Steuerverluste geltend machen

Letzte Gelegenheit

Am 31. Dezember 2013 ist Deadline. Bis dahin haben Aktionäre die Möglichkeit, das Finanzamt an Altverlusten, die bis Ende 2008 entstanden sind, zu beteiligen und so Steuern zu sparen – vorausgesetzt, sie haben Gewinne zum Verrechnen. Für Verluste jüngeren Datums gelten neue Regeln.

Kein engagierter Aktionär erinnert sich gern an die Hochzeit der Krise in 2008. Viele Anleger beklagen noch heute zum Teil horrende Verluste, die sie in dieser Zeit an der Börse erleiden mussten. Sind diese Verluste während der damals geltenden Spekulationsfrist von einem Jahr entstanden, kann sich der Betroffene wenigstens einen Teil des verlorenen Kapitals zurückholen – und zwar vom Finanzamt. Einzige Voraussetzung: Er muss neue Gewinne aus Geldanlagen wie Aktien, Anleihen oder Fonds erwirtschaftet haben, gegen die er die Verluste verrechnen kann. Dass sich diese Aktion lohnt, zeigt eine Rechnung, die Steuerberater Ulrich Rieck von VRT Bonn aufmacht: „Wer zum Beispiel einen Verlust von 100 000 Euro erlitten hat, kann sich bis zu 28 000 Euro zurückholen.“ Auf diese Weise werden die in jüngster Zeit erzielten Gewinne abgeltungssteuerfrei. Wer 100 Euro Gewinn macht, kann 100 Euro seiner Altverluste gegenrechnen.

Das funktioniert aber nur, wenn der Anleger die Altverluste in seiner Steuererklärung angegeben hat. Das Finanzamt erteilt dann einen Verlustfeststellungsbescheid und überträgt die Verluste jeweils ins nächste Jahr. Diese werden anschließend anhand der von den Banken ausgestellten Jahressteuer bescheinigungen mit späteren Veräußerungsgewinnen verrechnet. Dieses Verfahren ist im laufenden Steuerjahr letztmalig möglich. Die Frist läuft zum 31. Dezember 2013 aus.

Seit Einführung der Abgeltungssteuer zum 1. Januar 2009 verrechnen die Banken automatisch Gewinne mit Verlusten. Um die Altverluste geltend machen zu können, müssen mehr Gewinne als Verluste erwirtschaftet werden. Werden gewinnträchtige Papiere verkauft, wird die auf den Gewinn anfallende Abgeltungssteuer plus Solidarbeitrag mit den Altverlusten verrechnet und fließt über die Steuererklärung an den Anleger zurück. Dafür infrage kommen Wertpapiergewinne, auf die die Abgeltungssteuer anfällt. Dazu gehören Kursgewinne aus dem Verkauf von Aktien, Anleihen, Investmentfonds oder Termingeschäften. Die Altverluste können nicht mit Zinsen und Dividenden verrechnet werden.

Wer gewinnbringende Papiere verkauft, um damit Altverluste auszugleichen, sollte darauf achten, dass er nicht zu viel des Guten tut. Denn für einen Verlustbetrag von 4 000 Euro müssen nicht unbedingt Renditepapiere im Wert von 10 000 Euro veräußert werden.

Wie man ein Plus generiert

Bleiben am Ende des Jahres keine Gewinne übrig, um die Altverluste zu verrechnen, weiß Steuerberater Rieck eine Lösung: „Man muss Gewinne erzeugen.“ Dazu braucht man eine Anlage, die sowohl eine Gewinn- als auch eine Verlustkomponente aufweist. Es empfiehlt sich zum Beispiel der Kauf von Aktienanleihen, die nur noch eine kurze Restlaufzeit haben. Diese sollte circa drei bis vier Wochen betragen. Das Papier sollte mit einem hohen Kupon ausgestattet, also hoch verzinst sein. Der Anleger kauft diese Anleihen und zahlt die bis dahin aufgelaufenen Zinsen mit. Dann eröffnet er bei einer anderen Bank ein Depot, in das er nur diese Anleihen überträgt. Damit geht er sicher, dass keine anderen Verluste vorhanden sind, die vorrangig gegengerechnet werden könnten.

Anschließend verkauft er die Aktienanleihen. Mit dem Verkauf fließen die Stückzinsen inGestalt eines verrechenbaren Kursgewinns an ihn zurück. Denn in diesem Moment gelten die Zinsen als Gewinn. Wichtig ist der Verkauf vor dem Fälligkeitsdatum der Anleihe. Denn nur bis zu diesem Zeitpunkt zählen die Zinsen als Gewinn. Am Fälligkeitstag werden sie wieder zu Zinsen und für die Verrechnung mit den Verlusten unbrauchbar.

Die Bank berechnet auf den Gewinn die fällige Kapitalertragssteuer, die sie an das Finanzamt abführt. Der Kunde lässt sich dafür die Bescheinigung der Bank aushändigen, legt sie dem Finanzamt vor und lässt den Altverlust mit dem neuen Gewinn verrechnen. Den Verlust, der dem Anleger beim Kauf der Anleihen aufgrund der Bezahlung der Stückzinsen entstanden ist, lässt er sich als Verlustvortrag auf das nächste Jahr eintragen. Erzielt er dann Gewinne, kann er den Verlust damit aus-gleichen. Die ganze Aktion nimmt etwa einen Zeitraum von zwei Wochen in Anspruch.

Geeignete Aktienanleihen findet man etwa auf der Homepage der Börse Stuttgart. Dort die Endlaufzeit eingeben und die Liste nach Kupon sortieren lassen. Dann eine Aktien-anleihe aussuchen, die bis zur Fälligkeit allenfalls ein sehr geringes Restrisiko beinhaltet, bei der also der Basispreis deutlich unter dem aktuellen Kursniveau liegt.

Verluste ausgleichen

Etwas mehr Spielraum beim Jonglieren mit Altverlusten haben Ehepaare. Sie können Altverluste und neue Gewinne untereinander ausgleichen. Allerdings müssen sie darauf achten, dass die Bank Gewinne und Verluste der beiden automatisch ausgleicht. Wichtige Voraussetzung dafür sind getrennte Freistellungsaufträge. Erzielt zum Beispiel die Ehefrau einen Gewinn, zieht die Bank den Sparerpauschbetrag davon ab und führt für den Restgewinn die entsprechende Abgeltungssteuer plus Soli an das Finanzamt ab. Diese Steuer holt sich das Paar über seine gemeinsame Steuererklärung zurück. Das Finanzamt verrechnet die Gewinne der Frau mit den Altverlusten des Mannes. Dazu muss die Ehefrau die Bescheinigung der Bank über die bereits gezahlten Steuern einreichen.

Aber nicht nur bei Altverlusten besteht Handlungsbedarf. Aktiv werden müssen auch Anleger, die neue Verluste mit Gewinnen bei einer anderen Bank verrechnen wollen. Sie beantragen bis zum 15. Dezember eine Verlustbescheinigung bei der Bank. Die Verrechnung machen sie in der Steuererklärung für 2013. Versäumen sie diesen Termin, trägt die Bank das Minus auf das Jahr 2014 vor und gleicht es später mit steuerpflichtigen Gewinnen des Verlustdepots aus.

Ab 2014 können Steuerzahler ihre Altverluste nicht mehr mit Erlösen aus Wertpapierverkäufen verrechnen. Infrage kommen ausschließlich Gewinne, die sich aus privaten Veräußerungen ergeben. Dazu gehören zum Beispiel der Verkauf einer vermieteten Immobilie innerhalb von zehn Jahren oder die Veräußerung von Gold innerhalb der einjährigen Spekulationsfrist. Der jähr- liche Gewinn muss mindestens 600 Euro betragen.

Bankenhilfe gegen Bares

Banken, die sich auf die Vermögensverwaltung spezialisiert haben, bieten ihren Kunden eigene Lösungen für die Verarbeitung von Altverlusten an. Häufig entwickeln sie mithilfe von Zertifikaten Strategien, die sie genau passend auf die individuellen Bedürfnisse des jeweiligen Kunden zuschneiden. Diesen Service gibt es natürlich nicht umsonst. Auf eines müssen allerdings die Bankstrategen und auch der private Anleger, der sich seine Lösung selber strickt, achten: Sie müssen aufpassen, dass das Finanzamt nicht Umgehungsabsichten unterstellt. Die Altverluste blieben dann erhalten. Damit bei der Abwicklung der Altverluste alles in den richtigen Bahnen verläuft, sollten Anleger die Hilfe ihres Bank- oder Steuerberaters in Anspruch nehmen. Die Materie ist ziemlich komplex und kaum ein Zahnarzt hat die Zeit, sich neben seinem Beruf auch noch mit Steuerthemen auseinanderzusetzen.

Marlene EndruweitFachjournalistin für Wirtschaft

m.endruweit@netcologne.de

Info

Erst rechnen

Es macht keinen Sinn, gewinnbringende Aktien oder Anleihen mit guten Zukunftschancen zu verkaufen, um Altverluste ausgleichen zu können. Der Deal rechnet sich nur, wenn der steuerliche Vorteil die Gewinnchancen der Papiere überwiegt. Im Zweifel müssen die lieb gewonnenen Papiere zurückgekauft werden. Auch die Transaktionskosten sind zu berücksichtigen.

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