Public Health

Krank durch Armut

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Sozial Benachteiligte sind häufiger krankhaft übergewichtig, rauchen mehr und treiben seltener Sport. Armut kann die Betroffenen damit bis zu zehn Lebensjahre kosten. Eine neue wissenschaftliche Studie zeigt: Auch ihre Kinder sind betroffen.

Der soziale Staus wirkt sich gravierend auf die Gesundheit von Kindern und Jugendlichen aus. Dies geht aus einer aktuellen Studie des Robert Koch-Instituts (RKI) hervor. Demnach haben rund elf Prozent der Kinder mit einem niedrigen Sozialstatus einen nur mittelmäßigen oder einen schlechten allgemeinen Gesundheitszustand. Zum Vergleich: Bei Gleichaltrigen aus der Mittelschicht sind es nur sechs Prozent. Bei wohlhabenden Familien liegt die Quote bei drei Prozent. Rund 2,5 Millionen Kinder und Jugendliche in Deutschland sind einem Armutsrisiko ausgesetzt. Sie wachsen in Familien auf, die von weniger als 60 Prozent des mittleren gesellschaftlichen Einkommens leben. Damit sind nach Angaben des Paritätischen Gesamtverbands fast ein Fünftel aller Heranwachsendenbis 18 Jahre von Armut bedroht. Laut Auswertung der RKI-Studie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in Deutschland (Kiggs), bei der zwischen 2009 und 2012 mehr als 12 000 Mädchen und Jungen bis 17 Jahre befragten wurden, haben sozial benachteiligte Kinder nicht nur einen schlechteren allgemeinen Gesundheitszustand, sondern auch ein deutlich erhöhtes Risiko für psychische Auffälligkeiten wie Angststörungen, Depressionen oder Hyperaktivität.

Auch die sogenannten verhaltensbezogenen Risikofaktoren wie Übergewicht, Rauchen oder Bewegungsmangel seien bei sozial benachteiligten Kindern und Jugendlichen häufiger anzutreffen als beim Nachwuchs der Mittel- und der Oberschicht. „Je früher Prävention und Gesundheitsförderung ansetzen, umso besser gelingt es, gesundheitliche Chancengleichheit zu gewährleisten“, sagte Dr. Thomas Lampert vom Robert Koch-Institut anlässlich des Kongresses „Armut und Gesundheit“ in Berlin. Die bundesweit größte Public Health-Veranstaltung stellte in diesem Jahr die gesamtgesellschaftliche Verantwortung für Gesundheit ins Zentrum und diskutierte das kommende Präventionsgesetz. Bisher stehen nach Angaben des Paritätischen Gesamtverbands rund 200 Millionen Euro pro Jahr für Prävention aus den Mitteln der gesetzlichen Krankenversicherung bereit. Mit dem neuen Gesetz sollen fast 500 Millionen Euro pro Jahr zur Verfügung gestellt werden, so dass mehr Menschen in allen Gesellschaftsschichten erreicht werden können. „Leider haben sich die Forderungen und Erwartungen an den Gesetzentwurf nicht erfüllt“, sagte Prof. Rolf Rosenbrock, Vorsitzender des Paritätischen Gesamtverbands. Positiv sieht er jedoch die vorgesehene deutliche Erhöhung der Ausgaben der GKV für die Prävention und Gesundheitsförderung in Lebenswelten.

###more### ###title### Gesundheit muss politisch werden ###title### ###more###

Gesundheit muss politisch werden

Thomas Isenberg, Sprecher für Gesundheit der SPD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, bewertete den Gesetzentwurf grundsätzlich positiv: „Das neue Bundespräventionsgesetz weist eindeutig in die richtige Richtung und erhöht erstmalig nach Jahrzehnten der Diskussion den Stellenwert von Prävention und Gesundheitsförderung, trotz aller Nachbesserungswünsche im Detail.“ Zudem biete es die Chance, lebensweltorientierte Gesundheitsförderungs- und Präventionsprogramme auf kommunaler und Landesebene „anzudocken“ und zu stärken. Gernot Kiefer, Vorstand vom GKV-Spitzenverband sieht im Gesetzentwurf einen „realpolitischen Minimalkonsens, der die Prävention in Deutschland tatsächlich sowohl qualitativ als auch quantitativ voranbringen kann“. Auch die GKV, erläuterte Kiefer, „begrüßt, dass das Präventionsgesetz den Schwerpunkt auf die Stärkung der Prävention in den verschiedenen Lebenswelten legt. Die Verantwortung hierfür ist aber eine gesamtgesellschaftliche, nicht ausschließlich die Verantwortung der Krankenkassen“.

Insgesamt sind sich die Kongressteilnehmer einig, dass Gesundheit als politisch hochrelevante und gesamtgesellschaftlich anzugehende Querschnittsaufgabe verstanden werden muss. Das diesjährige Motto „Gesundheit gemeinsam verantworten“ meinte genau das: Gesundheitsförderung und Prävention können nur gemeinsam gelingen – politisch von allen Sektoren getragen, wissenschaftlich begleitet, praxisnah und unter aktiver Einbeziehung der Menschen, an die sich die Maßnahmen richten.

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