Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

man mag ihn nicht mehr hören, den fast obligatorischen Negativ-Ansatz öffentlicher Berichterstattung. Beispiele? Geht es um versorgungsspezifische Unzulänglichkeiten im Gesundheitswesen, hört man, dass es im zahnärztlichen Berufsstand dazu so still sei. Wirklich ein Grund zur Kritik? Beim Ranking der Zahnmedizin in der medizinischen Gesamtversorgung zeigt sich hingegen Desinteresse am „so eingegrenzten“ Fachgebiet. Was ist denn mit dem systemischen Denken und der wachsenden Bedeutung von Mundgesundheit? Immer die gleiche Leier: gute Nachricht – keine Nachricht?

Und das lässt sich mühelos toppen: Zahnmediziner – verachtend im Volksmund: „Zahnklempner“ – sind nur an fachmedizinischer Arbeit und dem daraus erwirkten Profit interessiert! Wird die wahrgenommene gesamtgesellschaftliche Verantwortung ignoriert? Interessant, wie sich über Jahrzehnte sedimentierte Vorurteile halten.

Wer sich mit den im Wahlkampf veröffentlichten programmatischen Aussagen der Zahnärzteschaft befasst, trifft auf eine Bandbreite des Denkens, eine gesellschaftliche Verantwortungsbereitschaft, die alle Negativ-Klischees Lügen straft. Hier münden medizinische Kenntnisse schnell in systemische Überlegungen. Hier haben Prävention wie Aufdeckung und konzeptionelle Bearbeitung versorgungsspezifischer Lücken hohen Stellenwert, etwa das Verhindern frühkindlicher Karies oder eine angemessene Versorgung pflegebedürftiger Menschen. Gesellschaftliche Teilhabe? Zahnärzte übernehmen Verantwortung, nicht nur im Rahmen von Hilfsaktionen – national wie international. Wie es auch sei: Für die Aufnahme ins BMG-Portfolio beispielhafter medizinischer Arbeit reicht es allemal.

Sozialpolitische Verantwortung? Sie ist Bestandteil berufsständischen Denkens. Angesichts der demografischen Entwicklung zur Versorgung Stellung zu beziehen, ist weit mehr als das, was von Zahnärzten von jeher „gefühlt“ erwartet wird. Aber genau das ist soziale Teilhabe im recht verstandenen Sinn öffentlicher Verantwortlichkeit.

Dass die Bedeutung des Berufsstands auch kulturell weit über den Wirkungskreis des sogenannten Oralen hinausreicht, lässt sich aktuell an einem besonders schönen Beispiel aufzeigen: Die Berliner Zahnärztin Beate Slominski hat mit dem Kulturtheoretiker Hartmut Böhme ein umfassendes Werk zur Bedeutung des Oralen in Kulturgeschichte und Zahnmedizin veröffentlicht. Bedenkt man, mit welchem Engagement die facettenreiche Wirkung des zahnärztlichen Handlungsfeldes aufgearbeitet wurde, ist man selbst als Fachkundiger überrascht: Kunst, Kultur, soziale und psychische Bedeutung des Oralen bilden eine Kraft, deren Wirkung weit über das Zahnmedizinische hinausreicht. Das ist nicht der oft bemühte Blick über den Tellerrand, das ist überragend! Wann wird darüber in der breiten Öffentlichkeit mal nachgedacht?

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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