Patientenbindung

Tue Gutes und ...

Wie viel Marketing braucht eine Zahnarztpraxis? Eine pauschale Antwort kann es auf diese Frage sicher nicht geben. Fest steht allerdings: Für langfristigen Erfolg ist bisweilen (viel) mehr als nur rein zahnmedizinisches Fachwissen notwendig. Gut, wenn zudem auch Teamgeist, Außendarstellung und Patientenorientierung stimmen.

Obwohl das Institut der deutschen Zahnärzte (IDZ) in einer Studie aus 2009 bis zum Jahr 2030 ein ausgeglichenes Verhältnis von Angebot und Nachfrage für zahnärztliche Leistungen prognostiziert hat, fühlen sich fast 45 Prozent der befragten niedergelas-senen Zahnärzte einem starken Wettbewerb ausgesetzt. Davon besonders betroffen sind die Bereiche Preisgestaltung, Verhalten zum Patienten, Öffnungszeiten und Werbung – alles klassische Marketing-Felder.

Viele Zahnärzte sind sich inzwischen darüber im Klaren, dass fachliche Qualität und ein gutes Praxismanagement nicht ausreichen, um den wirtschaftlichen Erfolg langfristig zu sichern. Denn wie in jedem anderen Dienstleistungssektor liegt in einem stimmigen Erscheinungsbild mit entsprechendem Serviceangebot ein hohes Potenzial zur Steigerung des Gewinns. Professionelles Marketing kann sich für Zahnarztpraxen durchaus lohnen.

Konzept statt Gießkanne

Wichtig für den Erfolg der Maßnahmen ist allerdings die Entwicklung eines passenden Gesamtkonzepts, da Aktionen nach dem Gießkannenprinzip in der Regel wenig sinnvoll sind. Zu einer umfassenden Marketingstrategie gehören sowohl die Bestimmung des Status quo als auch eine Definition der angestrebten Ziele: Geht es eher darum, neue Patienten zu gewinnen? Sollen die bestehenden Patienten stärker gebunden werden? Je nach Zielsetzung ist eine unterschiedliche Ausrichtung der Marketing-Aktivitäten erforderlich – natürlich stets mit Blick auf die Zielgruppe, den Patienten. Denn getreu der bewährten Marketing-Weisheit „Der Wurm muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler“ ist eine unternehmerische Denkweise die wichtigste Voraussetzung beim Einsatz von Marketing-Instrumenten. Entsprechend sollte das Konzept Schritt für Schritt konsequent umgesetzt und zwischendurch im Hinblick auf die Erreichung der Ziele überprüft und gegebenenfalls angepasst oder weiterentwickelt werden.

Qualität statt Angebote

Bis vor wenigen Jahren war Ärzten fast jede Art von Werbung untersagt. Seit 2002 sieht das anders aus: Inzwischen sind sachliche, berufsbezogene Informationen gestattet und Werbung ist grundsätzlich zulässig. Anpreisende, irreführende und vergleichende Werbung bleibt jedoch weiterhin verboten.

Die Landeszahnärztekammern bieten Unterstützung hinsichtlich der Frage, was erlaubt ist und was nicht. Denn vielfach sind (angehende) Praxisbetreiber in diesem Punkt etwas unsicher. Möglicherweise ist dies einer der Gründe, warum manche Zahnärzte in Sachen Marketing noch zurückhaltend agieren. Fest steht jedoch: Würde ein Zahnarzt in der Tageszeitung mit knalligen Farben auf ein „Supersonderangebot für Plaque-Entfernung“ hinzuweisen, wäre das mit hoher Wahrscheinlichkeit rechtswidrig. Abgesehen davon, dass im schlimmsten Fall fachliche Kompetenz und Glaubwürdigkeit darunter leiden könnten. Von Zahnärzten erwartet man neben fachlicher Kompetenz eben Sachlichkeit und Qualität, keine Billig-Angebote.

Die vier Marketing-P’s

Wenn Zahnärzte sich dem Thema Marketing professionell nähern möchten, sollten sie sich daher zunächst einige wichtige Fragen stellen, die sich an den vier klassischen Instrumenten des Marketing-Mixes orientieren. Gemeint sind die „4P“: Product, Place, Promotion und Price. Hinter dem Begriff „Product“ (Produkt) verbirgt sich das Leistungs-angebot des Zahnarztes, also das Behandlungsspektrum und gegebenenfalls die fachlichen Schwerpunkte. Hier sollte jeder Zahnarzt individuell herausarbeiten, worin das eigene Leistungsportfolio besteht und inwieweit es sich von dem anderer Zahnärzte abhebt (Alleinstellungsmerkmal). Auch die Frage nach dem Service gehört in diesen Bereich.

Bei „Place“ (Vertrieb) geht es sowohl um die Gestaltung der Praxisräume als auch um sämtliche organisatorischen Abläufe, die im Rahmen einer Behandlung erbracht werden, wie beispielsweise die Terminvereinbarung oder die Teilnahme von Patienten an speziellen Erinnerungsprogrammen zur Prophylaxe.

Mit „Promotion“ ist die eigentliche Marketingkommunikation gemeint, also sämtliche Maßnahmen, die den Patienten über das Leistungsspektrum informieren und von der fachlichen Qualifikation überzeugen sollen. Wie diese Außendarstellung und Ansprache aussieht, hängt dabei aber nicht nur von den individuellen Vorstellungen des Zahnarztes (Spezialisierung, berufliches Selbstverständnis) ab. Es muss vor allem auf die Zielgruppen zugeschnitten sein.

Was den Bereich „Price“ angeht, so ergeben sich Behandlungshonorare in der Regel aus den Verrechnungssätzen, die von der Versicherung des Patienten vorgegeben sind. Aber auch Rabatte und Finanzierungsmodelle gehören in diesen Bereich.

Individuelle Betreuung

Das Thema Service wird von Zahnärzten ganz unterschiedlich interpretiert. Dr. Reinhard Kanzler, Autor des Buches „Serviceunternehmen Zahnarztpraxis“, definiert den Begriff beispielsweise als „jede Handlung, die die gesamte Beziehung zwischen der Praxis und potenziellen sowie bestehenden Patienten einerseits sowie die gesamte Beziehung zwischen Praxis und Mitarbeiterinnen andererseits fördert“. Seiner Meinung nach ist die Einbeziehung des gesamten Praxisteams unverlässlich, um dauerhaft einen qualitativ hochwertigen Service anzubieten. Schließlich erbringen vor allem die Mitarbeiterinnen aus Rezeption und Verwaltung einen großen Teil der Serviceleistungen.

Doch egal, wie gut die Termine koordiniert werden und wie kurz dadurch die Wartezeiten sind – in erster Linie kommt es beim Umgang mit Patienten auf eine freundliche und verbindliche Kommunikation an.

Dass im Patientenkontakt unbeabsichtigt immer wieder Fehler passieren, weiß auch die Qualitäts- und Praxismanagerin Monika Pohlkamp aus langjähriger Erfahrung. Ihr Kommunikationstraining hat schon vielen Arzt- und Zahnarztpraxen zu mehr Sicherheit im Umgang mit Patienten verholfen. Denn Missverständnisse entstehen oft, weil den Mitarbeitern das Bewusstsein für die eigene Körperhaltung und -sprache fehlt oder weil einfache Regeln der Kommunikation nicht beachtet werden.

Dienstleister sein

Doch ein Praxisteam kann für seine Patienten noch mehr tun als freundlich sein und im Gespräch auf individuelle Fragen oder Bedürfnisse eingehen. Für berufstätige Patienten sind unflexible Öffnungszeiten häufig ein Problem; hilfreich sind inso- fern lange Öffnungszeiten an bestimmten Wochentagen oder das Angebot, bei Bedarf auch an Samstagen eine Behandlung durchzuführen. Bei einem Zahnarzt, der nach größeren Eingriffen abends noch mobil zur Verfügung steht oder sogar kurz anruft, um sich nach dem Befinden zu erkundigen, fühlen sich Patienten sicherlich besser betreut als von jemandem, der per AB auf die diensthabende Notfallpraxis verweist.

Wer sich als Dienstleister sieht, muss diese Philosophie auch entsprechend leben. Viele Zahnärzte bieten daher inzwischen einen Recallservice, bei dem der Patient kurz vor dem Termin eine Erinnerung per SMS oder E-Mail erhält. Üblich ist auch die Erinnerung an den nächsten Prophylaxe-Termin, die per Post oder auf elektronischem Weg versandt wird. Ebenso sind persönliche Willkommensbriefe für neue Patienten oder regelmäßige Newsletter respektive Briefe, mit und ohne Infomagazin, keine Seltenheit mehr. Manche Zahnärzte versenden gar Bewertungsbögen, in denen Patienten (anonym) zu Wort kommen – eine gute Möglichkeit, um Qualität und Service einer Praxis zu überprüfen und gleichzeitig Anregungen oder Hinweise auf spezielle Wünsche zu erhalten. Als besonderen Service empfinden Patienten auch den Verkauf von Zahnpflegeartikeln zur Prophylaxe oder Ange-bote zur professionellen Kinderbetreuung. Letzteres bietet sich vor allem für Praxen an, die häufig zeitintensive Behandlungen durchführen.

Angst vor dem Zahnarzt ist in der Bevölkerung immer noch weit verbreitet. Einer Umfrage der Techniker Krankenkasse aus 2009 zufolge ängstigen sich 19 Prozent der Befragten vor jedem Zahnarztbesuch; weitere 25 Prozent immerhin vor größeren Eingriffen. Um keine negativen Gefühle aufkommen zu lassen, legen viele Praxen bei der Einrichtung daher Wert darauf, eine entspannte Atmosphäre zu schaffen.

Es gibt verschiedene Möglichkeiten, dem Patienten erfolgreich die Angst vor der Behandlung zu nehmen: Durch Räumlichkeiten, die wirken wie ein gemütlich eingerichtetes Wohnzimmer, kunstvolle Deckengemälde, entspannende Musik oder angenehme Düfte. So heißt es beispielsweise auf der Website einer Berliner Zahnarztpraxis: „Wir möchten alles dafür tun, damit Sie sich als Patient bei uns so wohlfühlen, dass Sie beinahe vergessen, in einer Zahnarztpraxis zu sein.“

Negative Gefühle nehmen

Ein virtueller Rundgang durch die Praxisräume soll dies untermauern: Am Empfang gibt es wahlweise Limetten-Wasser mit Minze, Orangen-Wasser mit Zimt, Cappuccino oder Latte macchiato. Der Wartebereich, so der Webseitentext, ist eine „Warteoase zum Wohlfühlen und Entspannen“, ein Massagesessel soll dafür sorgen, dass ungute Gefühle gar nicht erst aufkommen. Wem das nicht reicht, für den hält die Praxis sogar einen separaten Entspannungsraum vor.

Eine Zahnarztpraxis aus Memmingen schafft laut Internetseite eine „angenehme Atmosphäre und Ruhe“ durch entspannenden Lavendelduft und angenehmes Licht. Zusätzlich zur räumlichen Umgebung setzt sie ganz besonders darauf, persönliches Vertrauen zum Patienten herzustellen. Dass Patienten „von Anfang an eng in die Befunderhebung, Planung und die Durchführung einbezogen“ sind, ist daher (wie anderenorts auch) selbstverständlich.

Weiteres Beispiel: Eine Zahnärztin aus Straubing hat ihre „Praxis für sanfte Zahnmedizin“ in warmen, sanften Farben und hellen Holztönen eingerichtet. Sie konzentriert sich darauf, Ängste gar nicht erst entstehen zu lassen und widmet sich be-sonders den kleinen Patienten. Auf ihrer Website heißt es: „Kinder sollten den Besuch beim Zahnarzt von Anfang an als positives Erlebnis empfinden. Daher ist es wichtig, dass die kleinen Patienten liebevoll, geduldig und besonders einfühlsam betreut werden.“ Ein Kinderbereich mit Kuschelzonen lädt vor der Behandlung zum Spielen ein.

Patienten zur Praxis lotsen

Zuallererst müssen die Patienten allerdings den Weg in die Praxis finden. Auch in diesem Punkt besteht hinsichtlich der Außendarstellung in manchen Praxen möglicherweise noch Optimierungsbedarf. Neue Patienten zu gewinnen, kann auf unterschiedliche Art gelingen: Neben dem klassischen Empfehlungsmarketing, besser bekannt als Mund-zu-Mund-Propaganda, helfen auch sichtbar angebrachte Praxisschilder, Einträge in Suchmaschinen beziehungsweise Telefon- und Branchenbüchern oder auch die eigene Internetpräsenz, für die jedoch die Bestimmungen des Arzt- werberechts gelten. Das heißt, die Aussagen auf der Website müssen sachlich sein und dürfen den Patienten lediglich über das Angebot informieren sowie organisatorische Angaben wie Lage, Sprechzeiten, Parkmöglichkeiten, barrierefreie Zugänge, Telefon, Fax und E-Mail-Adresse enthalten.

Pflichtangaben sind hingegen die Berufsbezeichnung, der Staat, in dem der Abschluss erworben wurde, die zuständige Aufsichtsbehörde und die bestehende Haftpflichtversicherung. Zusätzlich müssen die Forderungen des Telemediengesetzes beachtet werden. Entsprechende Richtlinien werden vonseiten der Kammern herausgegeben und sollten zwingend beachtet werden.

Die Gestaltung einer barrierefreien Website ist sinnvoll, um die Zugänglichkeit auch für Menschen mit Behinderung zu gewährleisten. Und in Zeiten des mobilen Internets sollten Zahnmediziner schon jetzt berücksichtigen, dass nicht jede Website auf Endgeräten wie Smartphones und Tablet-PCs lesbar ist.

Ebenfalls ein wichtiger Aspektist das Thema Suchmaschinenoptimierung. Denn ohne entsprechende Texte auf der Website (Keyword-Dichte) und die Wahl der passenden Meta-Tags wird auch die schönste Website im Netz schlecht oder gar nicht gefunden.

Dagmar Klose (Dipl.-Päd.)Fachjournalistin für Gesundheit

Harfelder Weg 18

48301 Nottuln

Werbemaßnahmen für Zahnärzte unterliegen zwar bestimmten Regelungen, doch dieses Praxisschild ist legal und zudem sicherlich für viele Passanten ein Blickfang.

Foto: Vario Images

Teamgeist: Kollegialität und ein guter Mannschaftsgeist der Mitarbeiter erleichtern den Arbeitsalltag und wirken sich positiv auf die Patienten aus.

Foto: Vario Images

Der Servicecharakter hat viele Gesichter – er reicht von kleinen Aufmerksamkeiten im direkten Kontakt bis zu patientenfreund- lichen Hinweisen im Internet.

Foto: D-Pietsch

Foto: Vario Images

Patienten freuen sich über eine behagliche Atmosphäre in der Praxis; diese lässt sich oft schon mit wenigen, aber geschmackvollen Accessoires erzielen.

Foto: Vario Images

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