Editorial

Editorial

Liebe Leserinnen und Leser,

nach wie vor reklamiert „Vater Staat“ für sich die Rolle des Garanten medizinischer „Versorgung“ – mal mit klaren, mal mit weniger deutlichen Hinweisen auf die Ausgrenzungsproblematik. Immer wieder wird die unangefochtene Existenz der „Voll“-Versorgung für GKV-Versicherte betont.

Das irritiert – vor allem in Verbindung mit einem pseudo- oder halbmarktwirtschaftlich orientierten Wettbewerb innerhalb der gesetzlichen Krankenversicherungen, der nicht nur über Preis-, sondern auch über Leistungsmechanismen läuft. Man kennt sie ja, die flammenden Diskussionen um das „Für und Wider“ spezifischer Leistungen.

Ganz egal, ob „geIGeLt“ oder von einem Krankenversicherer als kassenspezifisches Sonderangebot jenseits des gesetzlichen Leistungskatalogs gepriesen, ob privaten oder gesetzlichen Kassen als Zusatzversicherung aufgeflanscht: „Voll“ versorgt ist der GKV-Patient auch heute nur noch dann, wenn er bereit ist, zuzuzahlen.

Für fast alles, was der Wachstumsmarkt Gesundheitswirtschaft zu bieten hat, gibt es findige Geschäftsleute aus Industrie, Versicherungswesen, aber auch aus dem weiten Feld des Heilberufs und Heilberufshilfswesens, die Wege finden, wie sie das Zusätzliche erfolgreich an den Patienten bringen. Und es ist keine Errungenschaft jüngerer Zeit, dass versucht wird, aus schwarzen, grauen oder sogar roten Zonen Nischen in einem Markt zu etablieren, der eigentlich keiner ist.

Aber warum der Streit, wenn das Thema uralt ist? Sicherlich auch, weil dieser suggerierten Sachleistungsvollversorgung mehr und mehr die Luft ausgeht.

Das beschränkt nicht zwangsläufig die Palette des medizinisch Leistbaren, aber die Zahlungsbereitschaft im Rahmen gesellschaftlicher Totalsubvention, die noch dazu mit hoher Nachfrage bei gleichzeitig aggressiver Werbung einhergeht.

Das kann Ärzte und Zahnärzte im Praxisalltag durch Nachfrage seitens der Patienten unter Druck setzen. Aber ob Patientenwunsch und medizinischer Ethos zusammenpassen, wo da die Grenzen liegen und was nicht ins Leistungsspektrum eines Arztes oder Zahnarztes gehören sollte, all das erfordert komplexe Denkarbeit und eine im Einzelfall erforderliche Standortbestimmung. Oberstes Gebot dabei bleibt: Primum nihil nocere.

Was im „Gesundheitsmarkt“ bereitwillig genutzt wird – das Spektrum reicht von der Ernährung über Sport oder Wellness bis zur Esoterik – vermittelt den Eindruck, dass vor allem Exotik verkaufsfördernd wirkt: Nichts ist so abstrus, als dass es keinen Markt fände.

So locker das Geld an dieser Ecke von einer bestimmten Klientel auf den Tisch kommt, so restriktiv und kritisch wird reagiert, sobald man ins Umfeld der medizinischen Vollversorgung gerät. Hier gilt es, klare Grenzen zu ziehen.

Mit freundlichem Gruß und – im Namen des zm-Teams – besten Wünschen für das neue Jahr

Ihr

Egbert Maibach-Nagel

zm-Chefredakteur

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.