Presseseminar des FVDZ

Die Einzelpraxis bleibt – aber nicht allein

Ist die Einzelpraxis ein Auslaufmodell? Findet ein Paradigmenwechsel im ambulanten Sektor statt? Und welche Richtung schlägt das Gesundheitswesen ein? Antworten auf brennende Versorgungsfragen angesichts aktueller Gesetzgebungsverfahren gab es bei den Diskussionen auf dem Presseseminar des Freien Verbands Deutscher Zahnärzte (FVDZ) am 30. Januar in Berlin.

„Ich warne eindringlich davor, mit bewährten, gut funktionierenden Versorgungsstrukturen zu brechen und die Einzelpraxis zum Auslaufmodell zu deklassieren“, leitete die Bundesvorsitzende des FVDZ, Dr.medic/IfM Timisoara Kerstin Blaschke, das Presseseminar ein. Die politischen Rahmenbedingungen änderten sich, das System werde immer mehr zentralisiert und funktionierende Versorgungsstrukturen stünden zur Disposition. In einem sozialistischen Ver-sorgungsmodell, das zulasten der Freiberuflichkeit gehe, wolle sie jedoch nie wieder arbeiten, betonte sie. Das geplante Versorgungsstrukturgesetz (GKV-VSG) erweise sich als weiterer Meilenstein in dieser Entwicklung. Die Möglichkeit für Kommunen, neue Versorgungszentren zu gründen, führe zu einem neuen unfairen Wettbewerb zwischen Freiberuflern und kommunalen Trägern. Denn wenn es der Politik um wohnortnahe Versorgung gehe, sei sie gut beraten, freiberufliche Praxisstrukturen zu stärken.

Große Umwälzungen sind zu erwarten

Dr. Thomas Drabinski, Leiter des Instituts für Mikrodaten-Analyse (IfMDA) in Kiel, sieht das deutsche Gesundheitswesen vor einem tief greifenden Umwälzungsprozess. Diesen Weg habe die Gesetzgebung der vergangenen Jahre eingeleitet, jüngstes Beispiel sei das GKV-VSG. Alles deute darauf hin, dass verstärkt Ansätze einer Steuerung des Gesundheitssystems auf zentraler Ebene greifen würden – mit gravierenden Auswirkungen auf Patienten, Ärzte, Krankenkassen und die PKV. Das GKV-VSG sei ein weiterer Meilenstein in Richtung Staatsmedizin, der Weg gehe weiter in Richtung Einheitskasse. Die Freiberuflichkeit werde stark eingeschränkt, vermehrt würden Überwachungs-, Kontroll- und Sanktionsmechanismen greifen und der Sicherstellungsauftrag werde immer mehr infrage gestellt. Auch für die Zahnmedizin werde langfristig der Rahmen gelten, der für die anderen Sektoren gesetzt sei.

Konkurrenz vom stationären Sektor

In einer Podiumsdiskussion, moderiert vom Chefredakteur des Deutschen Ärzteblatts, Egbert Maibach-Nagel, wurde das Thema vertieft. Blaschke und Drabinski schärften dort nochmals ihre jeweiligen Standpunkte. Keineswegs halte er die Einzelpraxis für ein Auslaufmodell, erklärte Dr. Dirk Heinrich, Bundesvorsitzender des NAV-Virchow-Bundes. Jedoch werde es immer schwieriger, eine eigene Praxis zu gründen und erfolgreich zu führen, denn die nicht verlässlich planbare ökonomische Zukunft mache dies immer unattraktiver. Hinzu komme die veränderte Work-Life-Balance junger Ärzte sowie die zunehmende Spezialisierung in immer mehr Fachgruppen. Zudem sorge der Gesetzgeber für immer mehr Konkurrenz zwischen dem ambulanten und dem stationären Sektor.

Laut Franz Knieps, Vorstand des BKK-Dachverbands, ist mit der kommenden Gesetzgebung nicht der „große Wurf“ zu erwarten. Er verwies darauf, dass angehende Mediziner immer weniger Interesse an der Arbeit in der eigenen Praxis hätten, insofern habe die Einzelpraxis nicht mehr die herausragende Bedeutung. Auch aus der Sicht von Birgit Wöllert, MdB, Obfrau der Fraktion Die Linke im Gesundheitsausschuss, sei die Niederlassung nicht die einzige Versorgungsmethode der Zukunft. „Wir brauchen auch andere Versorgungsformen“, betonte sie mit Blick auf den stationären Sektor. Die Diagnose- und Therapiefreiheit müsse jedoch bei allen gewährleistet sein.

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