Die KFO erfindet sich neu

Mehr als nur Zahnspangenmedizin

„Wir sind mittendrin“ lautet die Botschaft der Deutschen Gesellschaft für Kieferorthopädie (DGKFO). Übersetzt meint das: Wir lassen uns nicht länger auf die Zahnspangenmedizin reduzieren. Auf ihrer Jahrestagung in Hannover wollen die Kieferorthopäden mit interdisziplinären Konzepten zeigen, dass sie ein Pfeiler der zahnmedizinischen Versorgung sind.

„Die moderne Kieferorthopädie bietet mehr denn je Schnittstellen zu anderen Bereichen in der Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde und der Allgemeinmedizin“, sagt DGKFO-Präsidentin Prof. Dr. Ursula Hirschfelder. „Auch deshalb, weil sich der Patientenkreis inzwischen über den gesamten Lebensbogen zieht. Die Kieferothopädie beginnt mit der Therapie von Neugeborenen mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten, hat ihren Höhepunkt in der Kinder- und Jugendbehandlung, wird immer selbstverständlicher bei den Erwachsenen und findet hilfreiche Angebote auch für alte, sogar hochbetagte Patienten.“ Hirschfelder räumt rigoros mit dem traditionellen Bild ‚Kieferorthopädie ist etwas für Jugendliche’ auf: „Damit hat das Fach nicht mehr viel gemeinsam!“ Etliche Teenager seien in dem Alter ohnehin heute mit ihrer Behandlung durch. „Frühbehandlung spielt da, wo sie Sinn macht, eine größere Rolle denn je“, korrigiert Hirschfelder althergebrachte Vorstellungen. „Zuwarten hilft in solchen Fällen nicht.“

Zwischen Tradition und Revolution

Das Thema der Jahrestagung 2016 in Hannover lautet daher: „Kieferorthopädie im Wandel der Zeit“. Mit einem bewusst gesetzten Anker: Wo kommen wir her, wo stehen wir heute – und wo geht es hin? „Man kann in der heutigen schnelllebigen Zeit leicht den Eindruck gewinnen, dass ‚Innovationen’ die Behandlung revolutionieren und altes Wissen nicht mehr erforderlich ist“, sagt Dr. Gundi Mindermann, Bundesvorsitzende des Berufsverbandes der Deutschen Kieferorthopäden (BDK).

„Umso erstaunlicher ist es oft für die jungen Kolleginnen und Kollegen, wenn ‚alte’ Mechaniken unter neuen Voraussetzungen und Namen auf den Markt kommen.“ Die DGKFO habe in dem Zusammenhang die Aufgabe, die fundierte Basis bestehenden Wissens mit aktuellen gesicherten Erkenntnissen und neue Techniken zusammenzuführen.

„Unser Fachgebiet zeichnet sich wissenschaftlich durch die Verbindung sowohl klinischer als auch experimenteller Fragestellungen aus“, bekräftigt Tagungspräsident Prof. Rainer Schwestka-Polly aus Hannover. Mit dem Blick auf die Schnittstelle Kieferorthopädie-Kieferchirurgie ermögliche die Jahres- tagung ein Update. Schwestka-Polly: „In diesem Rahmen sollen Fortschritte in der Diagnostik, in der Behandlungsplanung und im Ablauf der Therapie sowie die Stabilität der Behandlungsergebnisse in einem interdisziplinären Konzept diskutiert werden. Kompetente gleichberechtigte Partner sind hier die Garanten für eine effektive Therapie.“

Eine wichtige Rolle in der kieferorthopädischen Therapie spiele mittlerweile auch die Lingualtechnik: „Erstmals wird dazu im Rahmen einer wissenschaftlichen Jahrestagung der DGKFO eine Standortbestimmung vorgenommen. Wir werden die Konzepte auch mit Blick auf ihre Behandlungseffizienz besprechen.“ Traditionell ist die Lingualtechnik – die Behandlung mit innenliegenden, festsitzenden kieferorthopädischen Apparaturen – in Frankreich, Italien und Japan weit verbreitet. Aber auch in Deutschland werden zunehmend Erwachsene und Jugendliche auf diese Weise erfolgreich therapiert. „Studien zeigen, dass mithilfe der Lingualtechnik Zähne und Kiefer mit exzellenter Präzision eingestellt und zugeordnet werden können, und dies bei Reduktion des Risikos der Dekalzifikation von Zahnhartsubstanz. Außerdem sind linguale Apparaturen nahezu unsichtbar.“

Aber auch die grundlegenden Konzepte der Diagnostik, der Therapieplanung und der eigentlichen Behandlung seien nach wie vor aktuell, meint Schwestka-Polly und verweist auf das Therapieziel der zentrischen Kondylenposition, der neutralen Okklusion bei harmonischen skelettalen Relationen, harmonischer Weichteilmorphologie und langzeitiger Stabilität. Eher in den Hintergrund getreten seien dagegen Verfahren wie Einzelzahnosteotomien zur Ausformung von Zahnbögen oder kieferorthopädische Zahnbewegung mithilfe von Magneten. Auch weil innovative technische Möglichkeiten von 3-D-Konzepten anstelle von 2-D-Verfahren die Behandlungsergebnisse weiter verbessern können.

Hot Spot Hannover

Henner Bunke D.M.D./Univ. of Florida, Präsident der Zahnärztekammer Niedersachsen, hält in dem Zusammenhang große Stücke auf das strukturierte dreijährige Weiterbildungsprogramm des Network of Erasmus Bases European Orthodontic Programs (NEBEOP), das 2008 bereits mit der Medizinischen Hochschule Hannover und dem BDK auf den Weg gebracht wurde. Seit Juni 2014 ist die Klinik für Kieferorthopädie an der MHH die erste Institution, die ein Full Membership im NEBEOP erlangt hat. Bunke: „Hannover freut sich auf die DGKFO-Jahrestagung und die damit bevorstehende enge Verzahnung von Wissenschaft und Praxis in der Kieferorthopädie!“

Tagungspräsident Schwestka-Polly bekräftigt: „Hannover wird vom 14. bis 18. September zum „Hot Spot“ der deutschen Kieferorthopädie. Nutzen wir die Gelegenheit zum fachlichen und persönlichen Miteinander und bringen das Fach Kieferorthopädie durch regen Austausch weiter voran!“

Birgit Wolff, Dental Relations

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