Leitartikel

Kraft mobilisieren

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

es ist inzwischen gewohnter Teil des politischen Geschehens: Schon vor Abschluss von Koalitionsverträgen wollen die Verhandlungsführer der Öffentlichkeit zu großen Teilen anvertrauen, was künftig geht – und was nicht.

In Sachen Gesundheitspolitik wurden wir bisher weitgehend in unseren Einschätzungen bestätigt. Auch wenn uns die übelsten Menetekel des Wahlkampfs – Stichwort Bürgerversicherung – vorerst erspart bleiben, die meisten Themen vor der Wahl sind auch die, die nach der Regierungsbildung wieder aufgenommen werden müssen. Und dabei geht es nicht nur um Dinge wie die inzwischen lauthalts angekündigte Strafbarkeit von Korruption.

Mit Blick auf die Bundesversammlung in Frankfurt und die meisten der dort gefassten Beschlüsse kann der Vorstand der BZÄK sich bestätigt sehen, dass die in den zurückliegenden Wochen und Monaten vorangetriebene Sacharbeit und die Ausrichtung unserer Standespolitik den künftigen Erfordernissen zielgenau Rechnung trägt.

Wir werden am dualen System weiter arbeiten. Die Reform von PKV und GKV scheint auch in der künftigen Koalition Konsens. Das lässt genauso Raum für Hoffnung wie die wohl beabsichtigte Fortsetzung längst überfälliger Neuerungen wie die der Approbationsordnung oder die Schaffung von neuen Möglichkeiten zur aufsuchenden Betreuung von pflegebedürftigen Menschen. Kein Wunder: Das gebieten schon Ethos und Vernunft.

Der Frankfurter Zahnärztetag hat aber auch die von uns als extrem wichtig erachtete Aufgabe bestätigt, die Ausübung des Zahnarztberufs in freiberuflicher Selbstständigkeit zu verteidigen und zu fördern. Hierzu zählt ganz klar die Aufgabe, den Bundesverband der Freien Berufe als wichtige Vertretung unserer Interessen zu erhalten. Alle Eingriffe und Steuerungsversuche in diese für unseren Berufsstand notwendige Systematik erfordern unseren aktiven Widerstand.

Wir brauchen die im Sinne der gerade erst novellierten GOZ erforderliche Anpassung an die sich ändernden Anforderungen einer wissenschaftlich fundierten und präventionsorientierten Zahnheilkunde. Jegliche Versuche fiskalischer Mengenbegrenzungen müssen wir im Sinne einer qualitätsgesicherten und befundadäquaten Versorgung im Sinne unserer Patienten abwehren. Und wir werden uns gegen Diktate einer zunehmenden Ökonomisierung unserer Gesundheitsversorgung genauso wehren, wie wir uns gegen immer wieder aufkeimende Kommerzialisierungsversuche unserer Aufgaben stemmen. Diese in die Bundesversammlung getragenen Absichten wurden dem Vorstand als richtiger Weg bestätigt. Wir werden unsere auf der Bundesversammlung in Frankfurt legitimierte Arbeit fortsetzen.

Dass der Souverän unserer politischen Arbeit, die Bundesversammlung, trotz dieser klaren Legitimation unseres Kurses sich allerdings nicht durchringen konnte, für die künftigen Herausforderungen auch die nötigen Grundlagen abzusichern, lässt aufhorchen. Es bremst unsere Chancen, die Herausforderungen mit voller Kraft an allen notwendigen Stellen richtig anzugehen. Der Auftrag für Landeskammern und Bundeskammer, ihr Rollenverständnis den heute gegebenen Herausforderungen anzupassen und unsere Position den wachsenden Aufgaben entsprechend neu zu definieren – also mögliche Mitwirkungsrechte durch aktive Beteiligung und Verankerung von Rechten gegenüber Regierung, Institutionen und Körperschaften zu unterstützen – wurde nicht gewährt. Dabei wäre es nur konsequent gewesen, dass unser Parlament uns für die künftige Arbeit den Rücken stärkt.

Wir werden diese Kraft und das für unsere Aufträge nötige Durchhaltevermögen jetzt selbst mobilisieren müssen. Der Bundesvorstand wird sich künftig in seiner Arbeit sicherlich oft daran erinnern, dass ein wenig mehr Mut auf der Bundesversammlung in Frankfurt unserer Sache gut getan hätte. An der Überzeugung, dass wir den richtigen Weg gehen, wird dies allerdings nichts ändern. Der Souverän Bundesversammlung hat die Aufträge gesetzt. Wir sind in unserer Arbeit bestätigt.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter EngelPräsident der Bundeszahnärztekammer

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