Repetitorium Basalzellkarzinom

Auf auffällige Läsionen achten

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Bei der Diagnostik und Therapie des Basalzellkarzinoms sind auch Zahnärzte und Mund-Kiefer-Gesichtschirurgen gefragt, denn die Läsionen entwickeln sich zumeist im Gesichtsbereich. Oft aber werden diese von den Patienten nicht ernst genommen und daher lange Zeit nicht entsprechend diagnostiziert. Therapie der Wahl ist die Operation, so dass aufgrund der Tumorlokalisation häufig MKG-Chirurgen involviert sind.

Das Basalzellkarzinom, kurz BCC (Basal Cell Carcinoma), ist die häufigste Form von hellem Hautkrebs und davon abgesehen einer der häufigsten bösartigen Tumore in Mitteleuropa. Die Neuerkrankungsrate liegt in Deutschland bei mehr als 130.000 Fällen pro Jahr. Trotzdem steht der Tumor in der öffentlichen wie in der medizinischen Wahrnehmung nicht im Fokus, was daran liegen dürfte, dass das Basalzellkarzinom, früher auch Basaliom genannt, im Allgemeinen nicht lebensbedrohlich verläuft.

Der Tumor, der durch ein vergleichsweise langsames Wachstum gekennzeichnet ist, bildet nur in äußerst seltenen Fällen Metastasen. Er kann allerdings aggressiv ins Gewebe wachsen und massive Läsionen bis hin zur Zerstörung von Knorpel und Knochen verursachen.

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Inzidenz, Risikofaktoren, Lokalisation

In Deutschland liegt die Inzidenz den vorliegenden Daten zufolge bei mehr als 100/100.000 Einwohner pro Jahr, wobei die Krankheitshäufigkeit zunimmt. Das Durchschnittsalter bei der Diagnose beträgt etwa 60 Jahre, Männer sind etwas häufiger betroffen als Frauen. Die Tumore bilden sich de novo ohne vorherige Präkanzerosen.

Hauptrisikofaktor für die Entwicklung des BCC ist eine hohe Sonnenlicht-Exposition, die UV-Strahlen führen zu kumulativen DNA-Schäden und Genmutationen. Ein heller Hauttyp ist als genetische Prädisposition zu werten. Als Risikofaktoren bekannt sind ferner das männliche Geschlecht, ein BCC in der Familien- oder auch Eigenanamnese, ein höheres Lebensalter sowie eine therapeutische Strahlenexposition. Davon abgesehen kann die Entwicklung der Basaliome direkt genetisch bedingt sein wie beispielsweise beim sogenannten Gorlin-Goltz-Syndrom. Weitere Prädispositionen sind laut Leitlinie eine Arsenexposition, eine langfristige Immunsuppression sowie straffe Narben und ein Nävus sebacei im Kindesalter.

Ausgangspunkt des Basalzellkarzinoms sind Zellen der sogenannten Basalzellschicht der Haut sowie die Wurzelscheiden der Haarfollikel. Von dort ausgehend kann der Tumor infiltrierend und destruierend ins umgebende Gewebe wachsen. Das BCC bildet sich in der überwiegenden Mehrzahl der Fälle im Bereich stark lichtexponierter Hautareale wie dem Gesicht sowie dem Kopf allgemein. Ebenso tritt es am Hals und am Dekolleté auf. An diesen Lokalisationen entwickeln sich rund 80 Prozent der BCCs. In nur 15 Prozent der Fälle ist der Rumpf betroffen und fünf Prozent der Tumore entstehen im Bereich der Extremitäten. Oft kommt es im Verlauf von Jahren bis Jahrzehnten zu multiplen Primärtumoren.

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Diagnostik und Klinik

Die Diagnose wird in aller Regel klinisch gestellt und sollte entsprechend der Leitlinie histologisch gesichert werden. Bei Verdacht auf das Vorliegen eines Basalzellkarzinoms sieht die Leitlinie der Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie, der Deutschen Krebsgesellschaft und der Deutschen Dermatologischen Gesellschaft die Inspektion des gesamten Hautorgans vor.

Anders die Empfehlung der Deutschen Gesellschaft für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie (DGMKG), die die Evidenz für eine Untersuchung der gesamten Haut als unzureichend erachtet. Sie rät zur Inspektion der gesamten lichtbelasteten Haut, wobei die Berufsanamnese zu berücksichtigen ist. Bei immunsupprimierten Patienten und solchen mit einem syndromalen BCC wie dem Gorlin-Goltz-Syndrom ist auch aus Sicht der DGMKG eine Untersuchung des gesamten Hautorgans angezeigt. Dies kann in Form eines Hautkrebsscreenings erfolgen.

Die Erscheinungsform des Tumors ist vielfältig, zudem sind verschiedene Basalzellkarzinom-Subtypen zu differenzieren. Bei der mit einem Anteil von etwa 60 Prozent häufigsten Krankheitsform, dem nodulären BCC, stellt sich die Läsion entsprechend den Angaben in der Leitlinie zunächst in Form flacher, erhabener, umschriebener, gelblich-rötlicher Papeln dar. Diese weisen einen perlschnurartigen Randsaum auf, an der Oberfläche schimmern kleine Blutgefäße durch, die vom Rand ins Tumorzentrum ziehen.

Es gibt ferner den sogenannten superfiziellen Tumortyp, der rund 30 Prozent der Basalzellkarzinome ausmacht. Der Tumor tritt bevorzugt am Körperstamm auf, bildet kleine Knospen, die wie erythematöse Plaques aussehen. Die weiteren Krankheitsformen sind mit einem Anteil von zehn Prozent insgesamt eher selten, hervorzuheben sind die sklerodermiformen Basalzellkarzinome, da sie aufgrund ihres Aussehens leicht mit Vernarbungen verwechselt werden können.

Mit dem Fortschreiten des Tumors kommt es üblicherweise zur Bildung von Erosionen und Ulzerationen. An einen hellen Hautkrebs ist unbedingt zu denken bei rezidivierenden, meist punktförmigen Blutungen. Die Entwicklung eines fortgeschrittenen Tumorstadiums zieht sich in aller Regel über Monate und sogar Jahre hin. Die ulzerierenden Läsionen werden dabei als Ulcus rodens bezeichnet, bei Zerstörung auch tiefer Gewebsstrukturen liegt ein sogenanntes Ulcus terebrans vor.

Prognostisch bedeutsam ist die Tumorgröße, wobei insbesondere bei Tumoren mit einem Durchmesser von mehr als zwei Zentimetern von einem erhöhten Rezidivrisiko auszugehen ist. Auch Läsionen im Mittelgesicht, insbesondere an Augen, Nase, Lippen und Ohren, neigen ebenso wie schlecht abzugrenzende Läsionen eher zur Rezidivbildung.

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Therapie

Mittel der Wahl bei der Therapie des BCC ist die Operation. Diese kann mit systematischer Randschnittkontrolle als mikroskopisch kontrollierte Operation erfolgen oder durch Exzision des Tumors mit tumoradaptiertem Sicherheitsabstand und konventioneller Histologie. So wird bei der mikroskopisch kontrollierten Chirurgie die Tumorexzision mit einem nur zwei bis vier Millimeter großen Sicherheitsabstand und somit möglichst sparsam durchgeführt.

Es wird eine nachvollziehbare Markierung gesetzt und es erfolgt eine lückenlose histologische Beurteilung der Schnittränder. Im Bedarfsfall ist somit direkt nachvollziehbar, wo eine Nachresektion erforderlich ist. Durch die mikroskopisch kontrollierte Chirurgie kann gesunde Haut geschont werden. Beim superfiziellen Basalzellkarzinom ist ent-sprechend der Leitlinie auch eine Horizontalexzision, praktisch eine Shave-Exzision, ebenfalls mit histologischer Kontrolle möglich.

###more### ###title### Alternative Therapieverfahren ###title### ###more###

Alternative Therapieverfahren

Ist der Tumor nicht komplett operativ zu entfernen, sollte ebenso wie bei per se inoperablen Patienten ein interdisziplinäres Behandlungskonzept erarbeitet werden. Dabei können eventuell auch alternative Behandlungsregime zum Einsatz kommen, beispielsweise oberflächlich zerstörende Verfahren wie die photodynamische Therapie (PDT) oder die Kürettage, also das Herausschaben des Tumors. Ferner kann eine Kryotherapie angewandt werden, bei der die Haut mit flüssigem Stickstoff in Form eines Sprays behandelt wird. Damit wird der Tumor regelrecht vereist, wobei die Krebszellen durch die extreme Kälte des Stickstoffs absterben. Es bildet sich eine Kruste, die nach einiger Zeit abfällt. Das Verfahren ist rasch durchzuführen, relativ gut verträglich und mehrfach zu wiederholen. Eine weitere Behandlungsoption ist die Lasertherapie.

Möglich ist ferner eine medikamentöse Lokalbehandlung mit Imiquimod-Creme. Der Wirkstoff aktiviert das körpereigene Immunsystem im Kampf gegen die Krebszellen, so dass praktisch eine Immuntherapie realisiert wird. Abhängig vom BCC-Typ dauert die Behandlung etwa sechs bis 18 Wochen, wobei die Wirkstoff-Creme drei- bis fünfmal wöchentlich auf die betroffenen Hautstellen aufgetragen wird. Die Haut reagiert auf die Behandlung oft mit einer Rötung, kann nässen und anschwellen, was jedoch als Hinweis auf eine lokale Wirksamkeit der Medikation zu werten ist.

Ähnlich wie bei Imiquimod ist auch eine Lokalbehandlung mit dem Zytostatikum 5-Fluorouracil als Creme möglich. Es handelt sich quasi um eine lokale Chemotherapie, bei der die Patienten das betroffene Hautareal drei bis sechs Wochen lang zweimal täglich mit der Creme einreiben müssen.

Bei allen dargestellten alternativen Verfahren ist mit einer höheren Rezidivrate als bei der operativen Tumorentfernung zu rechnen. Welche Therapieoption im individuellen Fall gewählt wird, sollte deshalb eingehend mit dem Patienten diskutiert werden. Behandlung im fortgeschrittenen Stadium: In aller Regel erfolgt bei Patienten, bei denen die Operation nicht erfolgreich oder nicht möglich ist, eine Radiotherapie. Indiziert ist die Strahlenbehandlung auch, wenn nach inkompletter chirurgischer Tumorentfernung eine Nachresektion nicht möglich ist.

Ist die Radiotherapie keine adäquate Therapieoption oder erweist sich der Tumor als refraktär, ist eine medikamentöse Behandlung mit einem sogenannten Hedgehog- Inhibitor zu erwägen. Als einziger Vertreter dieser Substanzgruppe ist derzeit der Wirkstoff Vismodegib verfügbar. Er ist zugelassen zur Behandlung des symptomatischen, metastasierten Basalzellkarzinoms sowie des lokal fortgeschrittenen Tumors, wenn die Operation oder eine Strahlentherapie keine geeignete Therapiemaßnahme darstellen.

Die Behandlung fußt auf der Erkenntnis, dass bei der Mehrzahl der Patienten mit BCC der sogenannte Hedgehog-Signalweg, der während der Embryonalentwicklung das Zellwachstum und die Zelldifferenzierung steuert und später inaktiviert ist, reaktiviert wird. Veränderungen in diesem Signalweg stellen einen wesentlichen molekularen Mechanismus bei der BCC-Entstehung dar. So weisen mehr als 90 Prozent der BCCs eine abnorme Aktivierung der Hedgehog-Signalgebung auf.

Die englische Bezeichnung „hedgehog“ bedeutet übersetzt „Igel“. Sie erklärt sich damit, dass Wissenschaftler den Einfluss des Hedgehog-Signalwegs auf die embryonale Entwicklung erstmals bei der Fruchtfliege entdeckt haben. Die Larven der Fruchtfliege sehen aufgrund der Mutation einem Igel ähnlich.

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Nachsorge

Bei Patienten mit BCC sollte mindestens in den drei Folgejahren einmal jährlich eine Kontrolluntersuchung erfolgen, da Lokalrezidive zumeist innerhalb der ersten beiden Jahre nach der Behandlung auftreten. Aufgrund des häufigen Auftretens von Zweittumoren sollten BCC-Patienten außerdem generell einem regelmäßigen Hautkrebs-Screening unterzogen werden.

Patienten mit lokal rezidivierenden oder nicht in toto exzidierten Tumoren sowie Risikopersonen für eine erneute Tumorbildung wie beispielsweise Patienten unter einer langfristigen Immunsuppression, mit genetischer Disposition oder mit multiplen Basalzellkarzinomen in der Anamnese sollten engmaschiger und angepasst an die individuelle Situation – und damit gegebenenfalls lebenslang – nachkontrolliert werden.

Der Sonderfall – das Gorlin-Goltz-Syndrom

Eine besondere Krankheitsform mit einem gehäuften Auftreten von Basalzellkarzinomen ist das Gorlin-Goltz-Syndrom, auch als Basalzellkarzinomsyndrom oder Basalzell-Nävus-Syndrom, kurz BCNS, bezeichnet. Es handelt sich um eine seltene, autosomal dominant vererbte Loss-of-function-Mutation in der Keimbahn, deren Inzidenz etwa 1/57.000 Personen beträgt. Betroffen ist wie beim Basalzellkarzinom der Hedgehog-Signalweg, was die häufige BCC-Bildung und auch die überproportional häufige Entwicklung weiterer Tumore bei den Patienten erklärt. Denn bei Menschen mit Gorlin-Goltz-Syndrom ist der Signalweg in allen Körperzellen aktiv. Als Folge treten Fehlbildungen und immer wieder Tumore an der Haut und im Körper auf.

Das Gorlin-Goltz-Syndrom manifestiert sich als Tumorsyndrom meist zwischen dem 30. und dem 50. Lebensjahr und betrifft Frauen und Männer gleichermaßen. Die Tumore fallen meist zunächst als blasse bis bräunlich pigmentierte Knötchen im Gesichtsbereich auf. Die Betroffenen weisen außerdem meist eine typische Gesichtsform mit vorstehendem Unterkiefer und einer nach vorne gewölbten Stirn auf. Charakteristisch für das Krankheitsbild sind ferner die Entwicklung von Kieferzysten und Skelettfehlbildungen wie etwa Rippenanomalien und Wirbelkörperverwachsungen sowie Hyperkeratosen der Fußsohlen und der Handflächen.

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