Qualifizierte elektronische Signatur

Mehrwert für Mediziner

Wichtiger Etappensieg beim Online-Rollout der elektronischen Gesundheitskarte: Die sogenannte Alternative 2012 der Krankenkassen, also der vorgezogene und bloße Abgleich der Versichertenstammdaten, ist vom Tisch! Stattdessen wird in einem ersten Schritt auch die qualifizierte elektronische Signatur, kurz QES, eingeführt – sie gilt als Basis für Arztbriefe, Notfalldaten und eine sichere Kommunikation zwischen Medizinern. Anwendungen, die Praxen und Patienten gleichermaßen zugute kommen.

Über Monate hinweg hatte der GKV-Spitzenverband versucht, hinter dem Rücken der gematik seine „Alternative 2012“ durchzuboxen. Der Alleingang scheiterte – zum Glück. Verbirgt sich hinter der plakativen Bezeichnung doch nichts anderes als der vorgezogene Versichertenstammdatenabgleich in den Praxen flächendeckend für 2012. Eine rein administrative Funktion, mit der lediglich geprüft wird, ob die jeweilige eGK überhaupt gültig ist und die auf ihr liegenden Patientendaten aktuell sind. Das heißt, hat sich die Anschrift geändert, wird die neue Adresse in den Kartenspeicher geschrieben. Neue eGKs müssen folglich nur dann produziert werden, wenn der Versicherte seinen Namen ändert oder in eine andere Krankenkasse wechselt. Die Kassen verkauften diese schnelle Nummer mit dem Argument, nicht immer auf den Langsamsten warten zu wollen. Doch ihre Strategie ging nicht auf. Denn keine Frage: Profitiert hätten von dieser Gangart allein sie.

Bei den Leistungserbringern bissen sie deshalb auf Granit. „Die Online-Anbindung muss auch einen erkennbaren Mehrwert für Ärzte und ihre Patienten bringen“, stellte der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Dr. Günther E. Buchholz klar. „Arzt- und Zahnarztpraxen sind schließlich keine Außenstellen der Kassen!“

Verhandlungen verschleppt

KBV-Vize Dr. Carl-Heinz Müller ging sogar noch weiter: Der GKV-Spitzenverband habe neun Monate lang die Verhandlungen verschleppt, um im Geheimen seine „Alternative 2012“ zu entwerfen, die einzig auf die Online-Abgleichung der Versichertendaten abziele. Das sei zwar vom Tisch – das Vertrauensverhältnis zum Kassenverband jedoch nachhaltig gestört. „Diese unnötigen Sitzungen waren ein Klauen von Lebenszeit“, sagte Müller, der im Dezember seinen Rücktritt ankündigte und unter anderem auch die zermürbenden Meetings mit dem GKV-Spitzenverband als Begründung angab.

Vor dem Hintergrund überraschte es wohl alle Eingeweihten, dass sich die Gesellschafterversammlung der Gesellschaft für Telematikanwendungen der Gesundheitskarte (gematik) am 5. Dezember 2011 doch noch auf ein gemeinsames schrittweises Vorgehen beim Online-Rollout einigen konnte.

Das sieht vor, in der ersten Stufe nicht allein das Versichertenstammdatenmanagement, sondern darüber hinaus auch die qualifizierte elektronische Signatur des Arztes einzuführen. Die übrigen Anwendungen, wie etwa die Speicherung von Notfalldaten auf der Karte oder der Versand elektronischer Arztbriefe, sollen später folgen. Zwischen dem Testbeginn für das Versichertenstammdatenmanagement und dem für die Signatur dürfen nur zehn Monate maximal liegen – dieses schrittweise Vorgehen schafft Buchholz zufolge Planungssicherheit. Die gematik soll „mit der Umsetzung der vorgezogenen Lösung umgehend beginnen“, so der Auftrag der Gesellschafterversammlung.

Forderungen voll erfüllt

Buchholz: „Damit ist die Forderung der Leistungserbringer, die qualifizierte elektronische Signatur als Versichertenstammdatenmanagement zeitgleich oder höchstens minimal zeitlich versetzt zum Start des Versichertenstammdatenmanagements einzuführen, zu 100 Prozent erfüllt. Gleichzeitig wurde mit dem Beschluss besiegelt, dass die medizinischen im Vergleich zu den von den Kassen gepuschten Anwendungen nicht vernachlässigt werden.“

Im Hinblick darauf, dass die Verpflichtung zur Online-Anbindung der Praxen gesetzlich festgeschrieben und damit unabwendbar ist, konnten die Leistungserbringer das Maximum erreichen: „Mit dem Rollout wird keine reine Verwaltungstelematikinfrastruktur aufgebaut, sondern damit geht auch ein messbarer Nutzen für die Praxen einher“, betont auch Jürgen Herbert, Präsident der Landeszahnärztekammer Brandenburg und Referent im Vorstand der BZÄK.

Eine spezifische medizinische Anwendung umzusetzen, lehnten die Mediziner bewusst ab. Stattdessen setzen sie auf die qualifizierte elektronische Signatur, weil sie die Daten- und Patientensicherheit generell garantiert und somit die Grundlage für die Datensicherheit bei telemedizinischen Anwendungen auf der eGK darstellt. Buchholz bekräftigt: „Ohne die elektronische Signatur kann es weder einen Arztbrief, noch Notfalldaten oder eine sichere elektronische Kommunikation unter Medizinern geben.“

Die Ärzteschaft hatte die QES zuvor in die Diskussion um die ersten Funktionen auf der eGK als zwingend notwendig eingebracht. Buchholz hatte in dem Zusammenhang deutlich gemacht, dass sie für die Zahnärzte schon jetzt unverzichtbar ist: Schließlich müssen sie seit Beginn des Jahres papierlos abrechnen und diese Dokumente sicher auf elektronischem Wege an die KZVen schicken. Dadurch dass die Signaturkarten zusätzlich zur qualifizierten Signatur eine Ver- und Entschlüsselung und eine sichere Authentisierung bieten, ist die QES für die Zahnärzte in diesem Procedere ein wichtiges Tool:

• Sie schützt die übertragenen Daten gegen den Zugriff Unbefugter,

• bietet eine sichere Authentisierung an den Portalen der KZVen

• und schafft Rechtssicherheit bei der Abrechnung.

Im Unterschied zum Basis-Rollout geht der Online-Rollout der eGK allerdings mit spürbaren Veränderungen in den Praxen einher: Um online gehen zu können, benötigen sie einen DSL-Anschluss und einen sogenannten Konnektor – eine Art Router mit zusätzlichen Sicherheitsfunktionalitäten, wie eben beispielsweise der QES. Das neue Kartenlesegerät, dass die Praxen im Basis-Rollout erhalten haben, muss dafür upgedatet werden. Achtung: Dafür ist die Administrator-PIN notwendig, die bei der Installation eingegeben wurde. Also nicht wegwerfen, sonst muss das Kartenlesegerät im Regelfall für ein Reset eingeschickt werden. Zwecks Konfiguration ist der PVS-Hersteller gefragt: Er baut die technische Architektur vor Ort auf. Weil diese technischen Notwendigkeiten nicht von heute auf morgen zu leisten sind, werden in Fachkreisen für den Rollout zwei Jahre angesetzt.

Times they are a-changing

Zwar liegt der Projektplan der gematik noch nicht vor, aber sollte sie für die Erstellung der Unterlagen und Durchführung des Ausschreibungsverfahrens etwa ein Jahr benötigen, gehen Experten davon aus, dass die Testverfahren zur Online-Prüfung der eGK etwa Mitte 2013 beginnen. Diese Timeline hängt natürlich davon ab, inwieweit alles reibungslos funktioniert oder nachgebessert werden muss. Läuft alles einwandfrei, startet der Rollout dann vielleicht 2014. Ob regionsweise oder bundesweit, steht noch nicht fest.

Mit der voll funktionsfähigen Online-Anbindung aller Arzt- und Zahnarztpraxen und Krankenhäuser in Deutschland rechnen die Fachleute allerdings erst gegen Ende 2015. Die ersten Anwendungen, die nach der Online-Prüfung der eGK mit der dann aufgebauten Infrastruktur umgesetzt werden sollen, sind die in der gematik bereits beschlossene Speicherung von Notfalldaten auf der eGK und der sichere Versand elektronischer Arztbriefe. ck

INFOGarantiert sicher

Schon heute können Daten mithilfe qualifizierter Signaturkarten sicher elektronisch übermittelt werden. Vorreiter ist die Zahnärzteschaft mit ihrem Projekt Zahnärzte Online Deutschland (ZOD) und knapp 9 000 Karten im Feld. Das heißt, bereits fast jeder sechste Zahnarzt setzt zur sicheren Online-Abrechnung eine ZOD-Karte ein. Die ZOD-Karte ist der Vorläufer des elektronischen Heilberufsausweises (HBA), der perspektivisch für die QES eingesetzt werden soll, und ist technisch identisch. Lediglich die optische Ausweisfunktion fehlt.

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