Zahnärztliche Patientenberatungsstellen

Neun von zehn Patienten erhalten individuelle Hilfe

Am 12. Juni stellten die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) ihren Jahresbericht zur Zahnärztlichen Patientenberatung vor: In fast neun von zehn Fällen erhalten Patienten dort individuelle Hilfe.

In fast neun von zehn Fällen können die Beratungsstellen der Zahnärzteschaft Patienten individuelle Hilfe bieten – entweder durch direkte Problemlösung in der Beratungsstelle (75 Prozent der Fälle) oder durch eine Vermittlung an die zuständige Zahnärztekammer beziehungsweise KZV (12 Prozent). 

Rund 45 Prozent mehr Beratungskontakte 

Neben der hohen Quote an individueller Hilfestellung für den Patienten fällt die gestiegene Zahl der Beratungskontakte ins Auge: Diese legten von 23.868 im Jahre 2016 auf 34.804 Beratungen in 2017 zu, ein Plus von rund 45 Prozent. Da sich in 2016 während der Einführungsphase des neuen Evaluationssystems nur 30 der 34 Körperschaften an der webbasierten Dokumentation beteiligten, dürfte das Wachstum etwas niedriger liegen, als es die erhobenen Zahlen ausweisen.

Seit 2016 werden die Beratungskontakte in den zahnärztlichen Patientenberatungsstellen mit einer einheitlichen, internetbasierten Software dokumentiert. Die dortigen Mitarbeiter erfassen zu jedem Kontakt eines Ratsuchenden eine Vielzahl von Daten, darunter Thema und Ergebnis der Beratung und in anonymisierter Form auch persönliche Daten wie Alter, Geschlecht und Versicherungsstatus. Die standardisierten Datensätze erlauben eine wissenschaftliche Auswertung, die am Zentrum für Zahnärztliche Qualität (ZZQ) erfolgt und die Datengrundlage für die jährliche Evaluation liefert.

Der nun vorgestellte zweite Jahresbericht für das Jahr 2017 bietet nun erstmalig die Möglichkeit, durch Vergleiche mit den Vorjahresdaten das Beratungsgeschehen in seiner zeitlichen Dynamik zu betrachten. Dabei fällt auf, dass – mit Ausnahme des gestiegenen Beratungsbedarfs – die Kennzahlen und die Struktur des Beratungsgeschehens weitgehend stabil sind.

Die Form der Beratung

Dominierend war – wie bereits im Vorjahr – auch in 2017 die telefonische Beratung. 27.945 Beratungen wurden telefonisch durchgeführt: 80,3 Prozent – im Jahr zuvor lag der Wert bei 82,8 Prozent. Leicht abgenommen haben die persönlichen Beratungen vor Ort mit 8,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahr mit 11,0 Prozent. Entsprechend zugenommen haben die schriftlichen Beratungen per E-Mail, Brief und Fax mit 10,8 Prozent (Vorjahr: 6,2 Prozent).

Die Ratsuchenden

Kaum verändert zeigen sich auch die Daten zu den Ratsuchenden in den Beratungsstellen. 2017 waren rund 63 Prozent der Ratsuchenden Frauen, im Jahr zuvor 62,7 Prozent. Waren 2016 insgesamt 86,3 Prozent der Ratsuchenden gesetzlich und 7 Prozent privat versichert, so liegen die Werte 2017 bei 85 und 9 Prozent. Die Differenzen zu 100 Prozent ergeben sich durch den Teil der Befragten, die zu ihrem Versicherungsstatus keine Angaben gemacht hatten.

Die Themen

Wie im Vorjahr schon standen auch in 2017 Kosten- und Rechtsthemen ganz oben auf der Agenda der Ratsuchenden. Der Anteil von 56,1 Prozent in 2016 verringerte sich leicht auf 53 Prozent. Den zweiten Platz nehmen ebenfalls unverändert Fragen nach Adressen, Verbraucherinformationen und zum Bonusheft ein – der Anteil entwickelte sich von 20,6 Prozent in 2016 auf 26 Prozent im abgelaufenen Jahr. Hier kann eine durchaus merkliche Veränderung registriert werden. Auf den weiteren Plätzen folgen Fragen zu konkreten zahnmedizinischen Diagnosen bzw. Therapien (15 Prozent, Vorjahr: 16,3 Prozent) und zu allgemeinen zahnmedizinischen Informationen (6 Prozent, Vorjahr: 7 Prozent).

Der Tipp kommt meistens von der Kasse 

Die Zahnärztliche Patientenberatung genießt offenbar eine gute Reputation bei den Krankenkassen. So gaben 2017 – wie auch schon im Vorjahr – 37 Prozent der Befragten an, von ihrer Krankenkasse darauf gestoßen worden zu sein. Damit liegen die Krankenkassen bei der Frage, woher Ratsuchende von der Zahnärztlichen Patientenberatung erfuhren, mit Abstand an der Spitze. Nur knapp jeder Fünfte erfährt davon aus dem Internet. 2016 kamen noch 20,6 Prozent der Ratsuchenden durch das Web zur Zahnärztlichen Patientenberatung.

Drei Viertel aller Beratungen tragen unmittelbar zu einer Problemlösung für die Ratsuchenden bei. Damit liegt der Anteil direkt zielführender Beratungen höher als im Vorjahr (64 Prozent). Viele Anfragen lassen sich durch Information und Wissensvermittlung durch den Patientenberater zufriedenstellend klären. „Bei einem kleineren Teil der Anfragen werden Patientinnen und Patienten für weitergehende Informationen an Ansprechpartner der Zahnärztekammern oder Kassenzahnärztlichen Vereinigungen verwiesen, in manchen Fällen auch an andere Stellen wie zum Beispiel die zuständige Krankenkasse. Gelegentlich müsse die Beratungsstelle auch einen externen Zahnarzt oder eine bestimmte Fachabteilung einer Körperschaft (zum Beispiel Abrechnungs-, Rechtsabteilung) für zusätzliche Unterstützung kontaktieren“, heißt es im Jahresbericht 2017.

Den Themenschwerpunkt im vorliegenden Jahresbericht bildet die Auswertung für den Bereich „Zahnärztliche Maßnahmen und Verfahren“, der 15 Prozent (5.249) aller Beratungen betraf. Hier dominieren die Beratungen zum Zahnersatz, gefolgt von den Themen Chirurgie und Implantologie. Wichtige Einzelthemen waren „Festsitzender Zahnersatz“, „Implantate“ und „Wurzelkanalbehandlungen“. Während sich im Durchschnitt aller Beratungen nur 9 Prozent aller Ratsuchenden vor Ort in der Patientenberatungsstelle informieren, kommen gut 29 Prozent, wenn es um spezifische Behandlungsverfahren geht, und fast jeder Zweite (44 Prozent) informiert sich zu Nutzen und Risiken einer Maßnahme. 86 Prozent der Beratungen zu konkreten zahnmedizinischen Maßnahmen verlaufen zur Zufriedenheit des Patienten. Damit liegt die Problemlösungsquote noch höher als im Durchschnitt aller Beratungskontakte (75 Prozent). 

###more### ###title### Eine Hürde: die geringe Gesundheitskompetenz ###title### ###more###


Eine Hürde: die geringe Gesundheitskompetenz

Eine besondere Rolle spielt das Einholen einer Zweitmeinung – beispielsweise bei einer bevorstehenden Zahnersatzbehandlung. Die Zweitmeinungsberatungen werden von erfahrenen Zahnärzten durchgeführt, die den Patienten anschließend nicht selbst behandeln dürfen. Diese Regelung sichert ein hohes Maß an Vertrauen in die Unabhängigkeit und Objektivität des Beraters.

Die Patientenberatung in den Beratungsstellen der Kammern und KZVen soll grundsätzlich die Aufklärung durch den behandelnden Zahnarzt in der Praxis ergänzen. „Aufklärung und Beratung können aber auch auf Hürden stoßen, etwa durch eine geringe Gesundheitskompetenz von Patienten“, erklärte Dr. Regine Chenot, Leiterin des ZZQ, gegenüber den zm anlässlich der Veröffentlichung des Berichts. Generell müsse daher die Förderung von Gesundheitskompetenz in den Patientenberatungen stärker vorangetrieben werden – etwa durch weiterentwickelte Beratungsangebote und intelligente digitale Systeme.

UPD-Patientenmonitor

Krankenkassen informieren Patienten häufig nicht korrekt

Krankenkassen lassen ihre Versicherten oft über ihre Rechte im Unklaren und bieten günstigere Lösungen an. Das ist ein Ergebnis des Mitte Juni in Berlin vorgestellten Patientenmonitors der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD).

Wie der Patientenbeauftragte der Bundesregierung, Dr. Ralf Brauksiepe, und der Geschäftsführer der Unabhängigen Patientenberatung Deutschland (UPD), Thorben Krumwiede, ausführten, zeigt die Auswertung der rund 155.000 Beratungen, dass es Kommunikationsdefizite im Umgang mit Patienten und Versicherten gibt und dass die Ratsuchenden Hürden überwinden müssen, um ihre Ansprüche und Rechte durchzusetzen. Krumwiede: „Verharmlosende Schreiben, die die Versicherten nicht eindeutig über ihre echten Rechte informieren und nach dem Eindruck der Ratsuchenden stattdessen häufig Lösungen anbieten, die für die Kassen günstiger sind, stehen nicht im Einklang mit den eigentlichen Aufgaben unserer Krankenkassen.“ Insbesondere Zwischeninformationen der Krankenkassen, die gesetzlich zur Auskunft und Information der Versicherten verpflichtet seien, wirkten für die Ratsuchenden wie echte Entscheidungen. Die Versicherten fühlten sich geradezu von den Kassen dazu gedrängt, „die ihnen zustehenden Rechte einer Überprüfung ihrer Ansprüche auf dem Verwaltungsweg nicht auszuschöpfen“.

Brauksiepe machte deutlich, dass er weniger Bedarf nach neuen Gesetzen sieht, sondern das bestehende Recht durchsetzen will. Dabei verwies er auf die schon jetzt bestehenden Aufklärungs- und Informationspflichten und auch auf die Anstrengungen der Politik, etwa mit der Ausweitung der Sprechstunden in den Arztpraxen und mit einer Verbesserung der Arbeit der Terminservicestellen schon beim Zugang zum Gesundheitssystem anzusetzen. Auch das Thema Beweiserleichterung für Betroffene von Behandlungsfehlern wolle er angehen.

Ergebnisse der Auswertung

  • Fragen zum Krankengeld nahmen 2017 eine besonders starke Rolle ein: Die Zahl der Beratungen kletterte von 10.193 im Vorjahr auf 14.334.

  • Ein weitereres großes Problem: Die Ablehnung von Leistungen durch die Kassen

  • Auch der Verdacht auf Behandlungsfehler (5.851 Beratungen) führte Patienten in die Beratung.

  • Obwohl das Patientenrechtegesetz fünf Jahre in Kraft ist, wird Patienten laut UPD die Einsicht in die Behandlungsakte oft nicht gewährt.

  • Manche scheitern demzufolge schon beim Zugang zum Gesundheitswesen: Welcher Mediziner ist der richtige für meine Beschwerden? Wie komme ich an einen Termin?

  • In der Zahnmedizin fühlen sich Betroffene an einem bedingungsfreien Zugang zu Kassenleistungen gehindert. Über kostengünstige Kassenmodelle in der Kieferorthopädie werden sie dem Bericht zufolge häufig nicht oder nicht umfassend aufgeklärt.

  • Aus der Perspektive der Ratsuchenden sollte die Professionelle Zahnreinigung vor einer Richtlinien-gerechten Parodontitisbehandlung als erforderliche Vormaßnahme ausdrücklich in die Behandlungsrichtlinie aufgenommen werden und somit Kassenleistung sein.ck

Die zahnärztliche Patientenberatung

Die zahnärztliche Patientenberatung in Deutschland wird von den regionalen Zahnärztekammern und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen betrieben und finanziert. Bundesweit gibt es 42 Anlaufstellen, die telefonische und schriftliche Auskünfte sowie überwiegend auch persönliche Beratungen anbieten. Hier können sich Patienten kostenfrei informieren, Beschwerden addressieren oder auch Zweitmeinungen zu geplanten zahnärztlichen Therapien einholen.

Statement


Dr. Wolfgang Eßer

Vorsitzender des Vorstands der KZBV

„Beratung bedeutet für uns Zahnärzte weit mehr als reine Informationsvermittlung. Wir wollen unseren Patienten eine aktive, lösungsorientierte Unterstützung bieten, um Anliegen abschließend zu lösen und die Patientensouveränität zu stärken. Dabei ist die zahnärztliche Patientenberatung nicht bloß ein niedrigschwelliges Angebot für Ratsuchende, sondern gleichzeitig wichtiger Indikator für die Wahrnehmung der Versorgung aus Sicht der Patienten. Somit hilft uns die Evaluation der Patientenberatung dabei, nicht nur unser Serviceangebot, sondern auch die zahnärztliche Versorgung im Sinne eines gleichberechtigten Zugangs und der Teilhabe am medizinischen Fortschritt für alle Menschen in Deutschland zukunftsorientiert auszugestalten.“

Statement

Prof. Dr. Dietmar Oesterreich

Vizepräsident der BZÄK

„Die Beratungsstellen von Kammern und KZVen sind eine wichtige Ergänzung der Aufklärung und Information von Patienten, die Zahnärzte täglich in ihren Praxen leisten. Der diesjährige Themenschwerpunkt des Berichts zu zahnmedizinischen Verfahren und Maßnahmen zeigt, dass man auf den unterschiedlichen Wissens- und Informationsstand der Patienten speziell reagieren muss. Die Zahnärztliche Patientenberatung kann auf Schwierigkeiten im Umgang mit Informationen durch individuell zugeschnittene Vermittlung in besonderer Weise eingehen. Unser Ziel ist es, das Beratungssystem so patientenfreundlich wie möglich weiterzuentwickeln.“

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