Leitartikel

Transparenz für die DH

Peter Engel
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, im Rahmen des Transparenzprozesses der EU-Kommission werden derzeit die Berufszugangs- und Berufsausübungsregeln aller reglementierten Berufe in Europa überprüft.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen,

im Rahmen des Transparenzprozesses der EU-Kommission werden derzeit die Berufszugangs- und Berufsausübungsregeln aller reglementierten Berufe in Europa überprüft. Die Kommission will damit die Berufsaufnahme innerhalb der EU-Mitgliedstaaten erleichtern, um mehr Wirtschaftswachstum im Binnenmarkt zu generieren. Für bestimmte Referenzberufe ist eine besondere gegenseitige Begutachtung aller nationalen Regulierungsvorgaben durch die Mitgliedstaaten vorgesehen. Für den Gesundheitsbereich wurden stellvertretend Physiotherapeuten, Psychologen und – was für unseren Bereich relevant ist – Dentalhygieniker ausgewählt. Nun können berufsrechtliche Regeln nicht so ohne Weiteres von Brüssel abgeschafft werden, weil sie nämlich nicht auf europäischen, sondern auf nationalen Gesetzen beruhen. Was die DH betrifft, ist dieser Beruf in Europa sehr unterschiedlich geregelt. In Ländern wie Holland oder Dänemark hat die DH im Vergleich zu Deutschland ein breiteres Aufgabenfeld, das über die klassische Zahnreinigung hinausgeht. Hinzu kommt, dass in einzelnen EU-Mitgliedstaaten, etwa in Großbritannien, Bachelor-Studiengänge in Dentalhygiene angeboten werden.

Aus deutscher berufspolitischer Sicht sind zu dem EU-Prozess kritische Fragen zu stellen. Zunächst: Ist die ökonomische Relevanz der DH für die Evaluation im Transparenzprozess überhaupt gegeben? Fakt ist, dass die Kommission zwar eine Zahl von EU-weit rund 120 000 DHs für das Jahr 2011 nennt, dass aber das jüngste EU-Manual des Council of European Dentists allenfalls rund 44 500 DHs für das Jahr 2014 ausweist. Angesichts der Unstimmigkeit bei den Zahlen scheint eine Relevanz des Berufsbilds DH für das Evaluationsverfahren durchaus fraglich. Ferner: Die deutsche DH hat eine Sonderstellung. So hat zum Beispiel der Gesetzgeber im Jahr 1992 entschieden, dass neben der Zahnarzthelferin (heute ZFA) kein zweites Berufsbild mit unabhängiger Ausbildung etabliert werden sollte, sondern dass weitergehende Qualifikationen auf dem Berufsbild der ZFA im Rahmen der Fortbildung auf-bauen sollen. Genau das geschieht mit den Aufstiegsfortbildungen der Kammern. Fakt ist, dass die präventionsorientierte Versorgung der Bevölkerung derzeit in ausreichendem Maß und in der geforderten Qualität mit dem gegenwärtig zur Verfügung stehenden Prophylaxe-Fachpersonal, den über 15 000 ZMPs und ZMFs, sichergestellt werden kann. Es besteht kein Handlungsbedarf, die vorhandene stufenweise Qualifikation zur DH durch andere, zum Beispiel akademische, Ausbildungsformen abzulösen. Eine Akademisierung bringt aus berufsständischer Sicht keine Vorteile. Die fachliche Kompetenz der deutschen DH gegenüber dem Ausland ist gegeben, der Erfolg der Ausbildung hierzulande ist durch oralepidemiologische Mundgesundheitsvergleiche mit andern Industrienationen hinreichend belegt. Die DH arbeitet  bedarfsorientiert und marktnah. Das Zahnheilkundegesetz spricht zudem eine klare Sprache: Für die Erbringung von zahnärztlichen Leistungen ist die Approbation als Zahnarzt die Voraussetzung. Bestimmte Fachleistungen können an qualifiziertes Fachpersonal mit abgeschlossener Ausbildung im Rahmen des Delegationsprinzips weitergegeben werden.

Obskur mutet eine Initiative der praxisHochschule Köln an. Diese hat eine Online-Petition zur Schaffung des Berufsbilds DH als geschützte Berufsbezeichnung in Deutschland und der EU angestoßen. Das Umfeld ist jedoch unklar, die Petition wird privat von Deutschland aus betrieben und hat nichts mit den Europäischen Institutionen, geschweige denn mit der EU-Transparenz- initiative, zu tun. Das Ganze scheint eher aus Gründen der medialen Vermarktung des Schulungsangebots zu laufen. Der Evaluationsprozess soll bis Anfang 2016 abgeschlossen werden. Aus Kammersicht ist es essenziell, dass das deutsche System der kammerfortgebildeten DH nicht gegenüber anderen Ausbildungsformen ins Hintertreffen gerät. Dafür wird sich die BZÄK mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln einsetzen – in allen relevanten Gremien des In- und Auslands.

Mit freundlichen Grüßen

Dr. Peter Engel

Präsident der Bundeszahnärztekammer

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