Editorial

Die neue GOÄZ?

Eine neue Gebührenordnung ist wie ein neues Automodell. Lange Entwicklungszeiten, viele Beteiligte, viele Spekulationen vorab. Und dann ändern sich kurz vor der Präsentation „irgendwelche“ Rahmenbedingungen, die die Neuentwicklung infrage stellen. Fragen sie mal Volkswagen ...

Mit dem Entwurf zur neuen GOÄ haben Bundesärztekammer, PKV sowie Beihilfe geradezu Revolutionäres erarbeitet: die GOÄ als Festgebührenordnung. Feste Preise für definierte ärztliche Leistungen. Dafür entfallen fast alle Steigerungssätze, also „one price fits all“. Sollte aufgrund der Besonderheit des Individualfalls eine Steigerung begründbar sein, ist maximal der zweifache Satz möglich. Aber nicht einfach so, sondern nur, wenn vorher eine Kommission zugestimmt hat. Die nennt sich GeKo und wird beim G-BA angesiedelt sein. 

Wenn mit der neuen Festgebührenordnung neben einer aktuellen Neubewertung des Preises für ärztliche Leistungen eine fixe Preisuntergrenze definiert worden wäre, könnte man ja zufrieden sein. Nur bewegen wir uns nicht auf der Ebene des EBM (dem Bema-Äquivalent) mit seinen floatenden Punktwerten. Die GOÄ war schon immer nach unten fix, nach oben hin flexibel.

Allerdings gibt es ein konstruktives Schmankerl der neuen GOÄ: Es wird eine Öffnungsklausel geben. Hört sich harmlos an, ist es aber nicht. Denn die Öffnungsklausel wirkt nicht nach oben – da ist die GeKo vor –, sondern nach unten. Und nun stellen sie sich mal Ignazio Lopez, den damaligen Chefeinkäufer von Opel und später Volkswagen in den 90ern vor, der sich ein Leistungsmengengerüst anschaut und aufseiten der PKV in die Verhandlungen geht. Argumente wie Qualität zählen dann überhaupt nicht. Dann geht es knallhart nur noch um eines: den Preis einer Leistung. Oder genauer: einer Gebührenposition. Die ist nämlich anonym! Und wo liegt der Gewinn des (PKV-)Kaufmanns? Im Einkauf ...

Also Trabi statt Golf für die Ärzte? Ich fürchte allerdings, dass es auch mit dem Trabi nichts wird, denn dieses Fahrzeug ist nach heutigen Kriterien als Neufahrzeug nicht zulassungsfähig. Um im Bilde zu bleiben: Wie immer kommt es darauf an, was hinten herauskommt. Womit wir mittendrin im Politikfokus von Altbundeskanzler Kohl wären: Europa! Denn die Normen und Regeln, die bestimmen, ob z. B. ein neues Auto zulassungsfähig ist, werden nicht in Berlin, sondern auch in Brüssel gemacht. Erfüllt man diese nicht und muss z. B. bei den Abgaswerten tricksen, um die Vorgaben zu erreichen, weiß man heute wie das endet: mit dem Super-GAU, siehe Volkswagen.

An dieser Stelle kann es in der Tat für die neu entwickelte GOÄ heikel werden. Die EU-Kommission hat im Sommer ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland eingeleitet. Anlass sind die Honorarordnungen für Architekten, Ingenieure (HOAI), Steuerberater (StBVV) und Tierärzte (GOT). Votum der Kommission: Diese seien wettbewerbsbehindernd! Und zwar wegen der Fest- bzw. Mindestgebühren, die kennzeichnend sind für die oben genannten Gebührenordnungen.

Dumm nur, dass genauso so die neue GOÄ aufgebaut ist. Ob die Öffnungsklausel – also die mögliche Honorarunterschreitung – das Konstrukt europarechtlich retten wird?  Wird das neue Automodell namens GOÄ trotzdem auf den Markt kommen? Die Folgen eines nicht rechtskonformen „in den Markt drücken“ erlebt gerade Volkswagen. Sollte die Bundesregierung die neue GOÄ trotzdem durchwinken, dürfen wir davon ausgehen, dass die GOZ dem gleichen Prinzip folgen wird. Dann hätten wir die GOÄZ ...

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