Was ist erlaubt, was nicht?
Unter den Begriff des zahnärztlichen Werberechts fallen sämtliche Maßnahmen zur Außendarstellung von Zahnärzten. Bei allen Werbemitteln – beispielsweise dem Praxisschild, Anzeigen, Informationsbroschüren, klassischen Medien in Print, Radio oder TV, einer Praxis-Homepage oder bei der Nutzung von Internetportalen – sind stets die für den Zahnarzt geltenden Berufsausübungsregeln zu beachten, die sich unter anderem aus dem zahnärztlichen Berufsrecht ergeben (§ 21 Musterberufsordnung (MBO) der Bundeszahnärztekammer und landesrechtliche Normen wie – beispielsweise – § 15 der Berufsordnung der Zahnärztekammer Nordrhein). Beschränkungen können auch aus sonstigen Gesetzen wie dem gegen unlauteren Wettbewerb (UWG), dem Heilmittelwerbegesetz (HWG), dem Markengesetz (MarkenG), dem Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB), dem Telemediengesetz (TMG) sowie aus europäischen Normen resultieren. Da das (zahn-)ärztliche Werberecht erheblich durch das Richterrecht geprägt wird, ist auch die umfangreiche (höchstrichterliche) Rechtsprechung zu berücksichtigen.
Eine uneinheitliche Rechtsprechung
Problematisch erscheint dabei, dass Gerichte die Zulässigkeit von Werbemaßnahmen häufig unterschiedlich beurteilen und dann nicht selten das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) bemüht werden muss. Grundsätzlich muss die Zulässigkeit einer Werbemaßnahme im Einzelfall beachtet werden, sodass insbesondere bei innovativen Ansätzen immer Unsicherheit besteht. Das BVerfG hat jedoch ausdrücklich festgehalten, dass die Frage, welche Werbeformen als sachlich und übertrieben bewertet werden, zeitbedingten Veränderungen unterliegt. Allein daraus, dass eine Berufsgruppe ihre Werbung anders als bisher üblich gestaltet, kann nicht gefolgert werden, dass das geänderte Vorgehen berufswidrig wäre. Dabei kann der Frage eine erhebliche Bedeutung zukommen, mit welchen Risiken eine beworbene Maßnahme verbunden ist. Wird der Patient zur Inanspruchnahme einer mit nicht unerheblichen Risiken verbundenen Maßnahme verleitet, deren Risiken also heruntergespielt, sind auch für das Bundesverfassungsgericht die Grenzen erreicht, da das Schutzgut der Gesundheit betroffen sein kann.
Sachlichkeit als Grundmaxime
Grundsätzlich muss das Leistungsangebot einer Zahnarztpraxis in sachlicher und zutreffender Art vorgestellt werden. Dabei darf es nicht zu einer ungerechtfertigten Aufwertung des eigenen Leistungsangebots, beispielsweise durch die Nennung einer nicht vorhandenen Praxisausstattung oder durch die Verwendung falscher fachlicher Bezeichnungen beziehungsweise (ungeschützter) Zusatzbezeichnungen, kommen. Problematisch gestaltet sich vor allen Dingen die Werbung mit neuen Behandlungsverfahren oder fachlich noch umstrittenen Behandlungsmethoden, solange diese nicht auf gesicherten wissenschaftlichen Erkenntnissen basieren. Es besteht immer die Gefahr des Vorwurfs einer irreführenden Werbung, wenn mit Attributen geworben wird, die sich nicht beweisen lassen. Dies gilt für die Person des Werbenden ebenso wie für die Praxisausstattung und die Behandlungsmethoden.
Trotz zahlreicher Kritik ist es nach der Rechtsprechung zulässig, auf Vergleichsportalen, auf denen Honorare für bestimmte zahnärztliche Leistungen unverbindlich miteinander verglichen werden können, eigene Angebote für eine zu erbringende Behandlung abzugeben.
Im Bereich der Werbung auf sozialen Plattformen, wie Facebook oder Twitter, ist zunächst zu beachten, dass ein privates Nutzungskonto nicht gewerblich verwendet werden darf. Ebenso unterliegen derartige Online-Auftritte der Impressumspflicht nach § 5 TMG. Verstärkt ist auch die zahnärztliche Schweigepflicht zu beachten. Auch darf keine inhaltliche beziehungsweise bildliche Darstellung von Krankengeschichten erfolgen, die in missbräuchlicher, abstoßender oder irreführender Weise präsentiert wird oder zu einer falschen Selbstdiagnose verleiten kann.
Werbeflächen auf Bahn und Einkaufswagen
Die Werbung auf dem Einkaufswagen wurde gerichtlich grundsätzlich gebilligt. Selbst über die Plakatierung von Straßenbahnwagen wird inzwischen diskutiert. Verbreitet ist zudem ein zulässiges Sozial-Sponsoring von Veranstaltungen im Kultur- oder im Sportbereich.
Berufsrechtliche Regelungen wie sie in Belgien existieren, die jegliche Form von Werbung untersagen und die zuletzt Gegenstand eines Verfahrens vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) waren (siehe Artikel S. 30), muten vor der Rechtsprechung in Deutschland geradezu steinzeitlich an. Es verwundert daher nicht, dass der EuGH zu dem Ergebnis gelangt ist, dass das Europarecht (konkret Art. 56 AEUV) dahin auszulegen ist, dass es nationalen Rechtsvorschriften entgegensteht, die jegliche Werbung für Leistungen der Mund- und Zahnversorgung allgemein und ausnahmslos verbieten (EuGH, Urt. v. 04.05.2017, C-339/15). Insofern gelten auch auf europäischer Ebene, soweit das EU-Recht auf berufsständische Verhaltenskodizes oder andere spezifische Regeln für reglementierte Berufe anwendbar ist, ähnliche Standards, wie sie das BVerfG herausgearbeitet hat.
Werbung mit pauschalen Honoraren ist verboten
Alles aber hat auch seine Grenzen. So ist nach Ansicht der Rechtsprechung sowohl eine Werbung mit Pauschalhonoraren für (zahn-)ärztliche Leistungen, soweit sie nach der GOZ abrechenbar sind, als auch eine solche mit Rabatten/Gutscheinen in aller Regel unzulässig. Auch eine Werbung mit Vorher-nachher-Patientenbildern bei einer nicht zahnmedizinisch notwendigen Maßnahme im plastisch-chirurgischen Bereich steht nicht im Einklang mit den zu beachtenden rechtlichen Vorschriften. Das zwischenzeitlich geltende „Kittel-Verbot“ in der Werbung, wonach auf der Praxis-Homepage veröffentlichte Fotos des behandelnden Zahnarztes bei der Behandlung untersagt waren, wurde jedoch aufgehoben. Zudem rückt die zulässige Nutzung von Empfehlungsportalen und Testimonial-Werbung immer mehr in den Fokus. Zu berücksichtigen ist bei jenen allerdings, dass es – besonders im Fall von Aussagen durch Prominente – nicht zu einer unzulässigen Beeinflussung von (potenziellen) Patienten kommen darf. Ebenso ist ein Manipulieren von Einträgen auf einem Bewertungsportal nach Ansicht der Rechtsprechung wettbewerbswidrig.
Abzuwarten bleibt, inwieweit die bisherigen gerichtlichen Entscheidungen im Bereich der Behandlung über Fernkommunikationsmittel Bestand haben beziehungsweise sich fortentwickeln werden. Zwar ist in § 9 HWG ein Verbot der Fernbehandlung normiert. Als zulässig wurden jedoch durch Gerichte bereits die postalische Einsendung von Probenmaterial durch den Patienten und eine anschließende telefonische Besprechung der Ergebnisse sowie ein Foto-Upload über die Praxis-Homepage zum Zwecke eines Gesundheits-Check-Up angesehen. Bei der Bewertung der Zulässigkeit einer Fernbehandlung darf allerdings nicht außer Acht gelassen werden, dass eine Fernbehandlung in keinster Weise eine persönliche, zahnärztliche Untersuchung ersetzen kann und darf. Dieser Grundsatz wird sich aller Voraussicht nach auch in Zukunft nicht ändern.
Weitere Lockerungen in Aussicht?
In den vergangenen Jahren haben sich die Kommunikationsmittel und die Medizintechnik rasant weiterentwickelt. Vor dem Hintergrund der zahlreichen Urteile im Bereich des Werberechts der Freiberufler ist nicht auszuschließen, dass es auch weiterhin zu Lockerungen im Bereich der zahnärztlichen Werbung kommen wird. Aufgrund des insbesondere durch Richterrecht geprägten ärztlichen Werberechts ist auch in Zukunft eine regelmäßige Fortbildung und Überprüfung der eigenen Maßnahmen im kollegialen Wettbewerb unabdingbar.
Jens-Peter Jahn, Fachanwalt für Medizinrecht50670 Köln, E-mail: