinn und Wangen. Oft entwickeln sich im weiteren Verlauf Teleangiektasien, und es können Papeln und Papulopusteln entstehen. Möglich ist ferner die Ausbildung einer diffusen Hyperplasie des Bindegewebes und der Talgdrüsen. Die charakteristischen Hautveränderungen der Rosazea sind in aller Regel nicht schmerzhaft und auch nicht ansteckend. Sie werden oftmals aber als kosmetisch gesehen beeinträchtigend erlebt und bedeuten zum Teil für die Betroffenen eine nicht unerhebliche psychische Belastung. Besonders dann, wenn sich im Spätstadium der Rosazea ein Rhinophym, also eine Knollennase bildet.

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Pathogenese noch weitgehend unklar

Viele Fragen gibt es noch hinsichtlich der Pathogenese der Dermatose, die genaue Krankheitsursache gilt bislang, wie die Leitlinien beschreiben, als ungelöst. Doch man kennt verschiedene Faktoren, die offenbar im individuellen Fall Exazerbationen auslösen können. Dazu gehören Kosmetika, Bluthochdruck sowie Stresssituationen, aber auch der Konsum von Alkohol oder von Gewürzen sowie sportliche Aktivitäten.

Auch Temperaturwechsel – dazu reichen heiße Getränke, ein warmes Bad, kaltes Wetter sowie Sonnenbestrahlung – können die Hautveränderungen zum „Aufblühen“ bringen. Eine erhöhte Lichtempfindlichkeit besteht aber nicht. Es wird daher von einer Dysregulation thermoaktiver Mechanismen ausgegangen und speziell davon, dass der „Mechanismus der intrakraniellen Kühlung durch vermehrte Blutströmung vom Gesicht zum Gehirn gestört ist“, so heißt es in den Leitlinien. Allerdings wird dort auch eingeräumt, dass der dieser Störung zugrunde liegende, fehlregulierte Faktor bislang nicht identifiziert werden konnte.

Aktuelle Studien weisen nun darauf hin, dass die Erkrankung möglicherweise auf einer angeborenen Störung des Immunsystems basiert. So wurde bei Patienten mit Rosazea eine vermehrte Expression von Cathelicidin und verschiedenen Isoformen in der Haut gefunden. Es handelt sich dabei um ein antimikrobielles Peptid, das quasi als Effektormolekül des angeborenen Immunsystems fungiert und eine Rolle bei der Immunantwort auf bakterielle Infektionen spielt. Cathelicidin kann die vermehrte Freisetzung proinflammatorischer Zytokine stimulieren, was die forcierten Entzündungsreaktionen bei der Rosazea erklären könnte. Für einen Zusammenhang sprechen auch Befunde, wonach die Cathelicidin-Peptide ebenfalls Einfluss auf die Angiogenese haben.

Milben auf der Spur

Auch wurde für die Rosazea eine Assoziation mit Milben beschrieben, denn es gibt Untersuchungen, die eine signifikant höhere Zahl an Milben auf der Haut von Patienten mit Rosazea im Vergleich zu gesunden Vergleichspersonen nachgewiesen haben. Diskutiert wird daher unter anderem, ob Milben möglicherweise die Bildung von Cathelicidin stimulieren, das dann seine proinflammatorischen und gefäßbildenden Effekte entfaltet.

Die Ursache der Dermatose bleibt jedoch weiterhin spekulativ, zumal es weitere Befunde gibt, die einen Zusammenhang mit dem Magenkeim Helicobacter pylori nahelegen. In den aktuellen Leitlinien heißt es entsprechend abschließend zur Pathogenese: „Nach wie vor existiert kein schlüssiges experimentell validiertes und allgemein anerkanntes pathogenetisches Gesamtkonzept für die Erkrankung Rosazea.“

Für eine genetische Prädisposition bei der Rosazea spricht auch die Tatsache, dass bei rund 30 bis 40 Prozent der Patienten weitere Familienmitglieder betroffen sind. In genetischen Studien wurde zusätzlich eine Assoziation zu einer Veränderung der Glutathion-S-Transferase festgestellt. Das Enzym schützt Endothelzellen vor oxidativem Stress, was Hypothesen stärkt, dass auch Sauerstoffradikale an der Pathogenese der Dermatose beteiligt sein könnten.

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Die Vier Krankheitsstadien

Bei der Rosazea unterscheidet man vier Krankheitsstadien: So gibt es zunächst eine Art Vorstadium, bei dem flüchtige, anfallsartig auftretende Erytheme, die sogenannten Flushs, auffallen, die durch verschiedene endogene wie auch exogene Reize ausgelöst werden können. Aus dieser Vorstufe kann die Störung in das Stadium 1, die Rosacea erythematosa-teleangiectatica, übergehen, die durch ein persistierendes Erythem sowie durch die Bildung mehr oder minder stark ausgeprägter Teleangiektasien gekennzeichnet ist.

Daraufhin kann sich die Dermatose zum Stadium 2, der Rosacea papulopustulosa mit geröteten Pusteln und Papeln, weiter entwickeln sowie zum Stadium 3, der glandulär-hyperplastischen Rosazea, bei der es zu einer Bindegewebs- und Talgdrüsenhyperplasie kommt. Diese sind dann als knotige Veränderungen, die sogenannten „Knollen“ (Phymata), im Gesicht lokalisiert. Betroffen sind in aller Regel Männer, wobei sich diese Phyme vorzugsweise an der Nase (Rhinophym) bilden. Etwas seltener treten sie als Gnathophym im Kinn- und Kieferbereich oder als Metophym an der Stirn, als Otophym am Ohr und als Blepharophym am Augenlid auf.

Sonderformen

Unabhängig von den verschiedenen Krankheitsstadien sind auch Sonderformen der Rosazea bekannt.

Ophthalmo-Rosazea:

Hierzu gehört insbesondere die innerhalb der Rosazea-Patienten relativ weit verbreitete Ophthalmo-Rosazea, also die direkte Beteiligung der Augen. Typische Symptome sind ein Fremdkörpergefühl am Auge sowie trockene, brennende, gerötete oder tränende Augen. Es kann zu Störungen des Sehvermögens kommen, zu einer erhöhten Lichtempfindlichkeit und zur Bildung von Teleangiektasien der Konjunktiven oder des Lidrandes sowie zur periorbitalen Ödembildung. Blepharitis und Konjunktivitis sind laut Leitlinien die häufigsten Manifestationen der okulären Rosazea. Haut- und Augensymptome müssen dabei nicht gemeinsam auftreten, was die richtige Diagnose oftmals erschwert.

Rosacea conglobata:

Eine weitere Sonderformen ist die Rosacea conglobata, bei der es zur Bildung großer Knoten sowie Plaques mit Infiltration und Induration kommt.

Granulomatöse Rosazea:

Die granulomatöse Rosazea präsentiert sich mit disseminiert auftretenden bräunlich-roten Papeln und Knötchen vor allem an den Augenlidern, am Jochbein und perioral.

Morbus Morbihan:

Der Morbus Morbihan zeigt sich sogar mit verstärkter Beteiligung der Lymphgefäße und entsprechender Ödembildung im Gesicht. Diese Erkrankung trägt ihren Namen nach der Region Morbihan in der Bretagne, in der diese Krankheitsform gehäuft vorkommen soll.

Rosacea fulminans:

Man kennt ferner die Rosacea fulminans, die sich akut oder perakut innerhalb weniger Tage oder Wochen mit großen, teilweise konfluierenden Knoten und zahlreichen Pusteln entwickelt. Betroffen von dieser Sonderform sind vor allem Frauen, die Störung tritt überproportional häufig in der Schwangerschaft auf.

Steroid-Rosazea:

Bekannt ist außerdem die sogenannte Steroid-Rosazea, die sich nach einer längerfristigen topischen oder systemischen Behandlung mit Kortikosteroiden entwickeln kann.

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Die Therapie

Da eine kausale Therapie der Rosazea nicht möglich ist, konzentriert sich die Behandlung auf das Zurückdrängen der Symptome. Wichtig ist primär eine gute Hautpflege, wobei nur milde Hautreinigungs- und Pflegeprodukte zur Anwendung kommen sollten, da die Haut der Patienten fast immer per se empfindlich und reizbar ist. Bei Sonnenexposition ist auf einen ausreichenden Lichtschutz zu achten. Ebenso empfehlen Ärzte, die auslösenden Faktoren wie heiße Bäder, Alkoholkonsum – diese können im Einzelfall sehr unterschiedlich sein – zu meiden.

Die Behandlung sollte stadiengerecht erfolgen, wobei in der Mehrzahl der Fälle laut Leitlinien eine topische Therapie ausreichend ist. Eingesetzt wird meist initial der Wirkstoff Metronidazol, der antiinflammatorische sowie immunsupprimierende Effekte vermittelt und bei vielen Patienten die Hauterscheinungen abmildert. Alternativ kommt der Wirkstoff Azelainsäure zum Einsatz, der ebenfalls antientzündlich wirksam ist. Entsprechend der Leitlinien-Angaben wirkt Azelainsäure besonders gut bei Vorliegen einer Rosazea mit Papeln und Pusteln. Als Therapiealternativen werden außerdem die Wirkstoffe Permethrin, Clindamycin sowie topische Erythromycin- und Tetrazyklin-Präparate aufgeführt. Auch Benzoylperoxid kann den Hautbefund bessern, sollte aber nur bei Patienten mit eher unempfindlicher Haut zur Anwendung kommen. Bei der Steroid-Rosazea sind gute Therapieerfolge – so die Leitlinie – auch durch Tacrolimus sowie Pimecrolimus zu erzielen.

Die systemische Therapie ist den stark entzündlichen Formen vorbehalten wie etwa der Rosacea papulopustulosa, granulomatosa und fulminans. Zugelassen zur Behandlung dieser Dermatosen sind die Tetrazykline und speziell die Wirkstoffe Doxycyclin und Minozyklin.

Bei Vorliegen einer Intoleranz gegenüber diesen Antibiotika oder bei eventuellen Kontraindikationen bieten sich als Alternative Makrolidantibiotika an wie zum Beispiel Erythromycin, Clarithromycin oder Azithromycin. Behandelt wird außerdem auch systemisch mit Metronidazol. Das dann üblicherweise kombiniert mit einer topischen Anwendung von Hydrokortison.

Therapieeffekte sind auch für andere Antibiotika beschrieben, beispielsweise für Cotrimoxazol, Clindamycin, Chloramphenicol und Ampicillin, die Therapieerfahrungen sind allerdings noch limitiert. Auch zeigten Studien mit dem Vitamin-A-Säure-Derivat Isotretionin eine Verbesserung des Hautbildes, indem eine deutliche Reduktion von Papeln, Pusteln, Erythemen und Teleangiektasien beobachtet werden konnten. Allerdings ist, so die Angaben in den Leitlinien, gegenüber den Antibiotika mit einem verzögerten Wirkungseintritt zu rechnen. Der Wirkstoff ist allerdings für die Therapie der Rosazea auch nicht zugelassen, darf keinesfalls in Kombination mit Tetrazyklin eingesetzt werden und erfordert zwingend eine sichere Kontrazeption.

Behandlung per Lasertherapie

Als Alternative zu der medikamentösen Behandlung ist eine photodynamische Therapie zu erwägen. In Einzelfällen wurden bei diesem Verfahren gute Effekte erzielt, wobei vermutet wird, dass diese durch eine Stimulation des Immunsystems und einen möglicherweise auch antimikrobiellen Effekt der Lichttherapie hervorgerufen werden.

Lässt sich die Symptomatik mit den geschilderten Verfahren nicht in den Griff bekommen und besteht ein entsprechender Leidensdruck, so kann auch eine Lasertherapie hilfreich sein – speziell wenn es um die Behandlung von Teleangiektasien und Phymen geht. Teleangiektasien und Erytheme können, so erläutern es die Leitlinien der DDG sowohl mit dem gepulsten Farbstofflaser wie auch mit dem Kupferdampflaser, mit dem Kryptonlaser, mit dem gepulsten Neodym-YAG-Laser sowie mit dem Argon-Laser behandelt werden. Das Nebenwirkungsrisiko sei im Allgemeinen gering, heißt es. Dennoch können Hypopigmentierungen, Narbenbildungen, Blasenbildung und Schmerzen nicht ausgeschlossen werden. Geht es um die Behandlung von Phymen, so raten die Dermatologen zum CO

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- oder zum Erbium-YAG-Laser entweder alleine oder in Kombination. Zu erwägen sind in solchen Fällen auch operative Verfahren wie eine Dermabrasion.

Die Autorin der Rubrik "Repetitorium" beantwortet Fragen zu ihren Beiträgen.

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