Kommunikation der Zellen

Periimplantitis und deren Prävention

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Søren Jepsen
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Hendrik Terheyden
Der computeranimierte Wissenschaftsfilm „Periimplantitis und deren Prävention“ ist der sechste in der Filmreihe „Kommunikation der Zellen“. Er zeigt die biologischen Hintergründe der Entstehung und Progression einer Periimplantitis und beleuchtet detailliert die weitreichende Bedeutung des Mikrobioms für die Immunabwehr.

Im Menschen kommen auf eine Körperzelle rund zwei Bakterien. Allein dieses quantitative Verhältnis zeigt, welchen enormen Einfluss diese Kleinstlebewesen auf die Funktion des menschlichen Organismus entfalten können. Nach dem Darm – hier leben rund 99 Prozent aller Bakterien des Menschen – beherbergt der Mundraum mit einer geschätzten Menge von zehn Milliarden Bakterien ein bedeutendes Reservoir an Mikroorganismen. Das orale Mikrobiom ist in der Kariologie und in weit komplexeren Zusammenhängen auch in der Parodontologie zum Gegenstand der wissenschaftlichen Forschung geworden. Hier stehen nicht nur die lokalen Wirkungen des durch Keime verursachten entzündlichen Geschehens im Mundraum im Fokus, sondern darüber hinaus die systemischen Wechselwirkungen zu Allgemeinerkrankungen. 



Bakterien bilden auf Oberflächen Biofilme. Betroffen sind nicht nur die Oberflächen des natürlichen Zahnes, sondern prinzipiell alle, die nicht a priori antibakterielle Eigenschaften besitzen. Hierzu zählen die meisten gängigen Materialien der Prothetik wie Metallkeramik, Keramik, bestimmte Metalllegierungen für Kronen und Brücken und auch Titan für Implantate. Da Implantate für den Einheilungsprozess möglichst biokompatibel gestaltet werden müssen, finden Bakterien auf deren Oberflächen vergleichsweise günstige Bedingungen für eine Besiedelung.

Seit dem Einzug der Implantologie in den zahnmedizinischen Alltag sind 20 bis 30 Jahre vergangen. Die zunehmende Langzeiterfahrung mit implantatgetragenem Zahnersatz zeigt nun vermehrt auch Spätkomplikationen. Dabei handelt es sich zumeist um eine Periimplantitis, eine Entzündung der periimplantären Mukosa mit einem Abbau des periimplantären Knochens. Dies kann letztendlich zum Implantatverlust führen und erfordert eine frühzeitige adäquate Behandlung. Klinisch nimmt die Periimplantitis eine zunehmend wichtige Rolle ein. Zahlreiche Studien, Kongresse und Symposien thematisierten in den vergangenen Jahren immer häufiger dieses Thema. Dies führte auch zur Erstellung von Behandlungsleitlinien. 




Ziel der vorliegenden sechsten Folge der Filmreihe „Kommunikation der Zellen“ ist die Visualisierung und Erklärung der Pathogenese der Periimplantitis. Mittels innovativer Methoden der 3-D-Bildgebung werden in diesem computeranimierten Film die Interaktionen zwischen Bakterien, zwischen Bakterien und Geweben sowie zelluläre Kaskaden der Immunabwehr visualisiert. Der Betrachter entwickelt somit ein Verständnis für die Wechselwirkungen zwischen Bakterien im Biofilm, den Zellen der Immunabwehr und der periimplantären Gewebe im dreidimensionalen Raum um das Implantat.

Kommunikation der Zellen – Periimplantitis und deren Prävention

Nach der internationalen Filmpremiere auf der EuroPerio9 in Amsterdam am 21. Juni 2018 folgt nun die deutschsprachige Premiere auf dem Deutschen Zahnärztetag in Frankfurt am Main. 

Termin:

10. November 2018, 14:20 Uhr

Storyboard

Kapitel 1: Das orale Mikrobiom

Die erste Phase des Films schildert die Symbiose zwischen Bakterien und Lebewesen seit deren Entstehung. In der Regel besteht ein gegenseitig benefizielles Verhältnis zwischen den Mitgliedern der mikrobiellen Gemeinschaft sowie zwischen den mikrobiellen Gemeinschaften und dem Wirt – das heißt eine Symbiose – auch im Milieu der Mundhöhle. Durch unterschiedliche Einflussfaktoren kann es zu einer Veränderung innerhalb dieser mit Gesundheit assoziierten Bakteriengemeinschaft – das heißt zu einer Dysbiose – kommen, die zu einem Zusammenbruch der benefiziellen Beziehung mit dem Wirt und zu einer immunentzündlichen Reaktion führt.

Kapitel 2: Von der periimplantären Gesundheit zur Mukositis

Die zweite Phase des Films schildert die Entwicklung einer periimplantären Entzündung. Dentale Implantate sind im Vergleich zu orthopädischen Endoprothesen anderen Rahmenbedingungen ausgesetzt. Während ein künstliches Kniegelenk vollständig in Knochen- und Muskelgewebe ohne eine Verbindung nach außen zu liegen kommt, ist ein dentales Implantat mit dem Knochen, der Mundschleimhaut und dem intraoralen Milieu in Kontakt. Es durchbricht also das Epithel. Nur durch einen festen, bindegewebigen, periimplantären Verschluss zur Mundhöhle kann eine bakterielle Besiedlung der Implantatoberfläche und des periimplantären Knochens verhindert werden. An der Durchtrittsstelle des Implantats durch die Schleimhaut bildet sich im Rahmen der Einheilung ein Sulkus. Die verstärkte Anlagerung von Plaque beziehungsweise Biofilm in diesem Bereich führt – wenn er nicht entfernt wird – zu einer periimplantären Mukositis. 


Einige Bakterien lagern sich mithilfe sogenannter Adhäsine an Zahn- und Implantatoberflächen an. Weitere Bakterien können sich als Sekundärbesiedler koaggregieren und werden Spätbesiedler genannt. Problematisch wird die Situation oft, wenn Bakterien mit den aufgerauten, enossalen Implantatanteilen in Berührung kommen. Aufgeraute Oberflächen zeigen zwar Vorteile für die knöcherne Einheilung des Implantats, sind im Fall einer Mukositis aber ein gutes Substrat für eine bakterielle Besiedlung.

Bakterien bilden Polysaccharide, die die Matrix für den Biofilm schaffen. Durch den Austausch von Metaboliten und genetischen Inhalten zwischen Bakterien entsteht ein bakterielles Gruppenverhalten, das sich den Umgebungsbedingungen anpasst und sich der körpereigenen Immunabwehr besser anpassen kann.

Kapitel 3:Von der periimplantären Mukositis zur Periimplantitis

Die dritte Phase des Films illustriert die Immunantwort des Körpers, die durch bakterielle Toxine in Gang gesetzt wird. Dies zeigt sich in Form einer Entzündungsreaktion, der periimplantären Mukositis. Klinisch zeigt sich hier eine Blutung auf Sondierung. Dies hat auch anatomische Einflussfaktoren. Während bei Zähnen dentogingivale Fasern von der Gingiva aus in die Wurzeloberfläche horizontal inserieren, sind die periimplantären Fasern parallel zur Implantatachse ausgerichtet. Dies ermöglicht anders als bei Zähnen die apikale Ausdehnung des entzündlichen Infiltrats bis in Knochennähe. Im Vergleich zwischen einer Parodontitis und einer Periimplantitis zeigt sich unter gleichen Rahmenbedingungen eine stärkere Entzündungsreaktion um Implantate. In der Folge kommt es zu einer Aktivierung von Osteoklasten. Die darauf folgende Knochenresorption stellt den Übergang von der Mukositis zur Periimplantitis dar. Klinisch entsteht ein schüsselförmiger, periimplantärer Knochendefekt.

Kapitel 4:Was tun? Therapie und Prävention

Die vierte und letzte Phase des Films visualisiert die Therapiemöglichkeiten. Ziel der Behandlung einer Periimplantitis ist die Beseitigung der Entzündungsreaktion und das Aufhalten des fortschreitenden Knochenabbaus. Eine sehr wichtige Maßnahme hierzu ist die mechanische Entfernung des Biofilms. Bei einer fortgeschrittenen Periimplantitis mit tiefen Taschen und Knochendefekten ist eine chirurgische Taschenelimination mit resektiven oder rekonstruktiven Verfahren erforderlich. Diese Verfahren sind anspruchsvoll. Ganz entscheidend ist deshalb die Prävention. Dies fängt bei der anamnestischen Ermittlung von Risikofaktoren wie Rauchen oder Diabetes mellitus an und setzt sich fort mit einer hygienefähigen prothetischen Versorgung und insbesondere mit einem kontinuierlichen Recall mit regelmäßiger Kontrolle der periimplantären Gesundheit und einem gründlichen und effektiven Biofilmmanagement. Durch eine konsequente Therapie bereits im Stadium der Mukositis soll der Entstehung einer Periimplantitis vorgebeugt werden.


Ausblick

Der sechste Film aus der Reihe „Kommunikation der Zellen“ stellt Erkrankungen in den Hart- und Weichgeweben um ein Implantat ins Zentrum des Interesses. Der Film kann als inhaltliche Erweiterung des ersten Films „Die Osseointegration“ und des fünften Films „Die gesteuerte Knochenregeneration“ betrachtet werden. Ein zentraler Aspekt dieses neuen Films ist das Mikrobiom. Die Wechselwirkung zwischen Bakterien, körpereigenen Geweben und dem Immunsystem, die als Symbiose oder Dysbiose in Erscheinung tritt, ist entscheidend für das Auftreten und Fortschreiten der Periimplantitis. Das Wissen um die Pathogenese der Periimplantitis erleichtert das Verständnis für präventive Maßnahmen. Ziel der Behandlung ist, das Auftreten der Periimplantitis zu verhindern oder den Fortschritt dieser Entzündungsreaktion zu stoppen. Der implantologisch tätige Zahnarzt kann seine Behandlung auf der Basis des Wissens um die biologischen Hintergründe der Periimplantitis durchführen.

Das Projektteam

Autoren und wissenschaftliche Leitung: 

Prof. Dr. Tord Berglundh, Prof. Dr. Dr. Søren Jepsen, Prof. Dr. Dr. Bernd Stadlinger, Prof. Dr. Dr. Hendrik Terheyden

Advisory Board:

Prof. Dr. Ian Chapple, Prof. Dr. William Giannobile, Prof. Dr. Lisa Heitz-Mayfield, Prof. Dr. Yoshinobu Maeda, Prof. Dr. Mario Sanz, Prof. Dr. Frank Schwarz

Produktion:

Dr. Marko Reschke, Dipl.-Biol. Matthias Gauer, Thomas Kramer (iAS – Quintessenz Verlag)

Projektpartner:

EMS Switzerland

Management:

Dr. Dipl. Wirt.-Ing. Alexander Ammann, Änne Kappeler, M. A. (Quintessenz Verlag)

Prof. Dr. Dr. Bernd StadlingerKlinik für OralchirurgieKlinik für Mund-, Kiefer-, GesichtschirurgieUniversität ZürichPlattenstr. 118032 Zürichbernd.stadlinger@zzm.uzh.chProf. Dr. Dr. Søren Jepsen, MSDirektor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und Präventive ZahnheilkundeZentrum für ZMKWelschnonnenstr. 1753111 Bonnsjepsen@uni-bonn.deProf. Dr. Dr. Hendrik TerheydenDRK-Kliniken NordhessenGemeinnützige GmbHKlinik für Mund-, Kiefer-, GesichtschirurgieHansteinstr. 2934121 KasselTerheyden@drk-nh.de

Zahlen, Daten, Fakten

Filmlänge:

15 Minuten

Hauptdarsteller:

Bakterien: Streptococcus spec., Fusobacterium nucleatum, Pseudomonas aeruginosa, Staphylococcus spec.; Körperzellen: Neutrophile, Plasmazellen, Makrophagen, Osteoklasten, T-Zellen

Nebendarsteller:

Adhäsine, Autoinducer, CpG-Oligonukleotide, bakterielle Toxine, Chemokine, Antikörper, pro-inflammatorische Zytokine, Interleukine

Konzeption, Storyboard, Programmierung, Produktion:

13 Monate

Software:

Autodesk Softimage (3-D), Autodesk Mudbox (3-D), Adobe After Effects (Compositing), Adobe Photoshop (Bildbearbeitung)

3-D-Daten und Animation:

4,2 GB 3-D-Daten, 720 GB (circa 300.000 Einzelbilder)

Rechner:

28 CPUs mit 144 Prozessorkernen

Renderingpower:

400 GHz

Renderzeit:

6,5 Monate 

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