Zahnarztbezogene Übermittlung von Abrechnungsdaten

In Zukunft unverschlüsselt

Am 2. April 2014 hatte das Bundessozialgericht (BSG, Az: B 6 KA 19/13 R) Bestimmungen im Bundesmantelvertrag als rechtswidrig und nichtig qualifiziert, wonach bisher bei der Übermittlung der Abrechnungsdaten von den KZVen an die Krankenkassen eine verschlüsselte Zahnarztnummer vorgesehen war. Nach dem Willen des Gerichts ist die Pseudonymisierung von Zahnarztdaten unzulässig. Die schriftliche Urteilsbegründung liegt jetzt vor. Die KZBV hat dazu eine Analyse vorgenommen.

Das Bundessozialgericht hat entschieden, dass die beklagte KZV bereits gemäß § 295 Abs. 2 SGB V unmittelbar verpflichtet ist, der klagenden Krankenkasse als Bestandteil der Abrechnungsdaten auch die unverschlüsselte Zahnarztnummer des Vertragszahnarztes zu übermitteln. Dieser Anspruch ergibt sich danach unter Berücksichtigung des systematischen Zusammenhangs mit § 293 Abs. 4 SGB V und dem Zweck der Norm bereits unmittelbar aus dem Gesetz.

Eine Grundnorm zur Klarstellung

§ 293 Abs. 4 SGB V regelt ein bundesweites Verzeichnis der an der vertragszahnärztlichen Versorgung teilnehmenden Zahnärzte und Einrichtungen, das unter anderem eine unverschlüsselte Zahnarztnummer zu beinhalten hat und das von der KZBV dem GKV-Spitzenverband monatlich kostenlos zu übermitteln ist. Nach der Entscheidung des BSG handelt es sich dabei um eine „Grundnorm“, die eine nochmalige Klarstellung des allgemeinen Grundsatzes beinhaltet, dass Zahnarztnummern nach dem SGB V stets unverschlüsselt zu übermitteln sind. Zwar sehe § 293 Abs. 4 Satz 4 SGB V eine Pseudonymisierung der Zahnarztnummern dadurch vor, dass diese so zu gestalten sind, dass sie ohne zusätzliche Daten über den Zahnarzt nicht einem bestimmten Zahnarzt zugeordnet werden können. Diese Pseudonymisierung gelte jedoch nur gegenüber außenstehenden Dritten, nicht aber gegenüber Krankenkassen, da ergänzend bestimmt sei, dass bei der Ausgestaltung der Zahnarztnummer zu gewährleisten sei, dass eine Identifikation des Zahnarztes auch für die Krankenkassen und ihre Verbände für die gesamte Dauer der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ermöglicht wird.

Nur so könnten die Krankenkassen auch ihren Verpflichtungen gemäß § 106 a SGB V zur Prüfung der Plausibilität der Abrechnungen nachkommen, da dies die Kenntnis der Person des betroffenen Zahnarztes voraussetze, zumal auch nur dann ein begründeter Verdacht im Sinne einer Veranlassung zur Prüfung entstehen könne. Auch wenn § 295 SGB V lediglich eine Datenübermittlungsvorschrift hinsichtlich der Abrechnung zahnärztlicher Leistungen darstelle, sei daher eine weitergehende Regelung auch zur Datenübermittlung für Zwecke der Abrechnungsprüfung in diese Norm im Wege der gesetzesergänzenden Auslegung hineinzulesen.

Zahnarztbezug vormals nicht erforderlich

Demgegenüber waren die Bundesmantelvertragspartner und auch das Bundesschiedsamt für die vertragszahnärztliche Versorgung davon ausgegangen, dass Krankenkassen jedenfalls für die in § 295 SGB V geregelte Leistungsabrechnung nicht über personenbezogene Informationen verfügen müssen. Dementsprechend hat auch seinerzeit der Bundesbeauftragte für den Datenschutz zu einer anderslautenden Entscheidung des Bundesschiedsamtes aus dem Jahre 1995 darauf hingewiesen, dass eine zahnarztbezogene Datenübermittlung jedenfalls im Bereich der Abrechnungsdaten nicht erforderlich sei und daher weder mit den gesetzlichen Bestimmungen in den §§ 293 ff. SGB V noch mit dem allgemeinen Grundsatz der Datensparsamkeit im Einklang stehe.

Darauf aufbauend hatten die Bundesmantelvertragspartner eine Übermittlung lediglich verschlüsselter Zahnarztnummern vereinbart, die von den KZVen auf besondere Anforderung seitens der Krankenkassen unter Verwendung eines vertraglich vereinbarten Begründungskataloges repersonalisiert werden. Diese Regelungen sind auch in einer späteren Entscheidung des Bundesschiedsamtes im Jahre 2008 bestätigt worden – vor dem Hintergrund der zwischenzeitlichen Neufassung von § 293 Abs. 4 SGB V und der darin ausdrücklich enthaltenen Regelung, dass die Zahnarztnummer so zu gestalten ist, dass sie ohne zusätzliche Daten nicht einem bestimmten Zahnarzt zugeordnet werden kann. Diese Prinzipien wurden auch einem weiteren Vertrag über den Datenträgeraustausch zwischen der KZBV und dem GKV-Spitzenverband im Jahre 2010 hinsichtlich der Abrechnung der vertragszahnärztlichen Leistungen in allen Leistungsbereichen zugrunde gelegt.

Vorinstanzen haben Verschlüsselung bestätigt

Diese Regelung ist in den Vorinstanzen auch jeweils bestätigt worden. Hierbei hat das LSG Bayern (Urteil vom 17.10.2012, L 12 KA 5021/09) unter anderem darauf abgestellt, dass in § 293 Abs. 4 SGB V hinsichtlich des bundesweiten Zahnarztverzeichnisses eine unverschlüsselte Zahnarztnummer ausdrücklich gesetzlich geregelt worden ist, wohingegen eine entsprechende Festsetzung in § 295 Abs. 2 SGB V hinsichtlich der Abrechnungsdaten fehlt. Daraus hat das LSG Bayern die Folgerung gezogen, dass die nähere Ausgestaltung der Datenlieferungen gem. § 295 Abs. 3 SGB V den Bundesmantelvertragspartnern überlassen worden ist.

BSG zieht umgekehrte Schlüsse

Nunmehr hat das BSG aus diesem Normzusammenhang den umgekehrten Schluss gezogen. Bemerkenswert ist dabei die Bewertung der Bestimmungen in § 293 Abs. 4 Satz 4 SGB V, der insgesamt Bestandteil der Regelungen zu den Inhalten und zur Verwendung des bundesweiten Zahnarztverzeichnisses der KZBV ist. Während hervorgehoben wird, dass der zweite Halbsatz dieser Bestimmung, wonach zu gewährleisten ist, dass die Zahnarztnummer eine Identifikation des Zahnarztes auch für die Krankenkassen und ihre Verbände für die gesamte Dauer der vertragszahnärztlichen Tätigkeit ermöglicht, auf die Krankenkassen Anwendung findet, wird im Rahmen einer „Gesamtschau“ der Geltungsbereich des ersten Halbsatzes, der bestimmt, dass die Zahnarztnummer so zu gestalten ist, dass sie ohne zusätzliche Daten über den Zahnarzt nicht einem bestimmten Zahnarzt zugeordnet werden kann, auf Dritte begrenzt.

Dabei bleibt nicht nur unberücksichtigt, dass die Norm insgesamt das Verhältnis der KZBV zum GKV-Spitzenverband und die Verwendung des bundesweiten Zahnarztverzeichnisses durch die Krankenkassen regelt, sondern auch die Tatsache, dass der zweite Halbsatz von § 293 Abs. 4 Satz 4 SGB V ausdrücklich auf den ersten Halbsatz Bezug nimmt, in dem hinsichtlich der dort angeordneten Pseudonymisierung der Zahnarztnummer bestimmt wird, dass „dabei“ eine Identifikationsmöglichkeit für die Krankenkassen gewährleistet bleiben muss.

Bereits vor diesem Hintergrund erschließt sich nicht, warum aus diesem Normkomplex lediglich der zweite, nicht aber der erste Halbsatz auch auf das Verhältnis der KZBV zum GKV-Spitzenverband beziehungsweise zu den Krankenkassen anwendbar sein soll. Auch wird nicht dargelegt, wieso dem Erfordernis einer Repersonalisierbarkeit der Zahnarztnummer für die Krankenkassen nicht bereits durch die bundesmantelvertraglich vorgesehene Repersonalisierung auf Aufforderung durch die Krankenkassen Rechnung getragen worden ist.

Bundesmantelvertrag muss angepasst werden

Ungeachtet dessen wird die Entscheidung Veranlassung geben, über eine Anpassung des Bundesmantelvertrages unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des BSG zu verhandeln. Ziel sollte dabei eine von beiden Vertragspartnern getragene und damit nicht erneut konfliktbelastete Regelung nicht nur der Inhalte und des Verfahrens des Datenträgeraustausches, sondern auch der darauf aufbauenden Prüfungsverfahren sein. Zusätzliche Verwaltungsaufwendungen und zeitliche Verzögerungen im Zusammenhang mit Prüfungsverfahren sollten im Nachgang der Entscheidung des BSG nach Möglichkeit verhindert und idealerweise sogar eine Verfahrensvereinfachung ermöglicht werden.

Dr. Thomas MuschallikLeiter des Justiziariats der KZBVUniversitätsstraße 7350931 Köln

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