Barmer-GEK-Zahnreport

Lücken bei kleinen Kindern

Vorschulkinder nehmen zu selten Früherkennungsuntersuchungen wahr. Zu diesem Ergebnis kommt der Zahnreport 2012 der Barmer GEK. Zudem gibt es erhebliche regionale und Stadt-Land-Unterschiede bei den Zahnarztbesuchen. KZBV und BZÄK sehen ihre Forderungen nach Verbesserungen der Prophylaxe bei Kleinkindern bestätigt.

Nur ein knappes Drittel der Kinder zwischen zweieinhalb und sechs Jahren nimmt an der jährlichen Vorsorgeuntersuchung beim Zahnarzt teil, geht aus dem Zahnreport hervor. Für diesen wertete Prof. Thomas Schäfer vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystemforschung in Hannover die Daten von 10,2 Millionen Behandlungsfällen von Barmer-GEK-Versicherten aus dem Jahr 2010 aus.

„Kleinkinder erleben oftmals zu spät ihren ersten Zahnarztbesuch und damit die Kontrolle einer gesunden Mundentwicklung“, kommentierte der Vizepräsident der Bundeszahnärztekammer (BZÄK), Prof. Dr. Dietmar Oesterreich, die Studie. „Die vorhandenen Instrumente der Früherkennung setzen offensichtlich zu spät ein. Zudem muss die Zusammenarbeit mit Kinderärzten und Hebammen verbessert werden.“ Schäden des Milchgebisses könnten Auswirkungen auf die Entwicklung des bleibenden Gebisses, auf die Sprachentwicklung und auf die psychisch gesunde Entwicklung haben, sagte Oesterreich. Bei einer rechtzeitigen Inanspruchnahme der zahnmedizinischen Untersuchung könne der Zahnarzt zudem eine wichtige Rolle bei der Früherkennung von Kindesvernachlässigung einnehmen.

Gruppenprophylaxe in Kindergärten ausbauen

In den meisten Altersgruppen hat sich die Zahnprophylaxe zwar offensichtlich etabliert. So unterzog sich laut Report im Jahr 2010 knapp jeder Zweite dem jährlichen Check-up. Von den 6- bis 18-Jährigen nahmen 68 Prozent eine Individualprophylaxe wahr. „Insgesamt haben wir eine ausgezeichnete zahnmedizinische Versorgung“, sagte der stellvertretende Vorsitzende der Barmer GEK, Dr. Rolf-Ulrich Schlenker, bei der Vorstellung der Studie in Berlin. Bei der Prophylaxe gebe es jedoch Lücken, wie die Zahlen zeigten. „Insbesondere die Gruppenprophylaxe in den Kindergärten muss systematisch ausgebaut werden“, forderte Schlenker. „Damit erreichen wir auch besser die Kinder, die nicht zu den Früherkennungsuntersuchungen beim Zahnarzt kommen.“

Die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) teile die Auffassung, dass man in diesem Bereich mit gemeinsamen Anstrengungen noch weitere Verbesserungen erreichen könne, teilte der KZBV-Vorsitzende Dr. Jürgen Fedderwitz mit. Fakt sei, dass die Einzel- wie die Gruppenvorsorge für Kinder und Jugendliche in den letzten Jahren immer besser angenommen worden seien.

Fedderwitz regte an, eine offene Debatte über den Umgang mit allen zahnmedizinischen Risikogruppen zu führen, nicht nur bezogen auf Kinder und Jugendliche. „Leider spart der Zahnreport der Barmer GEK hier wesentliche Bereiche aus“, so der KZBV-Vorsitzende. „Er sagt nichts über die inakzeptable Versorgungssituation vieler Pflegebedürftiger und von Menschen mit Behinderung, für die die gesetzliche Krankenversicherung leider keine bedarfsgerechten Leistungen zur Verfügung stellt. Da gibt es dringenden Handlungsbedarf.“

Trotz massiver Überschüsse seien die Kassen nicht bereit, „endlich“ wieder mehr in die zahnmedizinische Versorgung ihrer Versicherten zu investieren und ihre Leistungen zu verbessern, erklärte Fedderwitz. „Der Versuch, stattdessen Gebührenordnungen aushebeln und damit eine Billigzahnmedizin etablieren zu wollen, ist keine Lösung und hilft den Patienten nicht.“

Regionale Unterschiede zwischen Ost und West

Zwischen einzelnen Regionen und Bundesländern gibt es erhebliche Differenzen in der zahnmedizinischen Versorgung, zeigt der Zahnreport auf. Im Jahr 2010 hatten gut drei Viertel der Ostdeutschen mindestens einen Zahnarztkontakt, während es im Westen nur 69 Prozent waren (Bundesdurchschnitt: 70 Prozent). Auch von Bundesland zu Bundesland sind die Behandlungsraten unterschiedlich. Liegen sie im Saarland bei 64 Prozent, sind es in Sachsen 79 Prozent. Laut Schäfer sind die Gründe hierfür in den Langzeitwirkungen der frühkindlichen Sozialisation in den Kitas der ehemaligen DDR zu suchen. Im bundesdeutschen Durchschnitt hatte jeder Versicherte rund 2,2 Zahnarztkontakte im Jahr. Der Blick auf die Unterschiede zwischen Stadt und Land förderte ebenfalls interessante Ergebnisse zutage. Landkreise weisen durchschnittlich eine um drei Prozentpunkte höhere Inanspruchnahmerate auf als Stadtkreise. Und das, obwohl sie hinsichtlich der Zahnarztpraxisdichte um knapp 24 Prozent zurückliegen. Im internationalen Vergleich bleibt die zahnärztliche Versorgung in Deutschland auf einem hohen Niveau. Die Zahnarztdichte pro 100 000 Einwohner liegt bei 77. Das wird in den westlichen Industriestaaten nur von Belgien, Finnland und Dänemark übertroffen. eb

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