Zahnärztliche Patientenberatung

Kompetent informiert

Die Patientenberatung spielt eine immer bedeutendere Rolle im Gesundheitswesen. In der Zahnärzteschaft hat man die Wichtigkeit aufgeklärter und informierter Patienten schon länger erkannt: Seit den 1990er-Jahren hilft und unterstützt der Berufsstand Ratsuchende durch seine Beratungsstellen. Der Öffentlichkeit ist das aber nur wenig bekannt. Ein gemeinsames Projekt von KZBV und BZÄK soll die Patientenberatung im zahnmedizinischen Bereich nun weiter verbessern und die Bekanntheit steigern.

Eric Bauer

Der moderne Patient ist mündig, selbstbestimmt, kritisch und möchte dem Behandler auf Augenhöhe begegnen. Das erleben Mediziner und Zahnmediziner in Deutschland Tag für Tag. Das kann aber auch zu Konfliktfällen zwischen Behandler und Patient führen. Auch hier greifen die zahnärztlichen Patientenberatungsstellen ein.

„Generell hat die Patientenorientierung im Gesundheitssystem in den letzten Jahren deutlich zugenommen“, erklärt BZÄK-Vizepräsident Prof. Dietmar Oesterreich. Auch sei das traditionelle Arzt-Patienten-Verhältnis mit alleiniger Entscheidungssouveränität des Arztes einer partnerschaftlichen Beziehung gewichen, die sich durch eine stärkere partizipative Beteiligung des Patienten an den medizinischen Entscheidungsprozessen auszeichne. Denn mit dem wissenschaftlichen Fortschritt in Medizin und Zahnmedizin wächst die Zahl der Therapieoptionen und damit der Informationsbedarf der Patienten.

Fachlich fundiert beraten

„Die umfassende Beratung und Aufklärung durch seinen Zahnarzt ist für den Patienten von zentraler Bedeutung“, sagt Oesterreich. Sollten bei circa 200 Millionen Patientenkontakten und circa 60 Millionen Behandlungsfällen im Jahr dennoch Probleme oder Fragen zu Diagnose, Therapie oder Rechnung auftauchen, gibt es ein gut etabliertes Netz an zahnärztlichen Patientenberatungsstellen, Gutachtern und Schlichtungsstellen.

Ziel der Beratungsstellen ist es, die Eigenverantwortlichkeit und Souveränität des Patienten zu unterstützen. Sie sind ein vieltausendfach bewährtes, im Gesundheitswesen einmaliges Qualitätssicherungselement.

„Seit Anfang der 1990er-Jahre stellt der Berufsstand ratsuchenden Patienten eine umfassende und fachlich fundierte Beratung rund um alle Fragen zur Zahnmedizin zur Verfügung“, erklärt der Stellvertretende Vorsitzende der KZBV, Dr. Wolfgang Eßer. Diese Beratung wird durch ein Gutachterverfahren ergänzt. Die Gutachter sind von Kassen und KZVen einvernehmlich bestellt. „Hier ist seit Jahren ein qualitätsgesichertes Verfahren etabliert, das großes Vertrauen bei allen Beteiligten genießt“, sagt Eßer.

In den Beratungsstellen können sich Patienten nicht nur zu Fragen der Abrechnung, sondern auch zu fachlichen Themen umfassend informieren. Die Beratungsteams klären über Diagnosen, Befunde, Therapien und Behandlungsalternativen auf Grundlage des Heil- und Kostenplans auf. Mit Einführung der Festzuschüsse beim Zahnersatz im Jahr 2005 wurde die Beratung durch ein „Zweitmeinungsmodell“ ergänzt. Die KZVen bieten den Patienten damit einen weiteren Service: Wenn Zahnersatz benötigt wird und bereits ein Heil- und Kostenplan des behandelnden Zahnarztes vorliegt, kann kostenlos eine neutrale, fachlich fundierte zweite Meinung dazu eingeholt werden. Erfahrene und speziell geschulte Zahnersatzgutachter beraten unter anderem hinsichtlich der Art der vorgeschlagenen Therapie und der damit verbundenen Kosten (mehr unter:www.zahnarzt-zweitmeinung.de). Darüber hinaus steht es Patienten natürlich immer frei, sich auf Grundlage der freien Zahnarztwahl in einer weiteren Praxis eine zweite Meinung einzuholen.

Hoher Standard garantiert

Auch bei Konfliktfällen stellt die Zahnärzteschaft ein etabliertes Netzwerk zur Verfügung, in dem die Patientenberatungsstellen eine Lotsenfunktion übernehmen. Durch ein koordiniertes Vorgehen zwischen den Kammern und den KZVen würden Zuständigkeitsbereiche abgeklärt beziehungsweise die zuständigen Gremien mit den Anfragen und Problemen der Patienten konfrontiert und auch unter Einbeziehung der Stellungnahme des behandelnden Zahnarztes mögliche Lösungswege aufgezeigt, erklärt BZÄK-Vizepräsident Oesterreich. Der Patient habe somit die Möglichkeit, fachkompetenten Rat und gleichzeitig Lösungsmöglichkeiten zu bekommen. Das vertragszahnärztliche Gutachterverfahren sei ein weiteres allseits anerkanntes Beratungsinstrument, so Eßer.

Die Patientenbehandlung kann vor, während oder nach einer Behandlung begutachtet werden. Der Gutachter beurteilt, ob eine geplante Therapie angemessen beziehungsweise von der Krankenkasse zu übernehmen ist. Hierbei handelt es sich um ein Planungsgutachten, die den überwiegenden Teil der Gutachten ausmachen. Im Jahr 2011 seien im Bereich Zahnersatz insgesamt knapp 142 000 Planungsgutachten durchgeführt worden, berichtet die KZBV. Im Nachgang einer Behandlung könne ein Mängelgutachten angefordert werden. Laut KZBV-Geschäftsbericht wurden 2011 bei 10,3 Millionen prothetischen Behandlungsfällen lediglich 16 145 Mängelgutachten angefordert. Das Gutachterverfahren dient der fachlichen Beurteilung eines Behandlungsplans. Dadurch wird die Behandlungsqualität überprüft und gefördert. Gleichzeitig stellt das Verfahren zum Teil auch eine vorgezogene Wirtschaftlichkeitsprüfung des Behandlungsplans dar.

Bei einem Konflikt zwischen Patient und Zahnarzt kann die Schlichtungsstelle der Kammer angerufen werden. In neun von zehn Fällen wird so eine außergerichtliche Einigung erzielt, berichten Eßer und Oesterreich. Durch dieses Gutachter- und Schlichtungssystem könne der Berufsstand einen sehr hohen Behandlungsstandard garantieren.

Die 2012 veröffentlichte Broschüre „Patienten im Mittelpunkt – Die Patientenberatung der Zahnärzte in Deutschland“, herausgegeben von der BZÄK und der KZBV, stellt das Leitbild und die Grundprinzipien der zahnärztlichen Beratungseinrichtungen vor, gibt einen Überblick über das Beratungsspektrum und informiert über die Maß- nahmen der zahnärztlichen Selbstverwaltung zu Management und Qualität ihrer Beratungsleistungen.

Aber die zahnärztliche Patientenberatung steht längst nicht mehr allein da. In den vergangenen Jahren haben sich eine Reihe von Beratungsangeboten etabliert, die die Aufklärung des Haus(zahn)arztes ergänzen oder im Beschwerdefall Unterstützung anbieten. Dazu gehören Angebote von Selbsthilfegruppen, zunehmend aber auch breit aufgestellte Beratungsangebote durch einzelne Krankenkassen, Verbraucherzentralen oder die Unabhängige Patientenberatung Deutschlands (UPD). Nach einer fast zehnjährigen Modellphase wurde die UPD zum 1. Januar 2011 zum Regelangebot der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) überführt. Sie soll den Patienten eine neutrale und weiterführende Beratung anbieten und dabei helfen, ihre Rechte gegenüber den Krankenkassen und den Leistungserbringern möglichst selbstständig wahrzunehmen.

Eingeschränktes Know-how

Die Beratungsarbeit der UPD wurde kürzlich vom IGES Institut im Auftrag der Bundesregierung überprüft und dabei als qualitativ hochwertig beurteilt. Allerdings sieht die Bundesregierung unter anderem noch Verbesserungsbedarf bei der Erreichbarkeit, bei der Vollständigkeit und der Korrektheit der Informationen sowie bei der Kooperation und dem Verweis auf andere Beratungsangebote.

Hier ist speziell aus zahnmedizinischer Sicht eine Verbesserung zu erhoffen. Denn die UPD soll ausdrücklich auch eine Lotsenfunktion übernehmen und auf weiterführende Beratungsangebote verweisen. „Kammern und KZVen bieten den Patienten hochwertige und spezialisierte Informationen, die die UPD in dem Umfang gar nicht zu erbringen vermag, da sie nicht flächendeckend über zahnärztliches Know-how verfügt“, erklärt der Stellvertretende KZBV-Vorsitzende Eßer. Aus diesem Grund wurde die Kooperation von BZÄK und UPD im Oktober 2012 um die KZBV zu einem trilateralen Abkommen erweitert. Ziele der Zusammenarbeit sind die Schaffung wechselseitiger Transparenz der zahnärztlichen Beratungsangebote von Kammern, KZVen und UPD durch einen regelmäßigen Informationsaustausch sowie die Schaffung von Voraussetzungen für eine Kooperation der Beratungsangebote der zahnärztlichen Körperschaften auf Länderebene mit den UPD-Beratungsstellen.

Beratung weiterentwickeln

Dass eine Abstimmung über den Inhalt, die Erfassung, aber auch die Auswertung der Beratung der Patienten zu zahnmedizinischen Fragen dringend geboten ist, zeigte der erste sogenannte Seismografenbericht der UPD vom November 2010. Der Bericht wies für den Bereich der Zahnmedizin einen Beschwerdeanteil von 29 Prozent aus. Unabhängig von einzelnen methodischen Schwächen, die in trilateralen Gesprächen zwischen UPD, BZÄK und KZBV ausgeräumt wurden, sei den Verantwortlichen von BZÄK und KZBV deutlich vor Augen geführt worden, dass der Berufsstand solchen Berichten anderer Stellen trotz seines eigenen einzigartigen Beratungsangebots wenig entgegensetzen kann, da es unter anderem an einer methodisch sauberen und einheitlichen Erfassung der Beratungsleistungen fehlt.

Um auf eine Vergleichbarkeit der zahnärztlichen Patientenberatung hinzuwirken, hat die gemeinsame Koordinierungskonferenz der Patientenberatungsstellen im November 2011 eine bundesweit einheitliche Erfassung, Evaluierung und Publikation der Ergebnisse empfohlen. Eine wesentliche Motivation war, dass der Berufsstand nicht wie in der Vergangenheit durch Vorwürfe der Intransparenz im Rahmen des zahnärztlichen Versorgungsgeschehens zu den Getriebenen, sondern selbstbewusst zu einer gestaltenden Kraft im Bereich der Patientenberatung wird. „Der hohe Anteil von Beschwerden aus dem zahnärztlichen Bereich, niedergelegt im letzten Seismografenbericht der UPD, war für uns alle ein deutlicher Warnschuss“, sagt Oesterreich. Die zahnärztliche Fachkompetenz ist aber die Stärke der Beratung in den Körperschaften. Deshalb sehen es die Verantwortlichen auf Landes- und Bundesebene als notwendig an, dass der zahnärztliche Berufsstand sich selbst ein Bild von den vermeintlichen Missständen macht, um Abhilfe zu schaffen.

Die Zahnärzteschaft leiste jedes Jahr eine riesige Zahl an Beratungsgesprächen, die für den Patienten kostenfrei bleiben, so die KZBV. Allerdings werden sie auf Landesebene unterschiedlich erfasst und evaluiert. Nur durch eine Erfassung, die bundesweit nach einheitlichen Kriterien erfolgt, sei eine Evaluierung möglich. Eßer: „Nur so können wir mit diesem Pfund angemessen wuchern. Dann wird die Beratungsleistung des Berufsstands transparent und vergleichbar mit der anderer Beratungsträger.“

Zur Erreichung dieses Zieles kooperieren KZBV und BZÄK in der gemeinsamen Arbeitsgruppe (AG) „Projekt Patientenberatung“, bei der auch Vertreter des Instituts der Deutschen Zahnärzte (IDZ) und des Zentrums Zahnärztliche Qualität mitarbeiten.

Die AG hat kürzlich eine Projektskizze erarbeitet, die von den zahnärztlichen Körperschaften auf den Weg gebracht wurde.

Das gemeinsame Projekt verfolgt primär das Ziel, die Beratung und Information der Patienten weiterzuentwickeln. Die zahnärztlichen Patientenberatungsstellen sollen in die Lage versetzt werden, ihre Leistungen nach einheitlichen Kriterien zu erfassen und auszuwerten, um einen Vergleich mit den Erkenntnissen anderer Beratungsangebote zu ermöglichen. Außerdem soll das Angebot der zahnärztlichen Patientenberatung gegenüber der breiten Öffentlichkeit transparenter und attraktiver gemacht werden. „Dies war insbesondere ein wichtiger Wunsch, der aus den Selbstverwaltungen der Länder an die BZÄK und KZBV bereits 2012 herangetragen wurde“, sagt Oesterreich. „Dabei sollte auch durch eine Evaluation der Ergebnisse aus den Beratungsstellen eine valide Datengrundlage entstehen, die regelmäßig publiziert wird.“ Etabliert werden soll ein lernendes System, im dem die Prozesse der Patientenberatung koninuierlich verbessert und weiterentwickelt werden können.

Besonderheiten abbilden

Das Projekt besteht aus mehreren Modulen. Begonnen wird mit der Zusammenstellung von Grundsätzen für die zahnärztliche Patientenberatung durch die Experten aus allen zahnärztlichen Patientenberatungsstellen der Länder. Dieses Vorgehen bietet den Vorteil, dass sich regionale Besonderheiten abbilden und ein Austausch über die Beratung stattfindet. Mit Unterstützung des IDZ unter Nutzung einer klaren wissenschaftlichen Methodik sollen auf diese Weise allgemeine Grundsätze entwickelt werden, die den zahnärztlichen Patientenberatungsstellen die Möglichkeit bieten, ihre Abläufe zu optimieren und die Beratung für die Öffentlichkeit auf Basis einer einheitlichen Erfassung und Auswertung verbessert darzustellen. Die Erarbeitung einer einheitlichen Erfassungssystematik ist ein zweiter wesentlicher Baustein des Projekts. „Der Berufsstand wird durch die einheitliche Erfassung und Evaluierung über eigene und mit den Ergebnissen der UPD vergleichbare Statistiken verfügen“, bestätigt Eßer. Er könne so auf bestehende Beratungsbedarfe reagieren, häufige Fragen und Probleme rechtzeitig erkennen und unter Umständen gegensteuern. „Kurz gesagt: Wir wollen die ohnehin schon gute Beratung noch weiter optimieren.“

Bis Juni 2015 soll das Projekt beendet sein, inklusive einer Evaluation und eines Abschlussberichts. Abschließend soll ein Handbuch für die Patientenberatung in den zahnärztlichen Körperschaften verfasst werden.

Tue Gutes, rede darüber

„Der Patient steht im Mittelpunkt zahnärztlichen Handelns“, erinnert Oesterreich. „Eine vertrauensvolle Zahnarzt-Patienten-Beziehung entsteht durch eine gute Beratung und ausführliche Informationen. Auf dieser Basis wird der Patient zum Co-Produzenten oraler Gesundheit und für den Zahnarzt bedeutet dies Berufszufriedenheit.“ Aufgrund der Gemeinwohlverpflichtung, aber auch um die Patientenberatung dauerhaft zu positionieren, sei die zahnärztliche Selbstverwaltung aufgefordert, ihre Beratung weiterzuentwickeln. Durch die Zusammenarbeit von KZBV und BZÄK im Projekt Patientenberatung erhalten die Zahnärzteorganisationen ein besseres Feedback für ihre Beratungstätigkeit. „Das, was die Kammern und KZVen Tag täglich in den Beratungsstellen leisten, wird mit dem Projekt ’sichtbar’ gemacht – nach dem Motto ’Tue Gutes und rede darüber’“, beschreibt der Stellvertretende KZBV-Vorsitzende die Öffentlichkeitswirkung. „Für die Patienten kann man die Beratung dadurch in Zukunft noch punktgenauer machen.“ Ein gut informierter und beratener Patient arbeitet besser mit seinem behandelnden Zahnarzt zusammen, hält sich an dessen Empfehlungen und vermeidet schädigende Verhaltensweisen. Er erleichtert dem Zahnarzt die Ausübung seiner Tätigkeit. So sieht ein modernes Arzt-Patienten-Verhältnis aus.

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