Stellungnahmen von KZBV und BZÄK zum Digitale Versorgung-Gesetz (DVG)

Zu enge Fristen, zu wenig Patientenschutz

Zum Referentenentwurf des Digitale Versorgung-Gesetzes fand am 17. Juni eine Anhörung im Bundesgesundheitsministerium statt. Grundsätzlich unterstützen die Kassenzahnärztliche Bundesvereinigung (KZBV) und die Bundeszahnärztekammer (BZÄK) das Ziel des Gesetzgebers, das Gesundheitswesen konsequent weiter zu digitalisieren. Aber sie fordern Nachbesserungen – vor allem bei den geplanten sanktionsversehenen Fristen und beim Patientenschutz.

Die KZBV hält es für wünschenswert, bestimmte Regelungsbereiche wie digitale Gesundheits-Apps oder Telekonsile auch auf den vertragszahnärztlichen Bereich auszuweiten. Außerdem müssten auch Zahntechniker an die Telematikinfrastruktur angebunden werden, um bei der Kommunikation zwischen Praxen und Dentallaboren künftig auf sichere Übermittlungsverfahren zurückgreifen zu können.

Damit alle Beteiligten die geplante Umsetzung der neuen Strukturen und Versorgungswege akzeptieren, hält die KZBV es für erforderlich, auf den Nutzen und den Mehrwert der neuen Regeln zu verweisen. Gerade deswegen betrachtet sie die straff gesetzten Umsetzungsfristen und Sanktionen, die im Gesetz vorgesehen sind, als nicht zielführend. Sie sieht darin ein Misstrauen des Gesetzgebers gegenüber der Selbstverwaltung und den Leistungserbringern und fordert zu einer vertrauensvollen Zusammenarbeit auf.

Die wichtigsten Punkte:

  • Die im Referentenentwurf vorgesehenen starren Fristen, etwa bei der Vereinbarung einer Finanzierung von Ausstattungs- und Betriebskosten bei der Einführung und Nutzung der elektronischen Patientenakte (ePA) hält die KZBV für nicht zielführend. Sie befürchtet, dass die Fristen so kurz ausfallen, dass sie nicht mehr gehalten werden können. Sie schlägt dynamische Fristen vor, die ans Inkrafttreten des DVG gekoppelt sind.

  • Als kritisch betrachtet die KZBV auch die Rolle, die der Gesetzgeber den Krankenkassen bei der ePA zugewiesen hat. Ein Beispiel: Im Gesetz sollen zahnärztliche Leistungen für die Anlage und Verwaltung der ePA und für die Speicherung der Daten darauf vergütet werden. Während fürs Einstellen von Behandlungsunterlagen die Zuständigkeit bei den Zahnärzten liegt, sollte die Unterstützung der Versicherten bei der Anlage und Verwaltung der Akte – worunter auch das Löschen von Dokumenten fällt – nicht einfach auch noch auf die Praxen abgeschoben werden. Das sind nach Auffassung der KZBV originäre Unterstützungsleistungen der Krankenkassen, diese sollten dort verortet werden.

  • Auch eine mit Sanktionen versehene Frist zum Nachweis gegenüber den KZVen, dass Zahnärzte die notwendige Komponenten und Dienste für einen Zugriff auf die ePA vorhalten, sieht die KZBV kritisch. Sie hält die Regelung für zu kurz bemessen, um die Akzeptanz der neuen technischen Verfahren zu fördern.

  • Als kritisch stuft die KZBV eine im Gesetzentwurf vorgesehene unternehmerische Tätigkeit von Krankenkassen ein – mit der Möglichkeit, unmittelbar ins Versorgungsgeschehen einzugreifen und eine aktive Patientensteuerung zu betreiben. Beispiel: Versorgungsinnovationen und -angebote, die speziell von den Kassen beworben und angeboten werden sollen. Die KZBV sieht hier einen systemischen Bruch hinsichtlich der Verwendung von Versichertengeldern. Krankenkassen könnten zu Wagniskapitalgebern werden. Die rechtliche Zulässigkeit sieht die KZBV als fragwürdig an.

  • Zwar begrüßt die KZBV ferner, dass ein hohes Sicherheitsniveau in der zahnärztlichen Versorgung gewährleistet werden soll. Das sollte aber aus ihrer Sicht nicht dazu führen, dass Praxen gegebenenfalls mit regelmäßigen Zertifizierungsverfahren und Audits personell wie finanziell belastet werden.

Schnelligkeit statt Sorgfalt

Kritische Töne kommen auch von der BZÄK. Mit Sorge erkennt sie einen Trend, der sich durch den gesamten Gesetzentwurf zieht: Um das Tempo bei der Umsetzung zu erhöhen, gehe an manchen Stellen Schnelligkeit vor Sorgfalt und Patientenschutz. Auch Fragen des Datenschutzes sieht die BZÄK kritisch.

Hier einige Kernforderungen der BZÄK:

  • Begrüßt wird eine Positivliste für digitale Gesundheits-Apps, weil diese die Beratung von Patienten erleichtere. Gefordert wird, dass der Patient die vollständige Datenhoheit über die Daten bekommt (Recht auf Widerruf, Datenlöschung, Serverstandort im Geltungsbereich der DSGVO). Wichtig sei, dass der Patient diese Gesundheitsanwendungen freiwillig nutzt. Die Krankenkassen dürften nicht ohne Einbindung des Arztes oder Zahnarztes digitale Gesundheits-Apps vertreiben.

  • Wenn Krankenkassen digitale Anwendungen in Verkehr bringen, dürften individuelle Sozialdaten nicht ohne vorherige Zustimmung des Patienten ausgewertet werden.

  • Für die Beratung des Versicherten über digitale Gesundheitsanwendungen dürften keine zusätzlichen Verpflichtungen oder Haftungsrisiken entstehen. Auch fehle im Gesetz eine Berücksichtigung der daraus entstehenden Erfüllungsaufwände.

  • Die Verantwortung für die Anbindung der digitalen Anwendungen müsse am Konnektor enden.

  • Vorgeschlagen wird eine Negativliste für Apps, die vom Bundesamt für Arzneimitel und Medizinprodukte (BfArM) nicht anerkannt werden.

  • Individuelle Sozialdaten dürften ohne vorherige Zustimmung des Patienten nicht ausgewertet werden.

  • Es dürfe nicht zu einer Absenkung des Sicherheitsniveaus durch eine stufenweise Abkehr von Karten- und Schlüsseltechnologien durch Verlagerung aller eGK-Anwendungen zu einer reinen Online-Lösung in der elektronischen Patientenakte kommen.

  • Die BZÄK fordert außerdem realistische Zeitpläne und Fristen sowie den Erhalt der Richtlinienkompetenz von BZÄK und KZBV für zahnmedizinische Inhalte der ePA.

Das sagen andere Verbände zum DVG-Entwurf

  • Kassenärztliche Bundesvereinigung: Sie warnt vor zusätzlicher Bürokratielast und Kosten und kritisiert Sanktionen für Vertragsärzte bei Nichteinhaltung von Fristen.

  • Bundesärztekammer: Sie kritisiert, dass bei den neuen Möglichkeiten, digitale Gesundheits-Apps verfügbar zu machen, die spezifischen Bedürfnisse von Patienten und Ärzten scheinbar systematisch keine Berücksichtigung finden.

  • Spitzenverband Fachärzte Deutschlands: Bei der Ausweitung telemedizinischer Methoden erfolge keine Kontrolle, inwieweit die telemedizinische Diagnostik dem persönlichen Arzt-Patienten-Kontakt gleichwertig ist.

  • AOK-Bundesverband: Er warnt vor hohen Folgekosten und möglichen Risiken für die Patientensicherheit beim geplanten Zulassungsverfahren für digitale Gesundheits-Apps.

  • Verband der Ersatzkassen: Der vdek lobt, dass die verpflichtenden Inhalte der ePA durch Daten zum Impfausweis, Bonusheft, U-Untersuchungen und Medikationsplan bereits zum 1. März 2021 erweitert werden sollen. Auch weitere Leistungserbringer wie Logopäden und Ergotherapeuten sollten zügig an die Telematikinfrastruktur angebunden werden. 

Gesetzentwurf zum DVG

Das Digitale Versorgung-Gesetz (DVG), auch E-Health-Gesetz II, will die Strukturen des Gesundheitswesens mit einer Vielzahl von Regelungen an die Dynamik der digitalen Transformation im Gesundheitswesen anpassen. Dazu gehört die Weiterentwicklung der elektronischen Patientenakte (ePA), die Versicherten ab 2021 zur Verfügung stehen soll. Dazu gehören auch Regeln für Telemedizin und Videosprechstunden sowie der Anspruch des Versicherten auf Gesundheits-Apps.

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