Leitartikel

Patienten-Wahlkampf

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

der Termin ist erst in knapp einem Jahr, doch man merkt es: Bundestagswahl ante portas. Der erste Fall von Wahlfieber kam mit der Kanzlerkandidatenkür der SPD. Es geschah – entgegen den Absprachen – plötzlich und unerwartet. Ab jetzt rechnet die Bevölkerung bis zum Herbst 2013 mit weiteren Schüben erhöhter Polit- Temperatur.

Bis zur Wahl gibt es für unbequeme Wahrheiten keine Sprechstunde mehr. Die Legislative kommt zum Stillstand, unangenehme Realität in die Schublade. Die Symptome kennt jeder Bürger aus dem Effeff: Die Politik entdeckt den Wähler und rückt ihn, ob er will oder nicht, in den Mittelpunkt.

Jetzt kennt die Politikfantasie kaum noch Grenzen. Leistungsversprechen bekommen Glanz und Gloria, mancher Politiker vor lauter Aktivität Hitzepickel. Der Volksmund nennt diese Objekte der Polit-Begierde Wahlgeschenke.

Dass diesmal alles – zumindest im Gesundheitswesen – viel zu früh begann, gibt der kommenden Bundestagswahl eine besondere Note: Schon 2011 machte die Opposition die Patientenrechte über eine Anhörung im zuständigen Bundestags- ausschuss zum Thema. Der Patienten- beauftragte der Bundesregierung legt nun einen Gesetzentwurf dazu vor. Dieses Jahr, 2012, braucht man offensichtlich zum Warmlaufen. So langsam wird es wieder stimmig: 2013 wird das Jahr für den Patienten. Im Wahljahr hat der Patient gar keine Wahl – ab in den Mittelpunkt.

Ganz egal ob Patientenrechte oder auch Prävention, die Wahlkämpfer werden das Gesundheitswesen durchforsten, immer auf der Suche nach netten Gaben. Unter Politikern gelten dabei gerade die Geschenke als ideal, die den eigenen Etat nicht belasten.

So wir nicht aufpassen, spielen wir Leistungsträger des Gesundheitssystems in diesem Spiel eine nachteilige Paraderolle. Denn Vorsicht: Auch wir Zahnärzte kommen bei der Verteilung der Wahlgeschenke als un-freiwillige Spender infrage. Deshalb werden wir jetzt noch zur detaillierten Klärung und Verabschiedung anstehende Gesetzesvorhaben wie das Patientenrechtegesetz mit sehr viel Aufmerksamkeit verfolgen.

Dass etwaige Pflichten – dem Patienten gibt man die Rechte – von uns getragen werden müssen, wäre angesichts der bekannten Kräfteverhältnisse auch bezüglich des an-stehenden Patientenrechtegesetzes nicht überraschend. In dieser Laune verschenkt die Politik schnell mal etwas, was ihr gar nicht gehört. Wir werden also darauf achten, nicht dafür zahlen zu müssen, dass die Politik erst mit dem Bürger feiert, anschließend aber die Zeche prellt.

Lachende, weil unbeteiligt auf den Geldern der Versicherten sitzende Dritte sind in diesem Vorwahlkampf-Spektakel wieder ein-mal die, die gerade erst erfolgreich von sich selbst abgelenkt haben. Der Clou einzelner Versicherer, gegen Präventions-beweis die Praxisgebühr im Rahmen von Bonusprogrammen zu erlassen, kam rechtzeitig, bevor die Koalition sich auf die Abschaffung einigen konnte. Dass aber diese Form des Beitragsnachlasses – ohne das Wort Praxisgebühr – bereits in den Jahren zuvor möglich war, spielt jetzt erst recht keine Rolle mehr. Jeder der „edlen Spender“ steht – ohne dafür auch nur einen Cent latzen zu müssen – neben der Politik ganz selbstverständlich im Rampenlicht.

Aber keine Angst, liebe Politiker! So, wie wir als Zahnärzte die Praxisgebühr noch nie als sinnvoll erachtet haben, werden wir uns auch nicht gegen den Trend stemmen, 2013 zum „Jahr des Patienten“ zu machen. Denn so banal es klingen mag: Für uns Zahnärzte ist immer „Jahr des Patienten“. Wir machen nichts anderes. Aus unserer Sicht gehört der Patient immer – ob vor oder nach einer Wahl – in den Mittelpunkt.

Wir Zahnärzte werden, wenn die Politik nach den Wahlen wieder mit unbequemen Wahrheiten kommt, an unseren Zielen festhalten. Für uns ist das nicht Wahlkampf- Manöver, sondern Grundsatzprogramm.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Jürgen FedderwitzVorsitzender der KZBV

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