Bleaching

Keine Umsatzsteuer bei Indikation

Der Bundesfinanzhof (BFH) hat in einem aktuellen Urteil die Auffassung der Zahnärztekammer Schleswig-Holstein bestätigt, dass Zahnaufhellungen (Bleaching), die ein Zahnarzt zur Beseitigung krankheitsbedingter Zahnverdunkelungen vornimmt, umsatzsteuerfreie Heilbehandlungen sind.

Ausgangspunkt ist, dass gemäß § 4 Nr. 14 UStG (Umsatzsteuergesetz) Heilbehandlungen im Bereich der Humanmedizin umsatzsteuerfrei sind. Heilbehandlungen müssen einen therapeutischen Zweck haben. Sie dienen der Diagnose, Behandlung und, soweit möglich, der Heilung von Krankheiten oder Gesundheitsstörungen. Ist eine ästhetische Maßnahme – zumindest zugleich – gemäß den oben genannten Grundsätzen eine Heilbehandlung, greift die Umsatzsteuerfreiheit. Ist ein Bleaching aber lediglich eine kosmetische Maßnahme, so ist sie umsatzsteuerpflichtig.

Wie die Zahnärztekammer Schleswig Holstein mitteilt, habe sich im konkreten Fall eine Zahnarztpraxis aus Plön mit Unterstützung der Kammer gegen den Bescheid des zuständigen Finanzamtes gewehrt. Darin seien sämtliche Bleaching-Leistungen der Praxis im Rahmen einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung auch für zurückliegende Fälle als umsatzsteuerpflichtig eingestuft worden. Die Finanzbehörde habe nicht unterschieden, ob es sich um rein kosmetische Aufhellungen oder die Beseitigung krankheitsbedingter Verfärbungen handelte. Da eine Nachberechnung der Mehrwertsteuer bei den betroffenen Patienten ausschied, hätte die Praxis 19 Prozent des Umsatzes verloren.

Penible Dokumentation Da sich das Finanzamt auch von den Stellungnahmen der Zahnärztekammer wenig beeindruckt gezeigt habe und die Einsprüche der Zahnärzte gegen die Bescheide abwies, klagten sie vor dem schleswig-holsteinischen Finanzgericht. Das Gericht sei der Argumentation der Kammer gefolgt (Az: 4 K 179/10 vom 9.10.2014). Demnach seien auch ästhetische Behandlungen Heilbehandlungen, wenn diese Leistungen dazu dienten, Krankheiten oder Gesundheitsstörungen zu diagnostizieren, zu behandeln oder zu heilen oder die Gesundheit zu schützen, aufrecht zu halten oder wiederherzustellen.

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Plöner Finanzamt ging in Revision

Zu diesem Erfolg habe auch beigetragen, dass die betroffenen Kollegen in der Dokumentation sauber zwischen Aufhellungen aus medizinischer und kosmetischer Indikation unterschieden hatten, heißt es. Das Plöner Finanzamt allerdings mochte das Urteil trotz dezidierter und fachlich fundierter Urteilsbegründung nicht anerkennen und ging in Revision. Der Bundesfinanzhof jedoch gab den klagenden Kollegen Recht, wies die Revision ab und bestätigte das Urteil der Erstinstanz (Az. V R 60/14 vom 19.03.2015). Begründung: Die Zahnbehandlungen, die jeweils eine Verdunkelung des behandelten Zahnes zur Folge hatten, waren medizinisch indiziert und damit umsatzsteuerfrei. Die als Folge dieser Zahnbehandlung notwendig gewordenen Zahnaufhellungs-Behandlungen waren ästhetischer Natur, aber – im konkreten Streitfall belegt – auch medizinisch erforderlich. Sie dienten nicht zu rein kosmetischen Zwecken, sondern standen in einem sachlichen Zusammenhang mit der vorherigen Behandlung und dienten damit der Beseitigung der Krankheitsfolge.

Die Steuerbefreiung gilt somit nicht nur für Leistungen, die unmittelbar der Diagnose, Behandlung oder Heilung einer Krankheit oder Verletzung dienen, sie umfasst auch Leistungen, die erst als (spätere) Folge solcher Behandlungen erforderlich werden, auch wenn sie ästhetischer Natur sind. So die Auffassung des Bundesfinanzhofes mit dem ausdrücklichen Hinweis auf den Einklang mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (Urteil PFC Clinic EU:C:2013:198).

Das Urteil habe nicht nur steuerrechtliche Auswirkungen, heißt es von der Kammer. Es trage zugleich dazu bei, den Approbationsvorbehalt für dieses Verfahren zu stärken. So habe die wenig einsichtsfähige Haltung eines Finanzamtes ungewollt einen Beitrag zur Sicherheit der Patientenversorgung geleistet.

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