Platz 13 von 20

Elektronische Patientenakte: Deutschland fällt weiter zurück

Bei der Einführung der elektronischen Patientenakte hat Deutschland in den vergangenen zwei Jahren keinen Fortschritt gemacht. Im Gegenteil. Dies zeigt ein aktueller Vergleich von 20 europäischen Ländern.

Das Ergebnis einer Studie der Stiftung Münch , die vom Institut für Angewandte Versorgungsforschung (inav) durchgeführt wurde, zeigt: Deutschland hat bei der Implementierung der elektronischen Patientenakte in den vergangenen zwei Jahren weiter den Anschluss an andere europäische Länder verloren und liegt nun auf Platz 13 von 20 untersuchten Ländern. Im Jahr 2016 lag Deutschland noch auf Platz elf.

Zur Methodik

Zur Methodik

  • Infrastrukturelle Voraussetzungen (dazu zählt beispielsweise der Indikator "Breitband-Internetzugang" oder der Indikator "Hochschulabschluss in MINT-Fächern")

  • Nutzungseigenschaften und Gesundheitskompetenz (dazu zählt der Indikator "Frequenz der Internetnutzung pro Woche" oder auch der Indikator "Personen, die das Internet in den letzten drei Monaten genutzt haben, um Informationen über die eigene Gesundheit zu erhalten")

  • politische und rechtliche Rahmenbedingungen (dazu zählt der Indikator "Pläne oder Strategien der einzelnen Länder in Bezug auf eine ePA")

  • Nutzung und Implementierung der ePA (dazu zählt der Indikator "Verwendung einer ePA durch Hausärzte")

  • Inhalte und Funktionen der ePA (dazu zählen zum Beispiel der Indikator "Möglichkeit von Online Terminbuchungen" sowie "E-Rezept" oder "Medikationsplan")

Spitzenreiter im Ranking bleiben die skandinavischen Länder. Dänemark findet sich wie bereits 2016 auf Platz 1, gefolgt von Finnland und Schweden (jeweils Platz 2). Estland verliert einen Rang und befindet sich auf dem vierten Platz. Daneben rangiert noch Spanien (Verbesserung um drei Ränge) auf Platz vier.

Skandinavische Länder auf Spitzenposition - hier sind ePA nicht nur auf Gesundheitsdaten beschränkt

Die Autoren begründen die Spitzenpositionen Dänemarks und der weiteren, sehr fortgeschrittenen Länder Finnland, Schweden und Estland außer mit "den hervorragenden infrastrukturellen Voraussetzungen" (wie der nahezu vollständigen Abdeckung mit Breitbandinternet und einer hohen Internetaffinität der Bevölkerung) insbesondere auch mit der "Fortschrittlichkeit in Bezug auf Nutzung, gebotene Inhalte und vorgehaltene Funktionen der jeweiligen ePA".

So sind diese ePA nicht nur auf Gesundheitsdaten beschränkt. Es erfolgt eine Sekundärnutzung von ePA-Daten und es existieren verbindliche Standards zur Interoperabilität.

Ferner wird die ePA in allen Krankenhäusern, darunter auch stets in den Notaufnahmen, verwendet. Es gibt eine sehr gute Einbindung von Haus- und Fachärzten, e-Rezepte können ausgestellt werden und alle Patienten genießen vollen Zugang zur eigenen ePA.

Fast alle spanischen Hausärzte nutzen die ePA

Spanien, die Schweiz und das Vereinigte Königreich konnten in den vergangenen zwei Jahren von der gelben in die grüne Gruppe aufsteigen. Das positivere Abschneiden Spaniens wird insbesondere mit der mittlerweile guten Verbreitung der ePA im Gesundheitswesen begründet: So verwenden gegenwärtig nahezu alle Hausärzte eine ePA und davon wiederum über die Hälfte diese zur Rezeptausstellung. Ebenso nutzen etwa 70 Prozent der spanischen Fachärzte eine ePA.

Vollständiger Breitbandinternetausbau in der Schweiz:

Die relative Verbesserung der Schweiz um drei Ränge erklärt sich unter anderem aus einem vollständigen Breitbandinternetausbau mit entsprechend verbundener hohen Frequenz der Internetnutzung durch die Bevölkerung sowie durch die mittlerweile implementierte Sekundärdatennutzung von ePA-Daten.

Briten punkten mit hoher (E-)Gesundheitskompetenz

Das Vereinigte Königreich, das im Ranking den größten Sprung um sieben Ränge machte, konnte insbesondere durch infrastrukturelle Faktoren punkten, beispielsweise aufgrund einer hohen (E-)Gesundheitskompetenz und einem geringen Anteil älterer Ärzte auf der einen Seite sowie verbesserten spezifischen Vorschriften für die Inhalte der ePA, wie die Aufführung durchgeführter Prozeduren oder den Zugang zur eigenen ePA, auf der anderen Seite.

Franzosen setzen ePA flächendeckend in ihren Notaufnahmen ein

Auf dem zehnten Platz liegt Frankreich, das – neben dem Vereinigten Königreich – mit sechs Plätzen den größten Sprung nach oben in der Rangfolge gemacht hat und damit nicht mehr der roten Gruppe angehört. Frankreichs deutlicher Sprung nach vorn lässt sich insbesondere dadurch begründen, dass mittlerweile eine bessere Datenlage zu diesem Land vorhanden ist, das heißt, viele Angaben zu Inhalten und Funktionen der ePA, die 2016 noch mit keiner Angabe kodiert waren, konnten nun mit einer positiven Angabe, also einem höheren Score, versehen werden.

Darüber hinaus werden in Frankreich in den Notaufnahmen von Krankenhäusern ePA flächendeckend eingesetzt und die infrastrukturellen Eigenschaften, wie Personen mit einem Hochschulabschluss in MINT-Fächern oder die Nutzung des Internets zur Beschaffung von gesundheitsrelevanten Informationen, sind positiv hervorzuheben.

In Deutschland wurde nur das Breitbandinternet besser

Den elften Platz teilen sich die Niederlande (keine Veränderung gegenüber 2016) und Österreich (Verschlechterung um drei Plätze). Auf Platz 13 folgen Belgien (Verschlechterung um drei Ränge), Litauen (Verschlechterung um zwei Plätze) und Polen (Verbesserung um fünf Plätze). Polens relative Verbesserung begründet sich insbesondere durch das verbesserte Breitbandinternetangebot sowie die inzwischen vorliegenden spezifischen Vorschriften für die Inhalte der ePA.

Ebenso auf Rang 13 liegt Deutschland, das im Vergleich zur Untersuchung von 2016 um zwei Plätze im Ranking abfällt und damit gerade so nicht in die rote, wenig fortgeschrittene Gruppe abrutscht. Außer einer Verbesserung des Breitbandinternets konnte die Bundesrepublik keine Verbesserungen in einem weiteren Indikator aufweisen.

"Es mangelt an klaren, verlässlichen konzeptionellen Vorgaben der Politik!"

"Deutschland wurde von anderen Ländern überholt: Länder, bei denen es klare Vorgaben für die Gestaltung der ePA, den Zugang der Bürger zur ePA und die Art der Datennutzung gibt. Und Länder, in denen die ePA immer häufiger von Krankenhäusern, Notaufnahmen und niedergelassenen Ärzten verwendet wird", fasst Stephan Holzinger, Vorstandsvorsitzender der Stiftung Münch, die Ursachen für das Zurückfallen Deutschlands im europäischen Vergleich zusammen. "In Deutschland dagegen ist außer einem schleppenden Ausbau des Breitbandinternets weiterhin wenig passiert. Es mangelte hierzulande bis dato an klaren, verlässlichen konzeptionellen Vorgaben der Politik."

Schlusslichter sind Italien, Tschechien, Slowenien und Irland

Die Tschechische Republik konnte sich im Ranking zwar um zwei Plätze verbessern, liegt aber mit Platz 17 noch immer in der roten Gruppe und führt diese an. Italien gibt im Ranking drei Plätze ab und belegt nun zusammen mit Slowenien (Verschlechterung um zwei Ränge) den 18. Platz. Wie schon bei der Initialuntersuchung belegt auch beim Update der Scorecard zum Stand der Implementierung der elektronischen Patientenakte auf nationaler Ebene die Republik Irland den letzten Platz.

Der politische Wille ist entscheidend für die Umsetzung

eHealth-Indikatoren-Studie

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