Anlagebetrug

Schutz vor dubiosen Geschäften

Niedrige Zinsen sind der Nährboden für mehr oder weniger dubiose Kapitalanlagen. Die Suche nach interessanten Zinssätzen lässt Anleger die eigentlich erforderliche Vorsicht offenbar weitgehend vergessen.

Diesen Schluss lassen zumindest die Zahlen des Bundeskriminalamts (BKA) zu den erfassten Beteiligungs- und Kapitalanlagebetrugsdelikten zu: 2013 gab es im Vergleich zu 2012 eine Steigerung von 29 Prozent auf 6 365 Fälle. Wohlgemerkt: Es handelt sich nur um die erfassten Fälle. Die Dunkelziffer der nicht erfassten Fälle dürfte weitaus höher liegen. So wird längst nicht jeder Fall wohl auch deshalb nicht zur Anzeige gebracht, da es oftmals für den Betroffenen nicht gerade schmeichelhaft ist, zuzugeben, wie einfach man einem Betrüger aufgesessen ist.

Zur „Zielgruppe“ der Anlagebetrüger gehören vor allem Freiberufler. Bei dieser Berufsgruppe wird offensichtlich nach wie vor von überdurchschnittlichen Einkommen ebenso ausgegangen wie von deren Bereitschaft, selbst riskante Anlageformen oft ohne ausführliche Prüfung zu akzeptieren. Dabei ist die Vorgehensweise der Betrüger meist gar nicht so schwer zu durchschauen, auch wenn sich der Anbieter durchaus Mühe gibt, sein „Opfer“ mehr oder weniger geschickt zu täuschen. Dies zeigt der folgende Fall eines Freiberuflers mit eigener Praxis aus dem Ruhrgebiet.

Telefonischer Erstkontakt

Der Erstkontakt zu Hans-Peter S. erfolgte durch ein Telefongespräch, in dem der Anbieter als angebliche Referenz einen Kollegen von S. nannte, von dem dieser aber viele Jahre weder etwas gesehen noch gehört hatte. Immerhin war damit aber sehr schnell eine Gesprächsbasis entstanden, die im weiteren Verlauf des Telefonats geschickt ausgenutzt wurde. Der Anrufer kam danach auch sofort zur Sache. Als „renommierter“ und auf Vertreter der freien Berufe „spezialisierter Vermögensberater“ mit Sitz in Österreich könne er es sich „keinesfalls erlauben, wenig seriöse oder gar dubiose Geldanlagen“ anzubieten, lautete sein überzeugend vorgetragenes Statement auf die Frage nach seiner Reputation. Der Grund, weshalb er die Form der telefonischen Kontaktaufnahme trotz der damit verbundenen rechtlichen Probleme gewählt hatte, war auch schnell und für S. erneut überzeugend beantwortet.

Es wäre schlicht zu aufwendig, andere Kontaktaufnahmen zu wählen, da die hiermit verbundenen Kosten letztlich vom Anleger selbst gezahlt werden müssten.

Wichtige Aufwärmphase

So dauerte das Gespräch bereits einige Minuten, bis es endlich ernst wurde und der Anrufer auf den Punkt kam. Sogenannte „penny stocks“, also Aktien mit einem sehr geringen Kurswert, aus der Technologiebranche könne er derzeit mit einem „Paketabschlag“ anbieten, da ein anderer Kunde sich aus Liquiditätsgründen von einer relativ großen Anzahl dieser Wertpapiere habe trennen müssen. Obwohl er „auf gar keinen Fall Druck ausüben möchte“, müsse er darauf hinweisen, dass er die Aktien mehreren potenziellen Kunden anbieten werde und eben derjenige den Zuschlag bekomme, der zuerst zeichnet.

Wenn also S. „grundsätzliches Interesse“ zeige, würden ihm kurzfristig Informationen und ein Zeichnungsformular zugesendet. S. zeigte in der Tat Interesse, da ihn die prognostizierte Rendite dieser Aktie von angeblich sechs, sieben Prozent pro Jahr „natürlich“, wie er später eingestand, gereizt habe und er auch mit einem Mindestbetrag von „nur“ 5 000 Euro hätte einsteigen können. Spätestens zu diesem Zeitpunkt hing S. am „Haken“ des Anbieters, der fast zum Erfolg gekommen wäre.

Wenige Unterlagen

S. erhielt bereits zwei Tage nach diesem Telefongespräch die angekündigten Unterlagen, die außer einem Kurzexposé der Aktie mehr oder weniger allgemein gehaltene Informationen über den Anbieter selbst enthielten. Dabei wurde zwar deutlich, dass es sich tatsächlich um ein Unternehmen mit Sitz in Österreich handelte.

Bilanzdetails wurden zu dieser Anlagefirma dagegen ebenso wenig genannt wie die Namen der Geschäftsführer. Viel mehr war auch darüber hinaus in den Unterlagen nicht enthalten. Bei den Referenzen, die genannt wurden, handelte es sich ausnahmslos um wohl kleinere Firmen aus Südeuropa mit wenig klangvollen Namen.

Um es vorwegzunehmen: S. entschloss sich letztlich, das Angebot abzulehnen. Entscheidend war für ihn, dass er sich zwei, drei Tage Zeit ließ, um diese Entscheidung zu treffen. Vor allem hat ihn überzeugt, dass seine Familie „von Anfang an kein gutes Gefühl“ hatte. Er selbst räumte ein, dass die genannten Renditen seinen Verstand durchaus beeinflusst hätten.

Michael VetterFachjournalist für Wirtschaftvetter-finanz@t-online.de

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