Kostenstruktur der GKV

Zahlen, bitte!

Seit einiger Zeit geht es der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ziemlich gut – jedenfalls finanziell gesehen. Aktuell liegt der Überschuss im Gesundheitsfonds und bei den einzelnen Kassen insgesamt bei 21,8 Milliarden Euro. Das weckt Begehrlichkeiten. Von den Ärzten. Von der Politik. Und nicht zuletzt von den Beitragszahlern. Doch wie sieht der Geldfluss der GKV eigentlich aus?

Im aktuellen Honorarstreit zwischen den Ärzten un der GKV wird mit harten Bandagen gekämpft. Eigentlich sind die Verhandlungen ein normaler Vorgang, wie es ihn auch in der freien Wirtschaft zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebern gibt. Die eine Seite macht einen Vorschlag, die andere ebenso, und irgendwann einigt man sich in der Nähe der Mitte. Doch die jetzigen Honorarverhandlungen haben sich nach einer gescheiterten Schlichtungsrunde zum handfesten Streit ausgewachsen - gegenseitige Vorwürfe und Unterstellungen inklusive. Nach ersten Protestaktionen der Ärzte einigten sich die Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV) und der GKV-Spitzenverband auf eine neue Verhandlungsrunde Anfang Oktober. Der Verlauf der Verhandlungen zeigt exemplarisch: Um das Geld der GKV gibt es erbitterte Streitigkeiten. Meinungen gibt es viele, und die liegen weit auseinander.

Ausgeben und einnehmen

Bei einer Zahl von 70 Millionen Versicherten ist es kein Wunder, dass es ein gesteigertes öffentliches Interesse am Geld der GKV gibt – es betrifft ja auch fast jeden. Im vergangenen Jahr standen bei den gesetzlichen Kassen Einnahmen von rund 184 Milliarden Euro Ausgaben von 180 Milliarden Euro gegenüber.

Der allgemeine, einkommensabhängige Beitragssatz der gesetzlichen Kassen beträgt seit Januar 2011 15,5 Prozent, davon bezahlen die Arbeitnehmer 8,2 und die Arbeitgeber 7,3 Prozent. Das Geld geht in den Gesundheitsfonds. Dieser wurde als zentrale Geldsammelstelle 2009 eingeführt und verteilt die Mittel an die einzelnen Kassen. Neben den Beiträgen fließen dem Gesundheitsfonds auch die Bundeszuschüsse zu. Diese werden aus Steuergeldern für sogenannte versicherungsfremde Leistungen wie etwa die beitragsfreie Familienversicherung von Kindern und Ehegatten gezahlt. Mit Einführung des Fonds hat sich die Finanzierung der Kassen grundlegend geändert. Vorher konnten sie ihren Beitragssatz weitgehend selbst bestimmen, nun wird er von der Bundesregierung festgelegt. Die Kassen erhalten pro Versicherten Pauschalen aus dem Gesundheitsfonds. Zudem können sie einen einkommensunabhängigen Zusatzbeitrag von ihren Mitgliedern fordern, wenn sie ihren Finanzbedarf nicht durch die regulären Einnahmen decken können.

Von den gesamten deutschen Gesundheitsausgaben trägt die GKV circa 60 Prozent, was einem Betrag von knapp 180 Milliarden Euro entspricht. Von den Gesamtausgaben der GKV entfallen 67 Milliarden Euro auf stationäre Einrichtungen (Krankenhäuser, Reha- und Pflegestationen) und 87 Milliarden Euro auf die ambulante Versorgung. Davon machen Arztpraxen 30 Milliarden, Zahnarztpraxen 10 Milliarden und Apotheken 28 Milliarden Euro aus. Für die Verwaltungen werden offiziell knapp 10 Milliarden Euro ausgegeben.

Daneben gibt es seit 1994 zwischen den gesetzlichen Kassen einen Ausgleichsmechanismus, der ähnlich wie der Finanzausgleich der Bundesländer funktioniert. Das heißt, Kassen mit einer „günstigen“ Mitgliederstruktur (viele Junge und Gesunde) tragen die höheren Kosten der Kassen mit einer „ungünstigen“ Mitgliederstruktur (viele Alte und Kranke) über den sogenannten Risikostrukturausgleich (RSA) mit. Seit der Einführung des Gesundheitsfonds 2009 wird die Verteilung an die einzelnen Kassen nach einer morbiditätsorientierten Risikostruktur (Morbi-RSA) differenziert.

Defizite und Überschüsse

Vor drei Jahren drohte der GKV noch ein Milliardendefizit. Das Luxusproblem hoher Milliardenüberschüsse ist also relativ neu. Diese liegen zu knapp 60 Prozent bei den Kassen selbst und zu 40 Prozent beim Gesundheitsfonds. Allerdings muss man einschränken, dass ein Teil des Geldes als Pflichtreserven gebunden ist. Als Rücklagen für Betriebsmittel und langfristige Stabilität sind zwischen 11,6 und höchstens 23,2 Milliarden Euro gesetzlich vorgesehen. Beim Gesundheitsfonds soll es eine Mindestreserve von drei Milliarden für Einnahmeschwankungen geben, zwei Milliarden sind zusätzlich für den Fall neuer Zusatzbeiträge und eines dann fälligen Sozialausgleichs vorzuhalten.

Die gute finanzielle Situation der GKV und des Gesundheitsfonds ist laut Bundesgesundheitsministerium (BMG) vor allem auf die positive konjunkturelle Entwicklung der vergangenen Jahre zurückzuführen. Dadurch kam es zu einem Beschäftigungszuwachs und somit auch zu einem Anstieg der Löhne und Renten. Und dadurch sind auch die Beitragseinnahmen der GKV deutlich gestiegen. Außerdem seien die Ausgabenanstiege unter den bisherigen Erwartungen geblieben, heißt es im BMG. „Die Entwicklung der beitragspflichtigen Einnahmen wurde unterschätzt“, sagt Prof. Eberhard Wille, Vorsitzender des Sachverständigenrats zur Begutachtung der Entwicklung im Gesundheitswesen. „Bei einer anderen Einschätzung wäre der Beitragssatz 2011 vielleicht gar nicht angehoben worden.“

Diskussionen gibt es, was mit den Überschüssen passieren soll. Die Politik fordert fast unisono eine Ausschüttung an die Versicherten, die GKV wehrt sich in großen Teilen dagegen. Manche, zumeist kleine Kassen verschließen sich jedoch nicht den Rückzahlungen und schütten Prämien an ihre Mitglieder aus – einzelne Betriebskrankenkassen bis zu 60 Euro im Jahr. Als erste große Kasse hat die TK eine Prämienausschüttung angekündigt. Andere geben Zusatzleistungen wie die Kostenübernahme für alternative Heilmethoden oder Gesundheits-Checks aus.

Doch das Gros der Kassen ist gegen Versichertenprämien. Nach Angaben des BMG kommen aktuell gerade einmal ein Prozent der gesetzlich Versicherten in den Genuss von Prämienzahlungen. Die Kassen verweisen gerne und wiederholt auf einen möglichen konjunkturellen Einbruch. Dann sänken die Einnahmen der GKV und man brauche das jetzige Plus als Reserve, sonst drohten Beitragserhöhungen oder Leistungskürzungen. „Wir wollen, dass diese Reserven gesichert und für die künftige Versorgung von Patienten genutzt werden“, sagt Dr. Doris Pfeiffer, Vorsitzende des GKV-Spitzenverbands. Florian Lanz, Sprecher des Verbands, ergänzt: „In Anbetracht der Tatsache, dass die Ausgaben für Arzthonorare, Kliniken und Medikamente steigen und gleichzeitig der Bundeszuschuss gekürzt werden soll, haben wir großes Verständnis dafür, wenn Krankenkassen ihre Überschüsse aus der Vergangenheit für die künftige medizinische Versorgung ihrer Versicherten verwenden wollen.“ Außerdem entspreche das derzeitige Finanzpolster nach Verbandsangaben nur einer Reserve von fünf Tagen.

Marcus Bauer, Partner bei der internationalen Strategieberatung Booz Company, sieht auf die Kassen in naher Zukunft weiterhin steigende Kosten zukommen. „Im Moment lebt die Mehrzahl der Kassen durch gesetzlich bedingte Effekte noch ganz gut. Ende kommenden Jahres laufen aber beispielsweise die Arzneimittelrabatte aus. In den folgenden Preisverhandlungen wird es wieder zu Preissteigerungen kommen. Zudem sind neue Vergütungsregelungen bei den Krankenhäusern und den Vertragsärzten absehbar.“

Prämien und Reserven

Daniel Bahr drängt die Kassen schon seit Längerem zu einer Ausschüttung der Überschüsse an die Versicherten in Form von Prämien. Angesichts eines Einnahmenplus von 2,7 Milliarden Euro allein im zweiten Quartal 2012 erklärte der Gesundheitsminister, man werde es nicht zulassen, dass die Kassen Geld bunkerten. „Wir könnten sie notfalls zwingen, Beitragsgelder zurückzuzahlen“, sagte Bahr dem „Spiegel“. „Im Zweifel müssten wir das Gesetz ändern. Krankenkassen sind keine Sparkassen.“ Es gebe bereits den Mechanismus, dass eine Kasse Zusatzbeiträge erheben muss, wenn ihre Reserven einen bestimmten Schwellenwert unterschreiten. „Analog könnte man automatische Rückerstattungen ab einer bestimmten Höhe der Überschüsse vorschreiben“, so der FDP-Politiker. „Am besten wäre es aber, die Kassen würden Prämien selbstständig auszahlen.“

Nach Meinung von Eberhard Wille sollte man den Kassen selbst überlassen, wie sie mit den Überschüssen umgehen. „Wenn man Wettbewerb will, sollte man den Kassen auch die Freiheit lassen, selbst zu entscheiden, was sie mit den Überschüssen machen.“ Zudem sähen sie die Gefahr, dass sie nach einer Prämienausschüttung bei abflauender Konjunktur schneller wieder Zusatzbeträge erheben müssen.

Die KZBV fordert angesichts der Überschüsse, die Kostendämpfungsmaßnahmen zurückzunehmen, die mit dem GKV-Finanzierungsgesetz 2011 für die zahnmedizinische Versorgung eingeführt wurden. „Die Sparmaßnahmen haben dafür gesorgt, dass für 2011 und 2012 insgesamt 60 Millionen Euro weniger für die zahnmedizinische Versorgung in der gesetzlichen Krankenversicherung zur Verfügung gestellt wurden“, erklärt der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz. Dieses Geld fehle in der Betreuung der Patienten – in einer Situation, in der Gesundheitsfonds und Krankenkassen Überschüsse von über 20 Milliarden Euro angehäuft hätten.

In der Annahme, es würde zu einem Finanzierungsdefizit in der GKV kommen, hatte der Gesetzgeber 2010 Sparmaßnahmen ergriffen. Er hatte die Anpassung der Gesamtvergütungen, die die Krankenkassen für die zahnmedizinische Versorgung zur Verfügung stellen, für 2011 und 2012 deutlich reduziert und den Zahnärzten nicht nur einen Honorarverzicht auferlegt, sondern auch der Versorgung erhebliche Mittel entzogen. Eine Fortführung der Sparmaßnahmen sei angesichts der Überschüsse nicht mehr haltbar, sagt Fedderwitz: „Der Anteil der Zahnmedizin an den Ausgaben der GKV ist ohnehin seit Jahren immer weiter rückläufig. Damit muss Schluss sein. Die Patienten haben ein Recht auf gute Versorgung.“

Verschwenden und sparen

Trotz – oder gerade wegen – der Überschusse wird in der GKV auch gerne einmal Geld verschwendet. Dass die gesetzlichen Kassen nicht zu den besten Haushältern gehören und öfters nicht korrekt mit dem Geld der Beitragszahler umgehen, zeigt der aktuelle Tätigkeitsbericht des Bundesversicherungsamts (BVA). Dort sind einige Beispiele für unnötige und unlautere Ausgaben aufgeführt. Eine Kasse mietete über 4 000 Quadratmeter hochklassige Bürofläche an, ließ 77 von 117 Arbeitsplätzen unbesetzt – und mietete noch eine zusätzliche Etage an, die komplett leersteht. Kosten für den auf zehn Jahre abgeschlossenen Mietvertrag: 13 Millionen Euro. Eine andere Kasse ließ einen Elektrotechnik-Meister in ihren Büros Sanitär- und Malerarbeiten ausführen, für die der Handwerker gar nicht zugelassen war. Er gehörte dem Verwaltungsrat der Kasse an. In einem Ordnungswidrigkeitsverfahren droht beiden Seiten nun bis zu 50 000 Euro Bußgeld. Eine dritte Kasse ließ eine als arbeitsunfähig gemeldete Frau von einer Detektei überwachen, weil sie angeblich freiberuflich tätig war. Um einen Krankengeldschaden von täglich rund 15 Euro zu vermeiden, zahlte die Kasse fast 11 000 Euro an Honoraren an die Detektive. Allgemein moniert das BVA hohe Ausgaben bei Betriebsfeiern und für Repräsentation, ungünstige Mietverträge und Schwierigkeiten bei der Ermittlung der Beiträge.

Allein hier gibt es einige Einsparpotenziale. Doch mittel- bis langfristig helfen für einen besseren Umgang mit dem zur Verfügung stehenden Geld nur strukturelle Veränderungen. Einer Studie der Unternehmensberatung A. T. Kearney zufolge werden knapp 16 Prozent der Gesamtausgaben der GKV für Verwaltungsaufgaben aufgewendet. Viel zu viel und dreimal so viel wie offiziell berichtet, befindet das Beratungsunternehmen. Durch eine Verschlankung der Strukturen könne der Beitragssatz von derzeit 15,5 auf 14,2 Prozent gesenkt werden. Das entspricht einem Einsparpotenzial von 13 Milliarden Euro.

A. T. Kearney sieht insbesondere die von der GKV auf die Leistungserbringer übertragenen Verwaltungstätigkeiten als Kostentreiber. „Trotz der vielen tiefgreifenden Reformen der letzten Jahre konnte bisher keine finanzielle Entlastung des Systems erreicht werden“, sagt Dr. Oliver Scheel, Leiter Pharma Healthcare bei der Unternehmensberatung. Von einem Euro Beitrag kämen maximal 77 Cent in Form von Gesundheitsdienstleistungen direkt beim Patienten an. 23 Cent würden für rein administrative Aufgaben ausgegeben.

Auch nach Ansicht des SPD-Gesundheitsexperten Karl Lauterbach führten insbesondere Dokumentationspflichten und das komplizierte Abrechnungssystem zu hohen, unnötigen Ausgaben. Die Beteiligung von 140 Krankenkassen und 15 Kassenärztlichen Vereinigungen unter der Maßgabe von 16 Krankenhausgesetzen der Länder habe zu einer nicht mehr handhabbaren Vertrags- und Regelungsdichte geführt, so Lauterbach gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Reform und Effizienz

Wille sieht in absehbarer Zeit ein Ende der Überschüsse auf die GKV zukommen. „Die Entwicklung wird 2012 und im ersten Halbjahr 2013 dank steigender Löhne noch positiv sein, danach sieht es eher nach einer Abschwächung der Konjunktur und damit der Einnahmen aus.“ Auch Marcus Bauer hält es für „gut möglich“, dass es 2014 durch eine Abkühlung der Konjunktur zu einer Aufzehrung der Überschüsse im Gesundheitsfonds kommen kann.

Die Zukunft wird für die GKV also nicht so rosig wie die Gegenwart bleiben. Doch was tun? Wie so oft beim Geld gibt es auch hier unterschiedliche Meinungen. Während die einen für radikale Reformen sind, plädieren andere für ein sanftes Drehen an den vorhandenen Stellschrauben.

Ein Hauptproblem wird in zunehmenden Maß die demografische Entwicklung werden. Einer sinkenden Zahl von Erwerbstätigen, sprich Beitragszahlern, steht eine steigende Zahl von älteren Menschen gegenüber, wodurch die Kosten wachsen. Der Gesundheitsanalyst Joachim Geiberger hält deshalb Beiträge, die sich nach der Höhe des Arbeitseinkommens richten, für nicht mehr zeitgemäß. Er plädiert für ein steuerfinanziertes System. „Wenn sich die Politik dazu durchringen könnte, eine Konsumsteuer von beispielsweise ein oder zwei Prozent einzuführen – oder die Mehrwertsteuer entsprechend zu erhöhen, ließe sich so ein guter Teil der elementaren Gesundheitsausgaben finanzieren“, sagte Geiberger der „Süddeutschen Zeitung“. Der Gesundheitsanalyst sieht diese Finanzierung auch als sozial gerecht an, denn dabei würden Wohlhabende automatisch mehr ins Sozialsystem einzahlen als weniger Bedürftige. Zudem halte er es für denkbar, dass man als Ausgleich für Steuererhöhungen die Beiträge mittelfristig senken kann, so Geiberger in der SZ.

Wille plädiert als Zukunftsmodell für die Gesundheitspauschale, bei der die Beiträge nicht einkommensabhängig abgeführt werden, sondern jeder Versicherungspflichtige eine Pauschale von circa 250 Euro monatlich zahlt. Bei denjenigen, die dadurch einen höheren Prozentsatz als jetzt abführen müssten, wird die Differenz aus Steuermitteln finanziert. Heute wird dieser Sozialausgleich hauptsächlich von mittleren Einkommen getragen. „Es ist gerechter, den Sozialausgleich in das Steuersystem zu verlagern, weil so alle Einkommen gleichmäßig beteiligt sind“, befindet Wille.

Bauer dagegen will keine radikalen Reformen. Er sieht vor allem Verbesserungsmöglichkeiten in der Effizienz. „Das können Kostensenkungsprogramme oder auch Prozessverbesserungen in den Kassen, aber auch die stärkere Wettbewerbsorientierung bei der Leistungserbringung – etwa im Bereich Selektivvertragswesen – sein.“ Auch weitere Kassenfusionen will der Gesundheitsexperte nicht ausschließen, da sie meist einen positiven Effekt auf die Effizienz und die Risikostreuung hätten. Auf der Einnahmenseite sieht Bauer „das Ende der Fahnenstange“ mehr oder weniger erreicht. „Hier sind Erhöhungen kaum mehr möglich, da wir heute schon einen hohen Anteil am Bruttoeinkommen bezahlen und bereits die Effekte von Zusatzbeitrag-Erhebungen auf einige Kassen beobachten konnten.“ Die GKV muss sich also für die Zukunft rüsten und darf sich nicht auf den jetzigen Überschüssen ausruhen. Reformen werden kommen. Wie groß diese ausfallen, wird vom Willen und der Ideologie der handelnden politischen Akteure abhängen.

INFO

Befundorientierter Festzuschuss

Wie ein flexibles, patientenorientiertes Erstattungssystem im Rahmen der GKV aussehen kann, zeigt im zahnärztlichen Bereich der seit 2005 geltende befundorientierte Festzuschuss bei Zahnersatz. In der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde existieren meist mehrere wissenschaftlich anerkannte Therapieoptionen für einen Befund. Diese gehen teilweise deutlich über die funktional notwendige Grundversorgung hinaus. Dabei kann zwischen der sogenannten „need dentistry“ (zur Erfüllung eines objektiven Bedarfs) und der „want dentistry“ (zur Erfüllung des subjektiven zahnmedizinischen Bedarfs) unterschieden werden. Ein Behandlungsziel lässt sich mit unterschiedliche,n wissenschaftlich abgesicherten Therapiealternativen erreichen, die für den Patienten mit unterschiedlich hohen Behandlungskosten und Unterschieden in Ästhetik und Tragekomfort einhergehen. Die über die Grundversorgung hinausgehenden Mehrkosten hat der Patient selbst zu tragen. Dabei kann der Patient aus den Therapiealternativen frei wählen, ohne seinen Anspruch auf den Zuschuss aus der solidarischen Versicherung zu verlieren. Der Festzuschuss orientiert sich nicht am Therapiemittel, sondern am Befund. Er ist somit flexibler gegenüber neuen Therapiemöglichkeiten, fördert die Eigenverantwortung des Patienten und ist im Sinne des Solidargedankens der GKV gerechter.

Nach Ansicht der KZBV gilt es, den mit den befundorientierten Festzuschüssen eingeschlagenen Weg fortzusetzen. Zwingend erforderlich sei, für den Bereich der vertragszahnärztlichen Versorgung die Budgetierung der Gesamtvergütungen aufzuheben und andere Steuerungsmechanismen zu implementieren. Diese hätten den Besonderheiten in der zahnmedizinischen Versorgung Rechnung zu tragen.

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