Wie kann ich meine Praxis-Performance verbessern?

Fragen Sie Ihre heimlichen Qualitätsbeauftragten!

Patienten sind die Könige der Praxis. Sie sind die Experten, wenn es gilt, Ihre Patientenaufklärung, die Freundlichkeit des Teams oder die Wohlfühlatmosphäre im Wartezimmer zu beurteilen. Sie zu befragen ist clever – wenn man besser werden will. Damit eine Patientenbefragung aber mehr bringt als die Antwort auf die Frage „Waren Sie heute zufrieden?“, brauchen Sie allerdings fundierte Kriterien.

„Fragensteller sind Weichensteller“, sagt der Schweizer Schriftsteller Hans Leopold Davi. Doch was bedeutet das: „die Weichen stellen“? Es bedeutet, die Richtung und Ziele für die Zukunft zu bestimmen, seinen Ist-Stand zu kennen und zu wissen, wie man seine Ziele erreicht. Das ist auf persönlicher wie auf unternehmerischer Ebene wichtig. Und eine Zahnarztpraxis ist nun mal neben einem Ort zur Ausübung eines Heilberufs auch ein Unternehmen. Welche Richtung man einschlägt, hängt maßgeblich davon ab, was die Ziele sind. Wollen Sie Neupatienten gewinnen? Sollen sich die Patienten bei Ihnen besonders wohlfühlen? Möchten Sie mehr junge oder mehr alte Patienten? 

Ganz gleich, was Sie erreichen wollen: Am Patientenwunsch kommen Sie nie vorbei. Der Patient ist König. Sein Wohlbefinden und seine optimale zahnärztliche Versorgung sind für Sie von größter Bedeutung. Verstehen Sie das nicht falsch: Das bedeutet nicht, dass Sie jedem Patientenwunsch bedingungslos nachgeben müssen. Doch es bedeutet, dass seine Interessen Ihr Handeln mitbestimmen. Ist Ihr Patient unzufrieden, sucht er sich eine neue Praxis. Und das tun Patienten heute immer häufiger. Sie sind anspruchsvoller geworden, und der Wechsel ist leichter als früher. Nur wenige Suchanfragen und Klicks im Internet – schon hat man einen neuen Zahnarzt.

Am Patientenwunsch kommt niemand vorbei

Doch wie verhindere ich, dass meine Patienten wechseln? Ganz einfach: Fragen Sie sie, was sie möchten und wie zufrieden sie mit Ihrer Praxis sind. Dabei sollten Sie sich nicht auf bekannte Online-Bewertungsportale verlassen. Hier können Sie durchaus wertvolle Feedbacks erhalten, aber sie erfüllen nicht die Gütekriterien einer Umfrage – einerseits weil sich hier in der Regel eine viel zu geringe Anzahl an Teilnehmern äußert. Um angemessen auf das „Stimmungsbild“ des gesamten Patientenstamms schließen zu können, muss deren Zahl mindestens im dreistelligen Bereich liegen, zudem sollten alle Patientengruppen vertreten sein. So ist es etwa nicht repräsentativ, wenn Sie nur Ihre älteren Patienten befragen. Andererseits äußern sich auf Online-Portalen nur die Patienten, die sich dazu berufen fühlen. Nicht jeder möchte seine Meinung im Netz kundtun. Somit können Bewertungsportale das allgemeine Stimmungsbild enorm verzerren. Ihr Ziel sollte es sein, einen Großteil Ihrer Patienten zu befragen und das unter geeigneten Bedingungen.

Unabhängig von diesen inhaltlichen Aspekten, gibt es auch formale Kriterien, an denen man sich orientieren sollte, das sind die anerkannten Kriterien und Methoden der wissenschaftlichen Umfrageforschung: Objektivität, Reliabilität und Validität. 

  • Objektivität

 Hierunter versteht man, dass die getroffenen Aussagen, in diesem Fall der Patienten, unabhängig sind. Unter anderem unabhängig davon, von welcher Person sie befragt werden. Denn man kann es sich denken: Wenn eine Assistenz freudestrahlend fragt, wie man den Service in der Praxis findet, neigen viele eher dazu, diesen mit „gut“ zu bewerten. Man möchte ihr ja nicht zu nahe treten. Eine Umfrage sollte außerdem möglichst immer unter denselben Bedingungen durchgeführt werden, damit die äußeren Umstände nicht das Antwortverhalten der Befragten beeinflussen. Objektiv sollten auch die Fragen selbst sein, wegen der Auswertungsobjektivität. Damit ist gemeint, dass unabhängig davon, wer eine Umfrage auswertet, man zum selben Ergebnis kommen sollte. So sind Textantworten in der Regel subjektiv und schwer messbar, weil sie Interpretationsspielraum lassen. 

Wie erreiche ich Objektivität? 

Der Patient sollte den Bogen selbst ausfüllen. So verhindern Sie, wie oben angedeutet, dass das unter Umständen ungleiche Verhalten der Mitarbeiter Patienten gegenüber die Antworten beeinflusst. Die Praxis hat gezeigt, dass die Zeit im Wartezimmer hierfür gut genutzt werden kann. 

Darüber hinaus ist es auch sinnvoll, die Umfrage anonym durchzuführen. Können negative Bewertungen einem Patienten zugeschrieben werden, besteht die Gefahr, dass dieser wieder eher positiv bewertet. Das kann auch passieren, wenn er den Bogen direkt am Empfang wieder abgeben muss. Deshalb empfiehlt es sich, dafür eine „Box“ im Wartezimmer aufzustellen. Diese Box sollte hochwertiger sein als ein einfacher Pappkarton, das steigert die Seriosität Ihrer Umfrage und vermittelt dem Patienten deren Ernsthaftigkeit.

  • Reliabilität

Hierunter versteht man, dass die Fragen ein Jahr später genauso wieder gestellt werden können und dieselben Antworten liefern. Damit ist nicht gemeint, dass der Patient dieselbe Antwort ankreuzen muss, sondern dass die Aussage dieselbe bleibt. Ein beliebtes Beispiel ist hier das Messen des Körpergewichts mit einer Waage. Misst diese in einem Moment 50 Kilo und im nächsten 55, ist das Ergebnis nicht reliabel („verlässlich“). Zumindest dann nicht, wenn die Differenz nicht auf die tatsächliche Veränderung des Körpergewichts zurückgeführt werden kann. Verlässliche Fragen sind übertragbar, Sie können die Ergebnisse verschiedener Umfragen miteinander vergleichen. Grundsätzlich sollte es das Ziel sein, Patientenumfragen regelmäßig zu wiederholen. So können Sie prüfen, ob die gesetzten Ziele auch erreicht wurden. 

Wie erreiche ich Reliabilität? Wenn man zum Beispiel wissen möchte, ob ein Patient mit dem Service der Praxis zufrieden ist, sollte man ihn nicht danach fragen, wie er sich in der Praxis fühlt. Gefühle sind sehr subjektiv und von vielen Faktoren abhängig, die unter Umständen gar nichts mit der Praxis zu tun haben. Deshalb sollte man konkrete Fragen stellen: „Auf einer Skala von 1 bis 5, wie beurteilen Sie den Empfangsbereich?“ Hier haben Sie eine höhere Chance, dass der Patient auf dieselbe Frage, wenn einen Tag später dieselbe Antwort gibt.

  • Validität

Valide ist eine Umfrage, wenn sie das misst, was sie messen soll. Der Parodontale Screening Index zum Beispiel ist ein valides Verfahren, um die Tiefe von Zahnfleischtaschen zu messen, jedoch nicht geeignet, um das Putzverhalten eines Patienten zu ermitteln. Die entscheidende Frage ist: Gibt mir die Antwort auf meine Frage tatsächlich Aufschluss darüber, was ich wissen möchte? 

Wie erreiche ich Validität? Man muss sich genau überlegen, was das eigene Erkenntnisinteresse ist. Wenn man wissen will, ob sich Patienten durch die Website ausreichend über das Behandlungsspektrum informiert fühlen, fragt man sie genau danach und nicht, ob sie die Praxis schnell im Internet finden. Denn das misst eine andere Komponente. 

Eine Patientenumfrage muss also gut vorbereitet sein. Einmal richtig erstellt, kann ein Fragebogen immer wieder eingesetzt werden. Außerdem müssen die Rahmenbedingungen stimmen. Nehmen Sie sich am besten vor, immer im selben Monat jedes Jahr dieselbe Umfrage durchzuführen. Und informieren Sie Ihre Mitarbeiter und klären Sie sie darüber auf, worauf geachtet werden muss. 

Holen Sie alles aus der Umfrage heraus!

Nachdem eine Patientenumfrage durchgeführt wurde, geht es an die Auswertung und Interpretation der Ergebnisse. Hier wird es besonders spannend. Denn man möchte ja wissen, wie die Patienten die Praxis bewerten. Lassen Sie sich aber auch hierfür Zeit. Die Ergebnisse sollten in Ruhe und systematisch übertragen werden, damit man sie statistisch auswerten kann. Hierfür gibt es verschiedene Statistikprogramme; um einfache Zusammenhänge zu erkennen, reicht oft aber schon Excel®.

Sie können viel mehr herausfinden, als zum Beispiel wie viele Patienten mit Ihren Wartezeiten zufrieden sind – beispielsweise, ob sich Patienten in der Praxis wohlfühlen, sie sich gut aufgeklärt fühlen, sie mit dem Service zufrieden sind und vieles mehr. Denn im Idealfall wurden in der Umfrage auch demografische Merkmale wie das Alter erfragt. Hier empfiehlt es sich, dass sich der Patient in eine Altersgruppe einordnet (18 bis 25, 25 bis 35 und so weiter). Auch Zusammenhänge zwischen diesen Merkmalen und den Bewertungen können erfasst werden. Interessant kann zum Beispiel sein, ob junge Patienten bereit sind, mehr für zahnärztliche Behandlungen auszugeben als ältere oder ob hier ein Zusammenhang mit dem Beruf oder dem Bildungsniveau besteht. All das gibt Ihnen wertvolle Informationen darüber, wie Sie Ihre Praxis gemäß Ihrer Ziele für die Zukunft ausrichten sollten. 

 Doch es gibt auch Aspekte, die Ihre Patienten nicht beurteilen können. Zum Beispiel die fachliche Aufklärung durch Ihre Mitarbeiter oder die wirtschaftliche Struktur des Terminbuches. Deshalb lohnt es sich, neben einer Umfrage auch eine ausführliche Analyse der Praxis durchführen zu lassen. Zusammen ergibt sich dann ein detailliertes Bild. Doch die gewonnenen Erkenntnisse müssen auch verwertet werden. Ziel ist eine darauf basierende gezielte Praxisentwicklung – die alle Praxisbereiche berücksichtigt. 

Bianca BeckGeschäftsführerin der Agentur beck|waelder55590 Meisenheim

Interview mit Dr. Jens Konzelmann

Ein Rückenkissen als Patientenservice

Zahnarzt Dr. Jens Konzelmann aus Schwaikheim in Baden-Württemberg hat bereits mehrfach Patienten      umfragen durchgeführt. Als Folge konnte er Schwachstellen beheben – und so seine Praxis-Performance verbessern. 

Was hat Sie veranlasst, Patientenbefragungen durchzuführen? 

Dr. Jens Konzelmann:

Ausschlaggebend waren Interesse und der Wunsch nach Verbesserung. Mein Motto heißt Gastfreundschaft und Zahnheilkunst. Ich möchte in beiden Feldern besser werden. Die Patienten sind in der Praxis nie offen und ehrlich, mir gegenüber noch weniger als bei den Mitarbeiterinnen. In einer kleinen Umfrage können sie ihre Kritik besser äußern.

Kritische Patienten sind also die besten Qualitätsbeauftragten:

Sie sagen, was gut läuft, aber auch, was man besser machen kann?


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Zahnarzt Dr. Jens Konzelmann | Privat


Wir haben vor Jahren einmal eine große Umfrage zusammen mit einer Unternehmensberatung gestartet. Danach haben wir unsere eigenen Patientenbefragungen in abgespeckter Form entworfen. Heute fragen wir vor allem Patienten mit größeren Behandlungen. Wir versenden Fragebögen mit Freiumschlag und der Aussicht auf ein Geschenk bei Rücksendung. 

Das ist dann zwar nicht mehr anonym, aber wir fragen nicht face-to-face, der Patient beantwortet die Fragen zu Hause. Auch über diese Art der Befragung erhalten wir ein Feedback. Oft sehr persönlich. Und die Patienten wundern sich, wenn wir bei einzelnen Fragestellungen die mit der Note „3“, also befriedigend, beantwortet wurden, telefonisch nachhaken oder mit ihnen persönlich darüber reden wollen.

Schreiben die Patienten denn bei diesem Feedback auch tatsächlich Tacheles? Also werden sie konkret?

Die Patienten schreiben oft sehr klar, was sie für gut und richtig oder eben für falsch und verbesserungswürdig halten. Gut finden sie, dass sie bei den Terminen einer Behandlungsfolge von derselben Assistenzkraft begleitet werden. Nicht gut finden sie, wenn das wechselt. 

Ebenso wollen die Patienten dieselbe Prophylaxe-Mitarbeiterin haben. Wenn das mal nicht geht, erklären wir dies bereits am Telefon. Nicht immer finden die Patienten die Zusammenarbeit mit dem Factoring-Unternehmen gut. Auch da hilft Sprechen und Erklären. Wir bekommen auch einzeln, also namentlich die Mitarbeiterinnen, ein Feedback. Sicher erhalten wir nicht von jedem eine Antwort, aber doch von genügend Patienten. 

Wie haben sich die Ergebnisse aus den Umfragen auf Ihre Arbeitsabläufe ausgewirkt?

Es gab sicher einzelne Dinge, die wir verändert haben. Sei es ein Haltegriff in der Toilette, die intensivere Beratung und Erklärung der Therapiepläne, das Ändern von Anschreiben, das Umformulieren von Fragen auf dem Anamnesebogen. Oder aber, dass wir für Rückenkranke ein Rückenkissen haben, dass wir die Musik im Wartezimmer geändert oder den Recall individualisiert haben. 

Ein weiteres Beispiel. Wir hatten zuvor Werbung auf Bussen geschaltet und waren an Messen beteiligt. In einem Check haben wir dann erfragt, wie Neupatienten auf uns aufmerksam wurden. Dazu legten wie einen Fragebogen aus mit verschiedenen Antwortmöglichkeiten: Ob über Bekannte, Freunde, Familie, Nachbarn, Internet, Zeitung, Vorträge, Telefonbuch oder Werbung? Ergebnis: Weil der Zulauf ohnehin über die verschiedenen „Kanäle“ erfolgt, konnten wir uns die Einträge in Telefonbüchern sparen. Reinerlös: 2.000 Euro.

Derartige Umfragen sind immer auch ein Seismograf für die Patientenzufriedenheit. Worin sehen Sie sich bestätigt? 

Bestätigt werden wir in unserer Art, wie wir den Patienten umsorgen, und darin, dass unsere Ansprache richtig und gut ist. Geschätzt werden von den Patienten auch unsere kurzen Wartezeiten. Und sie fühlen sich von uns gut beraten. 

Die Fragen stellte Stefan Grande.

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