GOZ-Novelle 2012 – die wichtigsten Änderungen

Kieferknochen-Management

Die wichtigsten Änderungen der neuen GOZ analysiert und kommentiert der Vorsitzende des GOZ-Senats der Bundeszahnärztekammer, Dr. K. Ulrich Rubehn, systematisch in einer Artikelserie. Der zweite Teil von Abschnitt K „Implantologische Leistungen“ thematisiert das Kieferknochen-Management.

Für die Berechnung des Managements von Kieferknochen im Rahmen von Implantationen und Augmentationen musste bis Ende 2011 oftmals die GOÄ herangezogen werden. Das hatte für viele Kollegen den Reiz der großen Freiheit. Die Seite der Kostenerstatter und auch das Bundesgesundheitsministerium hatten im Verlauf der GOZ-Novellierungsgespräche darauf gedrungen, die wesentlichen zahnärztlichen Leistungen aus diesem Gebiet in der GOZ abzubilden. So wurde der Abschnitt K der GOZ erheblich ausgeweitet, viele neue Gebührennummern sind dazugekommen.

Knochengewinnung und Defektauffüllung

Die Nummer 9090 beschreibt die Knochengewinnung, die Knochenaufbereitung und die Knochenimplantation. Ein Knochenaufbau im Sinne einer Augmentation wird mit dieser Nummer nicht beschrieben. Sie ist insoweit deutlich abzugrenzen von der Nummer 9100. Die Nummer 9090 kommt insbesondere für das Auffangen von Knochen bei einer intraossären Knochenkanalbohrung für eine Implantatinsertion in Betracht, bei der der gewonnene Knochen aufgefangen und in der Implantatumgebung für eine Defektauffüllung und gegebenenfalls zur gleichzeitigen Weichteilstützung wieder eingebracht wird. Die Transplantation ganzer Knochenteile beziehungsweiseblöcke ist mit dieser Nummer nicht abgebildet.

Wird im Rahmen einer Implantation nicht nur Knochen, sondern – als selbstständige Leistung – auch alloplastisches Material zur Weichteilunterfütterung eingebracht, ist gegebenenfalls die Nummer 2442 aus der GOÄ zusätzlich berechnungsfähig. Die Selbstständigkeit dieser Leistung ist dann gegeben, wenn diese Maßnahme eigenständig und ohne „Vermischung“ mit der Knochenimplantation nach 9090 erfolgt.

Schwierige Abgrenzungen

Die Höhe der Gebühr der Nummer 9090 mit 400 Punkten gibt einen deutlichen Hinweis darauf, dass diese GOZ-Leistung nur für kleine Knochentransplantationen vorgesehen ist. Das gilt auch vor dem Hintergrund, dass zu dieser Leistung ein OP-Zuschlag hinzutritt. Im Rahmen einer Kieferbruchbehandlung – aber auch nur dann – kann in der Knochenchirurgie auf die Nummern 2253 ff. der GOÄ zugegriffen werden. Für periimplantäre Maßnahmen sind diese Gebührennummern aus der GOÄ nicht mehr für den Zahnarzt geöffnet.

Ebenfalls abzugrenzen von der Nummer 9090 ist die Nummer 4110, die in erster Linie das Auffüllen von parodontalen oder periimplantären Defekten beschreibt. Hierbei entfällt die bei der Nummer 9090 vorgesehene „Gewinnung von Knochen“. Die Nummer 4110 ist mit 180 Punkten so sparsam bewertet, dass sie eigentlich nur für das Einbringen von vorfabriziertem Aufbaubeziehungsweise Regenerationsmaterial herangezogen werden kann. Die 4110 kann jetzt auch für das Auffüllen von alveolären Knochendefekten mittels Knochen beziehungsweise Knochenersatzmaterial zum Beispiel nach Extraktion im Rahmen einer „socket preservation“ berechnet werden.

Oftmals wird bei einer Knochenimplantation die Verhinderung des Einwachsens von Epithel notwendig sein, um die Knochenregeneration um Zahnwurzel oder Implantat überhaupt zu ermöglichen. Diese Leistung ist mit der Nummer 4138 („Verwenden einer Membran zur Behandlung eines Knochendefekts“) beschrieben und gesondert berechnungsfähig.

Gute Dokumentation ist hilfreich

Die Berechnung einzelner Gebührennummern – insbesondere in Kombination mit Nummern aus der GOÄ – wird vermutlich auch in Zukunft intensive Auseinandersetzungen mit den Kostenerstattern erfordern. Für den Nachweis empfiehlt sich grundsätzlich die Dokumentation eines stichwortartigen Operationsprotokolls, aus dem die berechneten Leistungen zweifelsfrei hervorgehen. In diesem Zusammenhang muss an die bereits früher geltende Vorschrift des § 4 Abs. 2 erinnert werden. Danach dürfen keine Leistungen berechnet werden, die bereits Bestandteil einer anderen berechneten Leistung sind („Doppelberechnungsverbot“).

Kieferaugmentation

Die zentrale neue Gebührennummer für die knöcherne Augmentation des Kiefers ist die Nummer 9100. Bei der Augmentation im Sinne der Gebührennummer geht es nicht um die Behandlung kleiner Kieferdefekte. Vielmehr ist hier die Volumenvermehrung mittels Kieferkammaufbau oder -verbreiterung beschrieben. Mit der Leistung ist ein umfangreiches Maßnahmenpaket abgegolten, so dass man von einer Komplexleistung sprechen muss:

• Bildung beziehungsweise Vorbereitung des knöchernen Lagers am zu augmentierenden Kieferabschnitt

• Glättung des knochenaufnehmenden Kieferabschnitts (in der Regel Processus alveolaris)

• gegebenenfalls auch die Entnahme von Knochen innerhalb des Augmentationsgebiets

• Augmentation mit Knochen und/oder Knochenersatzmaterial

• Wundverschluss mit vollständiger Schleimhautabdeckung

• gegebenenfalls Verwendung von Membranen einschließlich deren Fixierung

Die Leistung ist je Kieferhälfte oder Frontzahngebiet einmal berechnungsfähig. Die Bewertung mit 2 694 Punkten (plus OP-Zuschlag) trägt dem komplexen Charakter der Leistung Rechnung, wird aber nicht jeden Einzelfall abdecken können. Zusätzliche Stabilisierungsmaßnahmen für das Augmentat sind allerdings zusätzlich berechnungsfähig: Nummer 9150.

Besondere Bestimmungen zur Nummer 9100

Die Bewertung dieser Gebührennummer führt zum Ausschluss der Berechnungsmöglichkeit für kleinere Knochenmaßnahmen im Rahmen einer Implantation für dieses Operationsgebiet. Bonesplitting nach Nummer 9130 ist neben dieser Nummer nicht extra ansatzfähig. Erfolgt die Knochenentnahme in Form eines Knochenblocks und außerhalb des Augmentationsgebiets ist die Nummer 9140 zusätzlich berechnungsfähig – und zwar gemäß der Abrechnungsbestimmung mit doppelter Punktzahl. Der Leistungstext schließt die separate Berechnung des plastischen Wundverschlusses nach Nummer 3100 aus.

Sinuslift

Eingang in die GOZ haben auch die Sinuslift-Operationen gefunden. Die Nummer 9110 beschreibt den internen, die Nummer 9120 den externen Sinuslift. Der interne Sinuslift wird je Implantatkavität berechnet. Auch bei diesen Nummern handelt es sich um Komplexleistungen, die die typischen Teilleistungen zusammenfassen: Schaffung des Zugangs, Anhebung des Kieferhöhlenbodens, Entnahme von Knochenmaterial innerhalb des Aufbaugebiets und das Einbringen von Knochen und/oder Knochenersatzmaterial. Beim externen Sinuslift sind auch die Verwendung einer Membran und die vollständige Wundversorgung inkludiert.

Bei einer Augmentation (nach 9100) in derselben Kieferhälfte neben einem internen Sinuslift ist die Nummer 9100 nur mit der Hälfte der Gebühr, neben einem externen Sinuslift nur mit einem Drittel der Gebühr berechnungsfähig.

Entfernung von „Fremdmaterial“

Werden Membranen und gegebenenfalls ihre Fixierung oder Osteosynthesematerialien, die unter der Schleimhaut liegen, entfernt, wird nicht mehr auf die GOÄ verwiesen, sondern jetzt auf die Nummer 9160. Ist dafür eine Osteotomie erforderlich oder müssen periostale Gerüstimplantate entfernt werden, kommt die neue Nummer 9170 zum Ansatz.

Alle in dieser Serie genannten Hinweise erlauben nur einen groben Überblick über die neuen GOZ-Bestimmungen. Details sind dem Kommentar der Bundeszahnärztekammer zur GOZ 2012 zu entnehmen.

Dr. K. Ulrich RubehnKaltenweide 8425335 Elmshorn

Die BZÄK hat die Kommentierung der neuen GOZ unter folgendem Link veröffentlicht: www.bzaek.de/fileadmin/PDFs/goz/now/goz-Kommentar-bzaek.pdf.

INFO

Erläuterungen im Überblick

Die GOZ-Artikelserie erläutert die wesentlichen Änderungen im GOZ-Gebührenverzeichnis 2012. Hier eine aktualisierte Übersicht über die bereits erschienenen und den noch folgenden Beitrag:

• zm 24/2011: Abschnitt A: Allgemeine Leistungen

• zm 1/2012: Abschnitt B: Prophylaktische Leistungen

• zm 2/2012: Abschnitt C: Konservierende Leistungen

• zm 3/2012: Abschnitt D: Chirurgische Leistungen mit Abschnitt L: Zuschläge zu bestimmten chirurgischen Leistungen

• zm 4/2012: Abschnitt E: Leistungen bei Erkrankungen der Mundschleimhaut und des Parodontiums

• zm 5/2012: Abschnitt F: Prothetische Leistungen

• zm 6/2012: Abschnitt G: KFO-Leistungen

• zm 7/2012: Abschnitt H: Eingliederung von Aufbissbehelfen und Schienen

• zm 8/2012: Abschnitt J: Funktionsanalytische und -therapeutische Leistungen

• zm 9/2012: Abschnitt K: Implantologische Leistungen, Teil 1

• zm 10/2012: Abschnitt K: Implantologische Leistungen, Teil 2

• zm 11/2012: Änderungen im Allgemeinen Teil (Paragrafenteil)

Melden Sie sich hier zum zm-Newsletter des Magazins an

Die aktuellen Nachrichten direkt in Ihren Posteingang

zm Heft-Newsletter


Sie interessieren sich für einen unserer anderen Newsletter?
Hier geht zu den Anmeldungen zm Online-Newsletter und zm starter-Newsletter.