Krankenhausreform

Kliniken auf den Barrikaden

So nicht! In Berlin zieht die Deutsche Krankenhaus Gesellschaft (DKG) eine verheerende Bilanz zur geplanten Reform von Gesundheitsminister Hermann Gröhe. Der Vorwurf: Die Pläne seien kontraproduktiv und schadeten auch der Patientenversorgung. Nicht nur durch die erstmals erhobenen Leistungszu- und -abschläge für Kliniken.

Auf einer Veranstaltung der DKG kritisierten die Referenten mit drastischen Worten die Pläne des Gesundheitsministers. Vor rund 250 Teilnehmern bemängelte DKG-Präsident Thomas Reumann, der Entwurf liefere keine Antworten auf die wirklichen Probleme der Kliniken, verfehle die Ziele „bei weitem“ und sei letztlich nur eine Mogelpackung. Es fehlten Lösungen für den demografischen Wandel, den zunehmenden Versorgungsbedarf, Fachkräftemangel und den medizinischen Fortschritt.

Reumann verwies darauf, dass der Entwurf für die zentralen Probleme der Krankenhäuser, wie die Finanzierung des Personals, der ambulanten Notfälle und der Investitionen keine sachgerechte Lösung biete. Statt den Krankenhäusern die Mittel zu Verfügung zu stellen, die sie bräuchten – Reumann sprach von einer Unterfinanzierung von etwa 6,5 Milliarden Euro – müsse man nun neue Kürzungen hinnehmen. So würden allein im Jahr 2017 die Häuser rund eine Milliarde Euro durch die im Entwurf vorgesehenen Kürzungsmaßnahmen verlieren. Reumann: „Angesichts 40 Prozent Krankenhäuser mit roten Zahlen und einer angespannten Personalsituation in fast allen Kliniken sind die neu vorgesehenen Kürzungen absolut unverständlich.“

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Viele Kliniken zehren von der Substanz

Auch bei den Investitionen herrsche ein großes Leck, viele Kliniken zehrten von der Substanz. Die geplanten Honorarabzüge für Kliniken, die eine gesetzte Standardqualität nicht erreichten („pay for performance“) nützten „nichts und niemanden“. Dieser Entwurf dürfe nicht Gesetz werden, bilanzierte Reumann. Würde er umgesetzt, prophezeite er eine Verschlechterung der Versorgung für die Patienten.

Der Präsident der Ärztekammer Westfalen-Lippe, Dr. Theodor Windhorst, betonte, dass Deutschland mit die niedrigsten Fallkosten in den Krankenhäusern hätte. Statt dies zu würdigen, würde „einfach alles kaputt gespart werden“. Man wisse seit Jahrzehnten, dass mehr Personal in den Häusern gebraucht werde – aber es passiere nichts. Auch Windhorst kritisierte die mangelnde Bereitschaft der Regierung, die Kliniken endlich mit ausreichenden Investitionsfinanzierungen auszustatten. Zudem würden die geplanten Leistungsabschläge die Gefahr der Risikoselektion beherbergen: „pay for performance“ setze den Anreiz, sich auf „lukrative“ Patienten zu fokussieren.

"Es bringt nichts, nur die Kontrolleure zu erhöhen!"

Hedwig François-Kettner bemängelte als Vorsitzende des Aktionsbündnisses Patientensicherheit die mangelhafte Berücksichtigung der Pflegekräfte im Gesetz. Der Referentenentwurf sei nicht nur in diesem Punkt so desaströs, dass man ihn einfach nicht hinnehmen könne. Zu der Absicht der Regierung, den Medizinischen Dienst der Krankenkassen dazu einzusetzen, die für die Honorierung gesetzten Qualitätsstandards zu kontrollieren, sagte Kettner: „Es bringt nichts, nur die Kontrolleure zu erhöhen. Was wir viel mehr brauchen, sind mehr Pflegekräfte in den Häusern.“

Der CDU-Abgeordnete Lothar Riebsamen hingegen verteidigte – bei allem Verständnis für die Belange der Kliniken und der DKG – die Reform. „Wir müssen die Kosten des gesamten Gesundheitssystems im Auge behalten, um den Kassenbeitrag nicht ins Uferlose ausarten zu lassen“, so Riebsamen. Er spielte zudem auf das sogenannte „Strucksche Gesetz“ des früheren SPD-Politikers Peter Struck an. Danach verlasse kein Gesetz den Bundestag so, wie es hinein gekommen sei. „So bleibt denn doch noch ein kleiner Hoffnungsschimmer“, meinte er.

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