Neue IDZ-Studie

Wachstumsmarkt Mundgesundheit

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Rund 76000 neue Arbeitsplätze werden bis zum Jahr 2030 im Dentalsektor entstehen – das betrifft Zahnarztpraxen, Dentallabore und auch den Vertrieb von Produkten im Einzelhandel. Damit leistet die Dentalbranche einen wichtigen Beitrag zum Jobmotor Gesundheitswesen und schafft Wachstumsimpulse. Zu diesem Ergebnis kommt eine neue Studie, die vom Institut der Deutschen Zahnärzte (IDZ), Köln, und dem Wirtschaftsforschungsinstitut WifOR, Darmstadt erstellt wurde (Details ab Seite 32ff.). Politisch gesehen sind die Aussagen der Studie ein anschaulicher Beleg für das Erfolgsmodell Freiberuflichkeit.

Gabriele Prchala

Die Studie mit dem Titel „Wachstums- und Beschäftigungseffekte der Mundgesundheitswirtschaft“ belegt vor allem eines: Die freiberuflich praktizierte Zahnmedizin mit ihren präventions- und versorgungspolitischen Erfolgen und dem damit verbundenen Nutzen für die Bevölkerung bringt positive Effekte für die gesamtedeutsche Wirtschaft. Gesundheitliche und gesamtwirtschaftliche Ziele stehen nicht etwa in Konkurrenz zueinander, sondern ergänzen und beflügeln sich gegenseitig.

Die neue Studie will den Beitrag der Zahnmedizin zur gesamtwirtschaftlichen Wertschöpfung und Beschäftigung darstellen, das Beziehungsgeflecht zwischen dem (über Beiträge und Steuern finanzierten) Ersten Mundgesundheitsmarkt und dem (frei finanzierten) Zweiten Mundgesundheitsmarkt klären und die Entwicklungsdynamik der beiden Marktsegmente darstellen. Die Projektleitung liegt bei Dr. David Klingenberger und Dr. Wolfgang Micheelis, IDZ. Partner sind Dr. Dennis A. Ostwald, WifOR und sein Team. Auftraggeber sind die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK).

Schon heute arbeiten der Studie zufolge rund 300 000 Menschen in zahnärztlichen Praxen und rund 100 000 weitere in zahntechnischen Laboren, im Dentalhandel und in der Dentalindustrie. Die Analyse geht davon aus, dass in der Mundgesunheitswirtschaft bis zum Jahr 2030 ein zusätzliches Beschäftigungspotenzial für schätzungsweise 76 000 Menschen besteht. Somit könnten im Jahr 2030 insgesamt fast eine halbe Million Beschäftigte in dem Bereich arbeiten. Damit wird die große Bedeutung der Mundgesundheitswirtschaft für den Arbeitsmarkt klar. Während die Gesamtwirtschaft den Prognosen zufolge tendenziell Stellen abbauen wird, fungiert die Mundgesundheitswirtschaft mit einem jährlichen Beschäftigungszuwachs von 0,86 Prozent als Beschäftigungstreiber für die Gesamtwirtschaft.

Dentalbranche als Wirtschaftsfaktor

Für Dr. Jürgen Fedderwitz, Vorsitzender der KZBV, ist damit klar, dass der zahnmedizinische Sektor nicht immer nur als Kostenfaktor diskutiert werden dürfe: „Die Dentalbranche ist auch Wirtschaftsfaktor und Teil der Jobmaschine Gesundheitswesen.“ Nicht unerheblich sei, dass ein Teil der Arbeitsplätze auch im ländlichen, strukturschwachen Raum entstehen würde. „Wir als KZBV plädieren ja vor allem aus versorgungspolitischen Gründen für den Erhalt einer wohnortnahen zahnmedizinischen Versorgung, die über freiberufliche Praxen organisiert ist. Und wir sehen auch, dass diese freiberufliche Praxisorganisation offensichtlich auch unter beschäftigungspolitischen Gesichtspunkten sinnvoll ist.“

Fedderwitz verweist darauf, dass die Zahnmedizin von heute sich von einem reinen Reparaturbetrieb wegentwickelt habe, entscheidend sei vielmehr die Verhütung von Zahnerkrankungen. Ausgaben für die präventive Zahnmedizin seien eine sinnvolle Investition, deren Ergebnis eine ständig besser werdende Zahngesundheit der Bevölkerung sei, was auch epidemiologische Studien eindrucksvoll belegten. Besonders erfreulich sei, so Fedderwitz, dass diese positiven Entwicklungen ohne zusätzliche Belastungen für das GKV-System erfolgt seien. Tatsächlich sinke der Anteil der Zahnmedizin an den Leistungsausgaben der GKV seit Langem. Mitte der Siebzigerjahre habe er noch bei über 15 Prozent gelegen, heute seien es rund sieben Prozent. Natürlich bedeute dies auch, dass ein Teil der Ausgaben nicht mehr in der GKV anfalle, sondern von den Patienten als Eigen-anteil beziehungsweise als private Leistung bezahlt werde.

Herausforderung bei Prävention

Den Zusammenhang zwischen dem wachsenden Präventionsbewusstsein in der Bevölkerung („dental awareness“) und den zu erwartenden Entwicklungen der Mundgesundheitswirtschaft erläutert Prof. Dr. Christoph Benz, Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer. Die Wachstumseffekte zeigten sich der Studie zufolge zum großen Teil bei der präventionsorientierten Nachfrage. Und die Erfolge der Prävention hätten zu einem deutlichen Kariesrückgang geführt. Heute müsse man sich in der Zahnmedizin auf neue Heraus- forderungen einstellen. Dazu gehöre die zunehmende Zahl von Parodontalerkrankungen als Folge demografischer Veränderungen und der damit verbundene längere Erhalt von Zähnen. Auch die steigende Anzahl pflegebedürftiger Menschen und deren Betreuung erforderten neue Präventions- und Behandlungskonzepte. Benz: „Die Menschen werden immer älter und sollen und werden ihre eigenen Zähne bis in immer höhere Lebens alter erhalten. Das bedarf natürlich intensiver zahnmedizinischer Betreuung, innovativer Therapien und der technischen Weiterentwicklung von Medizinprodukten.“

Positive Impulse ergäben sich laut Benz für die Entwicklungen beim zahnärztlichen Praxispersonal. Nicht nur, dass die Zahnärzteschaft damit Bestandsschutz betreibe, sondern sie leiste auch einen wichtigen Beitrag zur Sicherung von Arbeits- und Ausbildungsplätzen. Die Ausbildungsquote in Berufen rund um die Zahnmedizin sei traditionell hoch. Es sei davon auszugehen, dass die demografische Entwicklung für weitere Beschäftigungsimpulse sorgen werde.

Einen besonderen Vorteil auf dem zahnmedizinischen Arbeitsmarkt stelle die Möglichkeit dar, zeitlich flexible Arbeitszeitmodelle anzubieten. Dies ermögliche die bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf. So sei in den letzten Jahren der Anteil der Teilzeitarbeitsplätze weiter gestiegen und liege aktuell bei 26,8 Prozent. Über 84 Prozent der Erwerbstätigen in den Praxen seien weiblich.

Rahmen muss stimmen

Das Fazit der beiden standespolitischen Spitzenvertreter: Die Entwicklungen auf dem Mundgesundheitsmarkt sind dem Prognosemodell zufolge insgesamt erfreulich. Damit der positive Effekt anhält, sollte die Politik aber stabile Rahmenbedingungen gewährleisten. Andernfalls gerate die Jobmaschine ins Stocken.

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