GKV-Defizit steigt bis 2040 auf 50 Milliarden Euro
Die Jahre der Rekordüberschüsse sind ab Mitte der 2020er für die GKV vorbei: Dann droht die Schere zwischen Ausgaben und Einnahmen wieder auseinanderzugehen, prognostiziert die Studie „Zukünftige Entwicklung der GKV-Finanzierung“ des IGES Instituts im Auftrag der Bertelsmann Stiftung, die jetzt veröffentlicht wurde.
„Die Zeiten eines gleichlaufenden Zuwachses von Einnahmen und Ausgaben sind vorbei“, stellt Brigitte Mohn, Vorstand der Bertelsmann Stiftung, fest. „Die Debatte über den gesundheitspolitisch sinnvollen Instrumentenmix muss heute beginnen, damit die beschlossenen Maßnahmen wirken, wenn es darauf ankommt.“
Die Wissenschaftler des IGES Instituts haben analysiert, welche Faktoren die Finanzsituation der GKV beeinflussen. Sollte sich etwa die Einkommensentwicklung in Deutschland zukünftig an den relativ hohen Lohnsteigerungen der jüngsten Zeit orientieren, müsste der Beitragssatz bis 2040 nur auf 15,4 Prozent steigen. Im Unterschied dazu würde ein überdurchschnittlicher Anstieg der Preise im Gesundheitswesen die Schere weiter auseinandertreiben. Der Beitragssatz könnte dann 2040 sogar bei 18,7 Prozent liegen.
Kostentreiber sind Mengen und Preise der Leistungen
„Die für die Finanzierung des Gesundheitswesens einflussreichsten Faktoren kommen von außen und lassen sich durch Gesundheitspolitik nicht direkt beeinflussen“, erläutert Stefan Etgeton, Gesundheitsexperte der Bertelsmann Stiftung, ein wesentliches Ergebnis der Studie. „Trotzdem sind die gesundheitspolitischen Instrumente, die die Kostenreduzieren und die Einnahmen verbessern, nicht wirkungslos.“ Die Studie zeigt außerdem, dass für die steigenden Ausgaben weniger die Alterung der Bevölkerung als vielmehr die Entwicklung von Menge und Preis bei den medizinischen Leistungen verantwortlich ist.
Krankenkassenstatistik
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„Eine kluge Kostendämpfungspolitik, die die Versorgungsstrukturen im stationären Bereich konsequent konsolidiert, kann dem Defizit in der GKV wirksam entgegensteuern“, bilanziert Etgeton. Auf der Einnahmeseite könnte wiederum der Bundeszuschuss schrittweise erhöht werden und so die Beitragserhöhung bremsen. Damit würden auch die Arbeitskosten weniger stark belastet. Wollte man den Beitragssatz dauerhaft auf 15 Prozent stabil halten, müsste der Steuerzuschuss von derzeit 14,5 Milliarden Euro pro Jahr – das entspricht 7 Prozent der Beitragseinahmen – bis 2040 auf 70 Milliarden Euro, und somit auf etwa ein Fünftel der Beitragseinnahmen, ansteigen. Die Studienautoren empfehlen der Gesundheitspolitik, der sich abzeichnenden finanziellen Entwicklung in der GKV frühzeitig und ohne Scheuklappen zu begegnen. Kostendämpfungspolitik habe sich in der Vergangenheit als wirksam erwiesen. Heute müssten vor allem ineffiziente Strukturen im stationären Bereich abgebaut werden. Zugleich müssten steigende Beitragssätze dadurch abgemildert werden, dass der Bundeszuschuss schrittweise angehoben wird.
Finanzierungsdruck in der GKV
Für die Studie wurde ein Simulationsmodell entwickelt, mit dem die künftige Entwicklung der Einnahmen und Ausgaben der GKV in unterschiedlichen Szenarien analysiert werden kann. Auf der Einnahmeseite berücksichtigt das Modell die Beitragseinnahmen, weitere Einnahmen der Krankenkassen und den Bundeszuschuss. Auf der Ausgabenseite stehen die Entwicklung der Leistungsausgaben (exklusive Krankengeld), der Krankengeldausgaben sowie der Nettoverwaltungskosten und der sonstigen Ausgaben. Als äußerer, übergeordneter Faktor wurde die demografische Entwicklung abgebildet. Basisjahr für weitere Berechnungen ist 2017. Sofern bereits Daten von 2018 vorlagen, wurden diese berücksichtigt. Zieljahr der Fortschreibungen ist 2040.