Interfeminine Konflikte im Praxisalltag

Lösungsstrategien fürs Team

Frauen scheinen Streitigkeiten untereinander ganz anders auszutragen als ihre männlichen Kollegen. Diese Beobachtung aus dem Berufsalltag weist mitten in die Kernproblematik des Themas: Müssen Konflikte überhaupt hinsichtlich des Geschlechts der Konfliktparteien differenziert werden? Anja Busse, Rhetoriktrainerin mit Promotion zu „Interfemininen Konflikten und Kommunikationsproblemen in Unternehmen“, klärt auf wie sich interfeminine Konflikte besser verstehen und eher vermeiden lassen.

Die meisten wissen intuitiv, wovon die Rede ist, wenn das Stichwort „Stutenbissigkeit“ fällt. Laut Stefan von Máday, einem Pferdepsychologen, veranschaulicht dieser Begriff den Geschlechtsneid unter Stuten und dieser sei auch bei Frauen zu beobachten. Was ist hiervon zu halten? Warum differenziert man Konflikte hinsichtlich des Geschlechts der Konfliktparteien? Hat dies einen manifesten Hintergrund?

Aufgrund der patriarchalischen Struktur unserer Gesellschaft und der immer noch allgegenwärtigen Hervorhebung des Mannes offenbart sich bei genauer Betrachtung eine unterschwellige, doch im Verhalten immer wieder offenbar werdende Frauenfeindlichkeit. Männliche Forschung, männliche Interpretationen, Normen und Verhaltensmuster bestimmen unser Leben. Noch immer sitzen die Männer an den Schaltpositionen in Politik und Wirtschaft, obwohl einige wenige Beispiele wie Bundeskanzlerin Angela Merkel Lichtblicke bieten.

Zahlreiche Untersuchungen haben ergeben, dass im Allgemeinen im Angestelltenverhältnis noch immer bei zunehmendem Frauenanteil das Einkommensniveau sinkt. Außerdem lässt sich feststellen, dass Macht und Prestige eines Berufs schwinden, wenn ein gewisser Prozentsatz Frauen diesen Beruf ergreift.

In Sachen Erziehung wird ebenfalls die Bevorteilung des Mannes ersichtlich. So wird männlichen Verhaltensweisen mehr Bedeutung beigemessen. Nicht ohne Grund, schließlich ist es ja genau dieses Verhalten, das uns einen Vorteil in unserer Gesellschaft verschafft. Sogar die Art des Kampfes der Frauenrechtlerinnen unterstreicht das.

Frauen erfahren weniger Wertschätzung

All dies sowie die unterschiedlichen konkurrierenden Rollenvorstellungen von Frauen tragen einen erheblichen Anteil daran, weshalb Konflikte unter Frauen eine nicht zu unterschätzende Brisanz im Berufs- und damit auch im Praxisalltag haben. Sie sind auch der Grund dafür, weshalb Frauen oft das Gefühl haben, nicht die gleiche Wertschätzung von Mitarbeiterinnen, Kolleginnen oder Patientinnen zu erhalten wie ihre männlichen Pendants. Das Ansehen von Frauen ist weniger hoch. Oft wird der Erfolg von Frauen, wenn sie ihn denn haben, anderen Umständen zugeschrieben als ihren persönlichen Fähigkeiten, nämlich Glück, Aussehen, Sex, Anspruchslosigkeit der Aufgabe oder Ähnlichem.

Neben diesen gesellschaftlichen Gegebenheiten, die das Fortkommen der Frauen untergraben und die die Konflikte unter Frauen schüren, unterscheiden sich Männer und Frauen aber auch tatsächlich hinsichtlich der Art der Konfliktaustragung, insbesondere in gleichgeschlechtlichen Gruppen.

Frauen streiten mit mehr Emotionen

Diverse Untersuchungen geben einen eindeutigen Hinweis darauf, dass Männer und Frauen biologisch beziehungsweise hormonell bedingt unterschiedliche, ja sogar diametrale Handlungsmotive haben. Studien zum Kommunikations-, Kooperations-, Konkurrenz-, Konflikt- oder aber auch Mobbingverhalten weisen allesamt darauf hin, dass das Handeln von Frauen durch ihr Bedürfnis bestimmt wird, Beziehungen zu haben und diese zu halten, das Handeln der Männer hingegen durch Leistung und Gewinnmaximierung. Das heißt, Frauen sind beziehungsorientiert und Männer leistungs- beziehungsweise gewinnfokussiert. Diese Beziehungsorientierung der Frauen führt dazu, dass Frauen aus Angst vor Beziehungsbrüchen Konkurrenz und Konflikte meiden. Probleme sprechen sie in der Regel zu spät an. Studien zeigen, dass Aggressionen aufgrund dessen zwar später, aber stärker eskalieren als bei Männern. Da Frauen nahezu immer auf der Beziehungsebene interpretieren, nehmen sie Konfliktansprachen meist persönlich und reagieren emotional. Selbst fachliche Kritik wird persönlich genommen und führt schnell zu einem Gegenangriff auf der Beziehungsebene.

Dass Frauen meist von Attacken im sozialen Kontext betroffen sind, durch Ausgrenzung und Isolierung, während Männer überwiegend im fachlichen Kontext angegriffen werden, bestätigen Studien zum Mobbingverhalten wie zum Beispiel Meschkutat 2002 [Vergleiche „Der Mobbing-Report – eine Repräsentativstudie für die Bundesrepublik Deutschland“].

Frauen verlagern ihre Aggressionen in der Regel auf zwischenmenschliche Beziehungen und leben sie meist indirekt aus. All dies macht Konflikte unter Frauen so gefährlich und so bissig, insbesondere deshalb, weil Frauen auf gute Beziehungen für ihr Wohlbefinden geradezu angewiesen sind. Für Männer bedeuten Konflikte in der Regel im schlechten Fall eine Herabstufung in der Hierarchie, für Frauen bedeutet es oft Ausgrenzung und damit den „sozialen Tod“.

Frauen leiden stärker

Das und die Art, Dinge persönlich zu nehmen, haben zur Folge, dass Frauen unter Konflikten noch ausdrücklicher leiden  als Männer und interfeminine     Konflikte im Fall einer Eskalation    kaum mehr zu schlichten sind.

Aufgrund dieser geschlechts-spezifischen Unterschiedlichkeit von Männern und Frauen, ist es für Frauen wichtig, sich besonderer strategischer Kommunikationsmethoden zu bedienen, die sich von unserer alltäglichen Kommunikation unterscheiden. Das Konzept der „Gewaltfreien Kommunikation“ scheint sich hier besonders zu eignen, da es der Beziehungsorientierung der Frauen direkt entgegenkommt und sie befähigt, Konflikte anzusprechen, ohne ihr Gegenüber anzugreifen. Denn Angriff erzeugt Gegenangriff und das trifft insbesondere in der Kommunikation und in Konflikten unter Frauen zu.

Dr. phil. Anja BusseJohannistal 1833617 Bielefelda.busse@rhetori.com

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