Beruf und Freizeit

"Bei der Niederlassung an Herz und Hirn appellieren!"

Auf dem Deutschen Zahnärztetag 2015 geht es in zwei Veranstaltungen um das Zusammenspiel von Karriereplanung und Privatleben. Ein Hintergrundgespräch mit Sabine Steding. Sie leitet den BZÄK-Ausschuss "Beruf, Familie, Praxismanagement", der die Veranstaltungen organisiert.

zm: Frau Steding, das Thema Generation Y wurde im Berufsstand breit diskutiert - was haben Sie für den Praxisalltag gelernt?

Uns betrifft das Thema unmittelbar, sowohl mit unseren angestellten Zahnärzten als auch mit den zahnmedizinischen Fachangestellten. Wir haben gemerkt, dass Wertschätzung der Mitarbeiter wichtig ist, dass sich die Arbeit an den Bedürfnissen der jungen Leute orientieren muss. Unterm Strich müssen wir den Nachwuchs für den Beruf begeistern. Dann kann man auch eine Generation Y aus der Reserve locken. Die Shell-Studie hat kürzlich gezeigt, dass die Generation Y nicht so unpolitisch ist. Dies sollten wir nutzen.

In den Medien taucht häufiger der Begriff Work-Live-Blending auf. Welche Relevanz hat das Phänomen für die Arbeit des Ausschusses?

Work-Live-Blending bedeutet ja, die Arbeit geht in die Freizeit über. Das betrifft viele Menschen auch negativ. Nämlich dort, wo der Chef erwartet, dass man auch in der Freizeit immer erreichbar ist. Jeder muss für sich eine Grenze ziehen, um nicht in die Burn-Out-Problematik zu kommen. Positiv betrachtet übt man den Beruf so aus, als wäre er Teil der Freizeit. Durch die Möglichkeit im Home-Office zu arbeiten, erhält man flexiblere Arbeitszeiten. Das birgt Freiheiten. So kann man im Beruf auch mal Privates organisieren. Ein anderes Beispiel: Wenn ich im Wochenende bin, ein Patient eine E-Mail schreibt, die bei mir auf dem Handy ankommt, muss ich entscheiden, wie dringend das im Einzelfall ist und kann oft helfen. Wir wollen mit unserer Ausschussarbeit junge Zahnärzte stärken und entwickeln deshalb mit Dentista und mit dem BdZA Konzepte, etwa mit Dentista die Broschüre: „Verträge mit Herz und Hirn“. Zielgruppe sind unter anderem die Praxisgründer.

###more### ###title### "Das beste Modell ist der tageweise Schichtdienst" ###title### ###more###

"Das beste Modell ist der tageweise Schichtdienst"

Welchen Rat würden Sie einem Betreiber geben, der sich mit familienfreundlichen Arbeitszeiten aufstellen möchte?

Das beste Modell ist der tageweise Schichtdienst, finde ich. Ich habe immer mittwochs, donnerstags und freitags gearbeitet. Das hat gut geklappt. Auch stundenweise ist gut - gerade bei Ehepartnern, da kann man sich abwechselnd um die Familie kümmern. Damit es im Trennungsfall nicht unnötig teuer, schwierig oder ungerecht wird, aber bitte nur mit Vertrag gemeinsam niederlassen!

Wie müssten sich die Rahmenbedingungen in der Standespolitik ändern, damit noch mehr Kollegen mitarbeiten können?

Zunächst muss die Praxisstruktur funktionieren. Und dann müssen auch die familiären Strukturen stimmen. Oft ist man ja in der Sandwich-Generation - Kinder, die versorgt werden müssen, und pflegebedürftige Eltern. Da fehlt es oft an kommunalen Einrichtungen. In den Städten mag das funktionieren, auf dem Land ist es schwierig. Man kann ja keine Kommune zwingen, etwas aufzubauen. Auch hier setzt der BZÄK-Ausschuss an, um andere Gremien für dieses Thema zu sensibilisieren.

###more### ###title### "Viele haben Angst, dass der Zahnarztberuf aussterben wird, weil die Frauen sich nicht in die Niederlassung trauen." ###title### ###more###

"Viele haben Angst, dass der Zahnarztberuf aussterben wird, weil die Frauen sich nicht in die Niederlassung trauen."

Es wird erst nach 2020 damit gerechnet, dass bundesweit mehr Zahnärztinnen praktizieren als Zahnärzte (zunächst berechnet für 2017). Hat das eine Relevanz?

Viele haben Angst, dass der Zahnarztberuf aussterben wird, weil die Frauen sich nicht in die Niederlassung trauen. Diese Angst ist völlig unbegründet. Junge Kolleginnen und Kollegen brennen für ihren Beruf, aber die Rahmenbedingungen müssen auch wirklich gut sein. Auch entsprechende Förderungen muss es geben. Wir haben Mentoring-Projekte von niedergelassen Kollegen, aber auch die Banken haben ihre Einstellung bereits geändert - in dem Wissen, dass es diesen Umschwung geben wird. Andererseits gehen jetzt auch männliche Kollegen gern in das Angestelltenverhältnis. Dafür machen wir ja auch die Kongresse. Wir wollen Mut machen und zur Selbstständigkeit motivieren.

Und was sind jetzt die wichtigsten Themen auf Ihrer Agenda kurz vor dem Deutschen Zahnärztetag?

Das sind der Zukunftskongress und das Symposium am 6. November, wo wir wirklich tolle Themen haben. Wir nehmen beispielsweise das Thema Schwangerschaft vom vorigen Kongress auf. Dann gibt es das Thema „Selbstverständlich selbstständig: Wege in die Freiberuflichkeit“. Zudem ist Frau von Schönbergh dabei, die über das zahnärztliche Versorgungswerk spricht, denn viele jungen Kollegen wissen gar nicht, welche Chance sie hier haben, weil sie eben nicht zur BfA müssen. Hinzu kommt noch das Thema „Praxisübergabe mit warmer Hand“. Hier skizziert Rechtsanwalt Carsten Wiedey die Möglichkeiten einer gemeinsamen Zeit für Abgeber und Übernehmer. Denn nur wenn wir die Probleme kennen, können wir damit auch umgehen.

Die Fragen stellte Sara Friedrich.

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