Editorial

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Liebe Leserinnen und Leser,

wächst tatsächlich zusammen, was zusammengehört? Was der zu seinem 100. Geburtsjahr gefeierte Altkanzler Willy Brandt gesagt hat, galt dem Mauerfall und der Wiedervereinigung Deutschlands. Dass der SPD-Staatsmann hier richtig lag, hat der Bundesinnenminister anhand der jüngst vorgestellten Zahlen zur Lage der neuen Bundesländer quasi bestätigt.

Regierungskoalitionen spielen das Spiel des Zusammenwachsens allerdings anders. Das deuten zumindest die per Wahlergebnis pragmatisch propagierten Partnerschaftswünsche von CDU, CSU und SPD an. Hier ist Vernunft, eher sogar Zwang das Leitmotiv der politischen Ehe – von Verwandtschaft oder Gegenliebe keine Spur.

Die bisher bekannten Verhandlungsergebnisse aus der Gesundheitspolitik sind keine Geheimrezepte: Ins gemeinsame Töpfchen kommen unstrittige Zutaten. Anderes wird auf Passform geschnitten. Offensichtlich wird: Für wirklich Großes ist der Topf der Gemeinsamkeiten momentan zu klein.

Verständlich, dass die Betroffenen gemischte Gefühle zur Sachlage haben. Ob Patienten, Heilberufe, ob Krankenhäuser oder kranke Krankenkassen: Angesichts des seit Jahrzehnten anhaltenden Flickwerks im Gesundheitssystem wird nur noch auf Symptome reagiert. In akuten Notfällen verabreichte Geldspritzen schaffen aber keine gute Prognose.

Unter diesen Umständen ist es nur konsequent, dass Betroffene zur Selbsthilfe greifen. Innerhalb der Zahnärzteschaft reicht das heute schon von freiwilligen Tätigkeiten wie Hilfsaktionen in und außerhalb Deutschlands bis zur systemisch bahnbrechend wirkenden Entlastung der gesetzlichen Krankenversicherung von Leistungen im Bereich Zahnersatz – eingeführt über die befund-orientierten Festzuschüsse. Und hier ist noch Luft nach oben.

Dass man letztlich unter der Warte selbstgestalteter Möglichkeiten gut fährt, haben die Parlamente der zahnärztlichen Selbstverwaltung auf dem Deutschen Zahnärztetag in Frankfurt mit dem Gros ihrer Beschlüsse bestätigt. Dass Deutschlands Zahnärzteschaft seine Aufgaben bewältigt, liegt gerade auch an spezifisch konzipierten, eigenen Modellen, die im Sinne von Patient und Praxis konzipiert, durchdacht, erprobt und letztlich zur Zufriedenheit aller Beteiligten umgesetzt wurden – natürlich mit ausreichendem Durchhaltevermögen gegenüber Skeptikern.

Weil Deutschlands Fachpolitik das längst erkannt hat und akzeptiert, viele der neuen Gesundheitsexperten im Parlament alles andere als „rookies“ sind, wird man sich an die bewährte Zusammenarbeit erinnern und darauf bauen.

Wünschenswert wäre dabei, dass die Koalition sich im Handeln nicht dem 1957er Wahlkampf-Motto „Keine Experimente“ des anderen großen Nachkriegsstaatsmanns, Konny Adenauer, verschreibt. Das hieße: keine Reformen, weder mutig durchdachte noch die von der Sorte „längst überfällig“.

Mit freundlichem Gruß

Egbert Maibach-Nagelzm-Chefredakteur

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