Ernährung und Kindergesundheit

Kindliches Essverhalten richtig umstellen

Dr. Wibke Bein-Wierzbinski ist in Hamburg mit ihrer pädagogischen Praxis für Kindesentwicklung niedergelassen. Gerade referierte sie auf der Kieler Kinderkonferenz zum Thema „Frühkindliches Entwicklungspotenzial abseits von Pommes, Cola und Burgern – was wir den Eltern von Problemkindern vermitteln können“. Hier hat sie ihren Vortrag zusammengefasst.

Die Ernährung spielt bei der Entwicklung des orofazialen Bereichs eine große Rolle. Bei sogenannten „Problemkindern“, die im Alltag etwa durch immer wiederkehrende Infekte der oberen Luftwege, durch myofunktionelle Störungen, durch Mundatmung, durch ein kariöses Milchzahngebiss und durch eine unphysiologische Zahn- und Kieferstellung auffallen, scheint es eine Wechselbeziehung zu geben zwischen Ernährungsgewohnheiten und orofazialen Auffälligkeiten. Bei diesen Kindern lässt sich häufig ein verstärktes Verlangen nach weicher Nahrung und schnell verdaulichen Kohlenhydraten beobachten.

Schnell rät man den Eltern betroffener Kinder, sie sollen mehr auf eine gesunde Ernährung ihrer Kinder achten mit Vollkornprodukten und knackig frischem Gemüse, damit der Kauapparat genutzt wird und die myofunktionellen Störungen gemindert werden. Doch im Alltag lassen sich diese gut gemeinten Ratschläge in den Familien meist schlecht umsetzen. Die betroffenen Kinder weigern sich, die gesunden Nahrungsmittel anzunehmen und fallen schnell in ihr altes Ernährungsverhalten zurück. Die Gründe hierfür sind meist vielschichtig: Neben fehlender Vorbildfunktion seitens der Eltern und zum Teil fehlendem Wissen bezüglich gesund erhaltender Nahrungsmittel sind es auch die Gesundheitsumstände an sich, die die Kinder zum Fast-Food-Essverhalten führen.

Aussehen der Kinder bietet Rückschlüsse zur Nahrung

Antlitzdiagnostisch fällt auf, dass die betroffenen Kinder meist erschöpft aussehen. Besonders im Winter wirkt ihr Teint blass-wächsern, was nach dem Heilpraktiker Heinrich Tönnies einer zu geringen Versorgung an Vitamin D und Kalzium entspricht. Viele Kinder weisen zudem bläulich-graue Ringe unter den Augen auf, häufig Zeichen für eine Eisenunterversorgung. Auch lassen sich geschwollene Augenlider und Schwellungen im Bereich des Jochbeins beobachten, die auf eine zu geringe Funktion der Nebennieren sowie auf eine Unterversorgung an essenziellen Fettsäuren schließen lassen. Und fast immer ist eine etwas nach außen gestülpte, dickere und leuchtend rote Unterlippe zu beobachten – Zeichen für Verdauungsstörungen mit entzündlichen Prozessen im Darmbereich mit zum Teil allergischen Reaktionen auf Lebensmittel. Bei körperlicher Anstrengung färben sich die Wangen und Teile der Ohren schnell rot bis bläulich-rot, wobei das restliche Gesicht eher grau-bläulich bis weiß wirkt. Auch hieran zeigt sich die körperliche Erschöpfung, gepaart mit Kreislaufschwäche und mangelnder Regeneration.

Damit Kinder, die Probleme mit der Aufnahme von vollwertiger und zum Teil bissfester Nahrung haben, diese auch kauen und verdauen können, ist neben der Regulierung der Zahnstellung sowie einer myofunktionellen und neuromotorischen Begleittherapie insbesondere die Verbesserung ihrer Verdauung und damit einhergehend auch ihrer Konstitution notwendig. Ein erschöpftes Kind wird immer wieder zu schnell verdaulichen Kohlenhydraten tendieren anstelle von vollwertigen. Man kennt dieses Phänomen vielleicht von sich selbst: Wenn man sehr im Stress ist, stößt man nach dem Essen von Vollkornbrot sauer auf. Man hat das Gefühl, dass es viel zu schwer im Magen liegt. Weißbrot hingegen lässt sich in diesen Situationen gut vertragen.

Kinderverdauung anregen

Stärkung der Magenfunktion: herzhaftes Frühstück

Die Eiweißverdauung sowie die Aufnahme von Eisen und Kalzium beginnt mit einem starken Magen. Seine Hauptaktivitätszeit liegt zwischen 7 und 9 Uhr morgens. Es ist daher sinnvoll, proteinreiche, herzhafte Nahrungsmittel (Wurst, Käse) am Morgen zu konsumieren anstelle der vermeintlich gesunden Frühstücksflocken mit basisch wirkender Milch oder kakao- und zuckerhaltigen Lebensmitteln, die die Eisenaufnahme verhindern und den Blutzuckerspiegel nur kurzfristig hochschnellen lassen.

Verbesserung der Darmfunktion: kein konserviertes Gemüse oder Kartoffeln

Pflanzliche Nahrungsmittel, wie etwa Gemüse, Kartoffeln und Getreide, enthalten Celluloseschichten, sogenannte unverdaubare Ballaststoffe. Im Verlauf des mikrobiellen Abbaus im Darm werden aus ihnen unter anderem kurzkettige Fettsäuren gebildet, die einerseits wichtig für die Gesunderhaltung der Darmepithelzellen sind. Dies ist ein wichtiger Aspekt bei Nahrungsmittelunverträglichkeiten.

Andererseits fördern kurzkettige Fettsäuren die Darmperistaltik. Damit dieser Prozess möglich ist, dürfen die Celluloseschichten nicht zu stark denaturiert worden sein. Zuvor tiefgekühlte oder im Schnellkochtopf oder Steamer gegarte Gemüse und Kartoffeln weisen meist aufgequollene Cellusoseschichten auf, die nicht mehr zu kurzkettigen Fettsäuren abgebaut werden können. Es kommt zu entzündlichen Prozessen im Darm – mit der Folge, dass Gemüse, Kartoffeln und Vollgetreide nicht mehr vertragen werden.

Zur Verbesserung der Darmfunktion sollten nur frische Gemüse konsumiert werden, die in mundgerechte Stückchen geteilt und in Butterfett und etwas Meersalz in einer Pfanne kurz angebraten werden. Industriell gefertigte und konservierte Kartoffelprodukte sollte man meiden. Am besten zu verdauen sind frisch gegarte Pell- und Ofenkartoffeln, die nicht länger warm gehalten wurden.

Stärken der Leberfunktion:

Die Leber spielt beim Abbau und bei der Ausscheidung von Stoffen eine zentrale Rolle. Besonders während des Schlafens sorgt sie für eine gute Regeneration. Hierzu werden insbesondere Magnesium, Niacin, Vitamin A und E sowie Polysaccharide benötigt. Besonders bekömmlich ist ein vegetarisches Abendessen mit Gemüse und Getreide, abgeschmeckt mit Butterfett oder gutem Öl. Tierische Proteine am Abend hingegen vermindern die Leberfunktion entscheidend, sodass der Körper sich nur schlecht erholen kann.

Verändern der Trinkgewohnheiten:

Wasser statt Fruchtsäfte und Milchgetränke

Fruchtsäfte enthalten neben den hohen Zucker- und Säurewerten, die den Zahnschmelz angreifen und ein kariöses Milchzahngebiss verursachen können, auch – so wie Milch – hohe Kaliumwerte. Ein ständiger Kaliumüberschuss führt zur Anschwellung der Nasenschleimhäute, zu wässrigem Fließschnupfen und häufig auch zu verstopften Atemwegen mit zum Teil Polypenbildung, resultierender Mundatmung und schließlich einem verringertem Wachstumsreiz auf den Oberkiefer (siehe Schaubild „Saftkinder“).

Besser ist es, wenn als gewöhnliches Getränk Wasser konsumiert wird.

Fazit

Die folgenden Punkte sollten Zahnmediziner Eltern von sogenannten Problemkindern mit auf den Weg geben können:

• herzhaftes Frühstück einführen

mit Eierspeise, Würstchen, Klöpschen, Käse oder Fisch zusammen mit Misch- oder Vollkornbrot.

• süße Getränke meiden

kein Saft, keine Saftschorle, kein Saft- getränk, keine süßen Tees

• Zwischenmahlzeiten eher herzhaft

mit Salzstangen, Erdnüssen, Haselnüssen ab und zu frisches Obst und Haferflocken am Nachmittag anbieten

• Tiefkühlware und Fertiggerichte meiden

• vegetarisches Abendessen einführen

mit Gemüse- und Getreidekombinationen zusammen mit ausreichend Butterfett

• Vorbildfunktion

Eltern müssen sich ihrer Verantwortung und ihrer Vorbildfunktion bewusst sein

Dr. Wibke Bein-WierzbinskiPäPKi® Pädagogische Praxis für KindesentwicklungSchanzengrund 4221149 Hamburg

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