BZÄK-Europatag in Berlin

Ein Plädoyer für gemeinsame Werte

Sind die Erfolge von EU-Binnenmarkt und Gesundheit in Gefahr? Das diskutierten namhafte nationale und internationale Experten aus der EU-Politik, aus Ministerien, Wissenschaft und Berufsverbänden auf dem Europatag der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in Berlin.

Sind die Erfolge von EU-Binnenmarkt und Gesundheit in Gefahr? Das diskutierten namhafte nationale und internationale Experten aus der EU-Politik, aus Ministerien, Wissenschaft und Berufsverbänden auf dem Europatag der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) in Berlin.

„Europa braucht wieder mehr Bewegung für seine gemeinsamen Vorstellungen und Werte – ohne die geht es nicht“, sagte BZÄK-Präsident Dr. Peter Engel in seinem Eingangsstatement. Auch Deutschland müsse seine Rolle in der EU neu gestalten – in Zeiten nationaler Alleingänge anderer Staaten. Für die Veranstaltung hatte die BZÄK zwei Bereiche herausgegriffen, die dem Berufsstand auf europäischer Ebene besonders wichtig sind: die Binnenmarkts- und die Gesundheitspolitik. 

„Europa braucht wieder mehr Bewegung!“

Engel rief dazu auf, die Freien Berufe zu schützen. „Der Zahnarztberuf in Deutschland definiert sich nicht allein über das wirtschaftliche Eigeninteresse, sondern auch in der Verantwortung für die Zahngesundheit für unsere Gesellschaft“, sagte er. 

Als besonders wichtig erachtete er, dass die Arbeit des Zahnarztes nicht durch immer neue Deregulierungsdebatten von europäischer Ebene aus geschwächt werden dürfe: „Wir wehren uns dagegen, dass das Berufsrecht in erster Line unter ökonomischen Aspekten bewertet werden soll. Wir als Bundeszahnärztekammer sehen den Ansatz, Wirtschaftswachstum durch den Abbau von Regulierung zu stimulieren, kritisch. Es besteht die Gefahr, dass am Ende nur einmalige Beschäftigungseffekte generiert werden, ohne die Folgekosten und negativen Auswirkungen für Verbraucher und Patienten zu kalkulieren.“ 

Gesundheitberufe haben eine besondere Rolle

Engel ging auch auf den EU-Richtlinienentwurf für einen Verhältnismäßigkeitstest ein: „Auch wenn es keine politische Mehrheit für die von uns Heilberuflern gemeinsam geforderte Ausnahme vom Anwendungsbereich der Richtlinie gab, freut es uns doch, dass der europäische Gesetzgeber die Gesundheitsberufe und deren Bedeutung in der Richtlinie ausdrücklich herausgehoben und verankert hat.“ 

Die zentrale Aufgabe der Bundesregierung

Christian Hirte, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie und Mittelstandsbeauftragter der Bundesregierung, sprach sich in seinem Grußwort für den Erhalt der Freien Berufe und für die Sicherung von Qualitätsstandards auf europäischer Ebene aus: „Bei all den Aufgaben und Herausforderungen gilt es, das Spannungsfeld zwischen stärkerer Harmonisierung und besserer Ressourcennutzung einerseits und den nationalen Kompetenzen und Interessen andererseits aktiv zu gestalten. Das wird die zentrale Aufgabe der Bundesregierung sein.“ 

Als große Herausforderung sieht Hirte den digitalen Wandel an: Er griff eine Mitteilung der EU-Kommission zur Digitalisierung des Gesundheitswesens auf, die Ende April veröffentlicht wurde. Darin benennt die Kommission drei Schwerpunkte: den Zugang der Bürger zu elektronischen Patientenakten und Rezepten, die Förderung grenzüberschreitender Dateninfrastrukturen für eine verbesserte Forschung und Prävention sowie eine bessere patientenorientierte und sektorenübergreifende Versorgung. Deutschland unterstütze grundsätzlich die europäischen Initiativen, auch wenn im Detail noch viele Fragen zu klären seien, unterstrich Hirte. 

In zwei Paneldiskussionen wurden die Themen weiter vertieft. In welche Richtung könnte sich der gemeinsame Binnenmarkt in den kommenden Jahren entwickeln? Welche Rolle übernimmt die neue Bundesregierung dabei? Was sind die Probleme und Herausforderungen? Darum ging es in Panel 1. Es diskutierten – unter Moderation von Hendrick Kafsack, Brüssel-Korrespondent der FAZ – Prof. Dr. Winfried Kluth, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht der Universität Halle-Wittenberg und Vorsitzender des Instituts für Kammerrecht, Richard Kühnel, Leiter der EU-Kommission in Deutschland, und Dr. Björn Demuth, Vizepräsident des Bundesverbandes der Freien Berufe. 

Verschiedene Systeme – gleiche Herausforderungen

Trotz aller Unterschiede bestünden im Gesundheitsbereich eine Reihe von gemeinsamen Herausforderungen, die sich in allen EU-Mitgliedstaaten ähnlich zeigten. Dazu gehöre die Zunahme nicht übertragbarer Krankheiten, die Demografie, die Digitalisierung, die Mobilität von Angehörigen der Gesundheitsberufe oder der steigende Kostendruck innerhalb der Gesundheitssysteme. Die EU-Initiativen im Gesundheitsbereich träfen keineswegs auf homogene Gesundheitssysteme in den Mitgliedstaaten. 

Vielmehr sind die 28 nationalen Systeme höchst unterschiedlich ausgeprägt. Vor diesem Hintergrund diskutierten in Panel 2 Annika Nowak, Mitglied des Kabinetts des EU-Gesundheitskommissars Vytenis Andriukaitis, EU-Kommission, Dr. Georg Kippels, MdB CDU, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit des Bundestages, Dr. Irene Keinhorst, Leiterin des Referats EU-Ratspräsidentschaft im BMG, Dr. Matthias Wismar, European Observatory on Health Systems and Policies, und BZÄK-Präsident Engel.

Der 13. Europatag der BZÄK fand am 6. Juni in der Hörsaalruine des Medizinhistorischen Museums der Charité, Berlin, statt.

Foto: axentis.de

Panel 1 (v.l.n.r.): Prof. Dr. Winfried Kluth, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht der Universität Halle-Wittenberg und Vorsitzender des Instituts für Kammerrecht, Richard Kühnel, Leiter der EU-Kommission in Deutschland, Moderator Hendrik Kafsack, FAZ Brüssel, und Dr. Björn Demuth, Vizepräsident des Bundesverbands der Freien Berufe

Foto: axentis.de

Panel 2 (v.l.n.r.): Dr. Peter Engel, BZÄK-Präsident, Dr. Georg Kippels, MdB CDU, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit des Deutschen Bundestags, Dr. Matthias Wismar, European Observatory on Health Systems and Policies, Moderator Hendrik Kafsack, Annika Nowak, Mitglied des Kabinetts des EU-Gesundheitskommissars Vytenis Andriukaitis, EU-Kommission, und Dr. Irene Keinhorst, Leiterin des Referats EU-Ratspräsidentschaft im Bundesministerium für Gesundheit

Foto: axentis.de

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