Der besondere Fall mit CME

Amalgamtätowierungen

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Eine 57-jährige Patientin wurde beim niedergelassenen Zahnarzt mit einer anamnestisch neu aufgetretenen Pigmentierung im Bereich der Umschlagfalte in regio 27 vorstellig (Abbildung 1). Bei der klinischen Untersuchung zeigte sich ein konservierend und prothetisch versorgtes Gebiss.

Die in unmittelbarer Nachbarschaft gelegenen Zähne 26 und 27 waren mit Goldkronen versorgt. Die Schleimhautveränderung selbst hatte einen Durchmesser von einem knappen Zentimeter, war schwarz-bläulich bei nicht-scharfem Rand, mit deutlicher farblicher Inhomogenität in der Veränderung selbst.

In der Anamnese gab die Patientin an, dass die Molaren zuvor mit Amalgamfüllungen versorgt gewesen seien. Auf Basis der Angabe, dass die Schleimhautveränderung neu entstanden sei, wurde eine Exzisionsbiopsie durchgeführt, um das Vorliegen anderer pigmentierter Veränderungen der Schleimhaut auszuschließen.

Die histopathologische Aufarbeitung ergab die Diagnose einer Amalgamtätowierung (Abbildung 2), so dass keine weitere Therapie notwendig war.

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Diskussion

Eine Amalgamtätowierung, die auch multipel auftreten kann, ist eine häufig zu beobachtende Veränderung der oralen Schleimhäute, hervorgerufen durch Ablagerungen von Silber, Zinn, Kupfer und Quecksilber, die meist bei der Präparation von amalgambehandelten Zähnen in die Weichteile versprengt werden [Lundin K, 2013].

Meist ist die Gingiva betroffen, gefolgt von der Wangenschleimhaut, den beweglichen Schleimhäuten des Alveolarfortsatzes, dem Mundboden (Abbildung 3), der Umschlagfalte, der Retromolarregion und der Zunge. Seltener betroffen sind der Gaumen (Abbildung 4) und die Lippen [Buchner A, 1980].

Bei der Analyse der Größe einer Amalgam-tätowierung sind knapp 50 Prozent kleiner als 3 mm im Durchmesser. In gut 30 Prozent sind diese zwischen 4 und 6 mm groß. Die verbleibenden gut 20 Prozent sind dann größer als 7 mm [Buchner A, 1980].

Amalgamtätowierungen sind flache, zum Teil leicht erhabene Farbveränderungen, die scharf begrenzt, irregulär oder auch diffus begrenzt sein können. In Abhängigkeit von der Menge und der Tiefe der eingelagerten Metalle erscheinen die Tätowierungen in unterschiedlicher Farbe mit unterschied- lichen Schattierungen von braun (Abbildung 4), blau, grau und schwarz [Lundin K, 2013; Buchner A, 1980].

Bei Versprengung von genügend Material in ausreichender Größe in die Weichgewebe kann dieses radiologisch aufgrund der geringeren Strahlendurchlässigkeit nachgewiesen werden [Lundin K, 2013; Buchner A, 1980]. Typische Differenzialdiagnosen sind die fokale Melanosis, pigmentierte Naevi, thrombosierte Varizen sowie das maligne Melanom [Buchner A, 1980; Rahimi-Nedjat R, 2014].

Eingeteilt werden die unterschiedlichen Pigmentierungen in endogene und exogene, die dann jeweils weiter in fokale und diffuse vorliegende Pigmentierungen subgruppiert werden können. Fremdkörper wie durch Amalgamtätowierungen, Verletzungen mit Bleistiften oder Ähnliches wären typische Beispiele für exogene, meist fokale Pigmentierungen. Endogen fokale Veränderungen können auftreten nach Traumata oder im Rahmen von physiologischen oder post- inflammatorischen Prozessen.

Aber auch Neoplasien wie das Melanom, das als eine der wichtigsten Differenzialdiagnosen zu betrachten ist, sind mit zu berücksichtigen. Systemische Erkrankungen und Medikamente können gehäuft zu diffusen Veränderungen führen. Typische Erkrankungen wären zum Beispiel der Morbus Addison, das Albright- und das Peutz-Jeghers-Syndrom [Lundin K, 2013; Eisen D, Voorhees JJ., 1991].

Beim Vorliegen einer Amalgamtätowierung gelingt häufig eine anamnestische Abgrenzung, da diese für viele Jahre unverändert bestehen kann und in der Regel keiner Therapie bedarf. Im vorliegenden Fall gelang dies nicht, da die Veränderung als „neu aufgetreten“ beschrieben wurde und zum Ausschluss eines Malignoms eine Probe gewonnen wurde, wie es bei fast allen unklaren Veränderungen der Mundschleimhäute der Fall sein sollte.

PD Dr. Dr. Christian WalterDr. Dr. Keyvan SaghebKlinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie – plastische OperationenUniversitätsmedizin der Johannes Gutenberg-Universität MainzAugustusplatz 2,55131 Mainzwalter@mkg.klinik.uni-mainz.de

Dr. Cristina L CotareloInstitut für Pathologie der Universitätsmedizin MainzLangenbeckstr. 1,55131 Mainz

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