Das war David gegen Goliath!
Warum die Digitalisierung des Gesundheitswesens aus Sicht der KZBV unbedingt in den Händen der Selbstverwaltung bleiben muss, brachte ihr stellvertretender Vorsitzender Dr. Karl-Georg Pochhammer eingangs auf den Punkt: „Unsere Kolleginnen und Kollegen sollen die digitalen Lösungen mit möglichst geringem bürokratischem Aufwand nutzen und die unsäglichen Sanktionen seitens des Gesetzgebers nicht zu spüren bekommen.“ Kein einfacher Job, zumal der Bundesgesundheitsminister gerne mal dazwischen funkt: „Dann kommt Herr Spahn, dem das alles viel zu lange dauert, und der meint, dass er das ohne die Selbstverwaltung viel schneller und besser kann!“ Sein Coup, die Bundesregierung mit einem Anteil von 51 Prozent zum Mehrheitsgesellschafter der gematik zu machen, komme einer Verstaatlichung gleich und bedeute übersetzt, „die Selbstverwaltung kann gerne weiterhin mit ihrem Sachverstand und ihrer Sachnähe Vorschläge machen, entscheiden wird ab jetzt aber das BMG!“
Digitalisierung erfordert Sachnähe
Generell werde vehement daran gearbeitet, die Kräfteverhältnisse zu verschieben – zulasten der Leistungserbringer. Einmal mehr deutlich werde dies bei der elektronischen Patientenakte (ePA), die das TSVG nämlich bei den Krankenkassen verortet, nicht bei der gematik. Für Pochhammer eine absurde Logik, da ja eigentlich ausgeschlossen sein soll und muss, dass die Krankenkassen über die Akte das Verhalten ihrer Versicherten steuern oder auf die dort eingestellten Gesundheitsdaten zugreifen können.
Pochhammer: „Damit die Digitalisierung des Gesundheitswesens gelingt, müssen die Neuerungen funktionieren. Und hierzu braucht es Sachnähe, passgenaue Rahmenbedingungen und bürokratiearme Lösungen. Genau deshalb sind wir hier als Stimme der Leistungserbringer gefordert!“
Kein Gesetz hat so viel Kraft gekostet
Dass Spahn in allen Sparten der Versorgung das Unterste nach oben gekehrt hat, bestätigte der KZBV-Vorsitzende Dr. Wolfgang Eßer: „Kein Gesetz hat uns in der KZBV in den letzten 25 Jahren so in Atem gehalten wie das TSVG!“ Immer wieder aufs Neue habe die KZBV während des Gesetzgebungsprozesses erklären müssen, dass es im zahnärztlichen Bereich keinerlei Notwendigkeit für versorgungsfremde Kapitalinvestoren gibt: „Wir haben genügend Studierende, die Hochschulabsolventen gehen zu 100 Prozent in die Versorgung, die Praxisfinanzierung erfolgt unproblematisch, die Verteilung der Praxen entspricht eins zu eins der der Bevölkerung und es gibt aktuell keine Unterversorgung.“ Dennoch drohte laut Eßer kurz vor Toresschluss ein Gesetzesbeschluss mit katastrophaler Folge: die Überschwemmung mit Investor-MVZ. „Wir haben gegen eine Armada von milliardenschweren Investoren und ihre Vasallen gekämpft. Dentalhandel und Industrie berichteten uns, wie viele Investmentbanker bei ihnen in den vergangenen zwei Jahren mit Plänen zur Übernahme von 200 oder 300 Praxen vorstellig geworden sind.“ Alle Befürchtungen schienen bestätigt: „Der sprichwörtliche Kampf ‚David gegen Goliath‘ war in vollem Gange.“ Am Ende überzeugte die Politik das Argument der KZBV, dass es keine gemeinsame Lösung für Ärzte und Zahnärzte geben könne. Buchstäblich in letzter Sekunde habe der Gesetzgeber schließlich die Gründungsberechtigung von Krankenhäusern auf differenzierte Versorgungsanteile beschränkt, um die – wie es in der Gesetzesbegründung heißt – „vorgesehene Vielfalt der gründungsberechtigten Leistungserbringer zu erhalten und die bestehenden Übernahmeprozesse durch Beteiligungsgesellschaften ohne originäres Versorgungsinteresse zu begrenzen“. Mit dem neuen Paragrafen 95 Absatz 1b SGB V wird nunmehr eine spezielle zahnärztliche Regelung zur Gründung von Z-MVZ durch Krankenhäuser geschaffen. Eingang in die Begründung fanden im Übrigen auch die Analysen der KZBV, insbesondere die Belege, wonach das Abrechnungsverhalten in Investor-MVZ starke Hinweise auf eine renditeorientierte Leistungserbringung liefert. Eßer: „Insofern hatte unsere Arbeit Erfolg. Eins ist indes klar: Ohne den Minister hätte es eine solche Regelung nicht gegeben.“
Ist die Quote erreicht, ist für den Investor Schluss!
Wie das Gesetz wirkt und wo die neue Regelung ansetzt, demonstrierte der stellvertretende KZBV-Vorsitzende Martin Hendges: „Weiß Gott kann man im Moment nicht davon sprechen, dass wir ein Versorgungsproblem haben“, verdeutlichte er einleitend. „Doch nicht zuletzt aufgrund der demografischen Entwicklung wird die Versorgungssituation in ländlichen und strukturschwachen Regionen zunehmend schwieriger, weil dort die Zahnarztdichte tendenziell abnimmt.“ Letztlich sei die Bereitschaft, sich auf dem Land niederzulassen oder eine Praxis zu übernehmen, vergleichsweise schwächer ausgeprägt als im städtischen Raum und in Ballungszentren. „Natürlich werden wir in Zukunft mehr Investoren auf dem Markt finden“, räumte Hendges ein. „Und ja: Krankenhäuser bleiben gründungsberechtigt. Aber in einer gedeckelten Regelung. Und wir müssen bedenken: Ohne diese Regulierung gäbe es keine Quotierung. Tatsache ist: Jetzt gibt es eine Quote, und wenn die erreicht ist, ist für den Investor Schluss!“ Wie Hendges mithilfe von Charts veranschaulichte, lenkt das Gesetz Investoren aus den Großstädten und Ballungsgebieten in unterversorgte Bereiche. „Erste Private-Equity-Fonds haben Deutschland bereits den Rücken gekehrt, in Bayern hat schon ein Investor angekündigt, sich aus dem Markt zurückzuziehen: Sie finden ihre Interessen hier nicht mehr abgebildet – das Risiko ist schlichtweg zu groß. Und Dentalketten mit mehr als 500 Praxiseinheiten, die solche Größenordnungen brauchen, um ihre Skalierungseffekte zu nutzen, werden es sich künftig gut überlegen, ob sie ihr Geschäftsmodell hier umsetzen können“, lautete sein erstes Fazit. Hendges: „In der Großstadt mit einem Planungsbereich ist die Wirkung klein, in allen anderen Bereichen groß. Stadtnah und im Speckgürtel? Dort wirkt ab Mai überall die 5-Prozent-Regelung!“

Der Zahnarzt bleibt freier Unternehmer
„Private Equity ist ein schnelles Geschäft – egal, ob es sich um eine Schuhfabrik, eine Zahnarztpraxis oder um ein Freudenhaus handelt“, bilanzierte Eßer. „Ihr Ziel ist die Marktmacht, weil sie nur mit einer brutalen Expansionspolitik ihr Preisdumping durchsetzen können. Das heißt, mit dieser neuen Regelung wird unser Dentalmarkt für solche Investoren eher unattraktiv. Entscheidend ist, dass Zahnärzte freie Unternehmer bleiben können und nicht die Sklaven irgendwelcher Investoren-Ketten werden.“
KV Connect oder KOM-LE?Zwei Kommunikationssdienste im Vergleich
Mark Langguth, Leiter der Abteilung Produktmanagement bei der gematik: „Die Standard-E-Mail ist eine Postkarte!“
Dr. Florian Fuhrmann, Geschäftsführer der KV Telematik GmbH: „Computer sind keine digitalen Leitzordner!“
Sabine von Schlippenbach, Strategische Produktmanagerin bei der gematik„Der Gesetzgeber will auf diesem Weg die Arzneimitteltherapiesicherheit erhöhen!“
Jörg Mertz, Geschäftsführer der Stiftung zur Förderung der ambulanten Versorgung in Thüringen: „Famulaturen laufen wie geschnitten Brot!“
Input durch Impulsvorträge
So funktioniert die neue Quotenregelung
In weder über- noch unterversorgten und damit grundsätzlich bedarfsgerecht versorgten Planungsbereichen – bei einem Versorgungsgrad von 50 Prozent bis 109,99 Prozent – beträgt der zulässige Versorgungsanteil eines Krankenhauses beziehungsweise seiner MVZ in dem betreffenden Planungsbereich maximal 10 Prozent, mindestens jedoch fünf MVZ-Sitze/Zahnarztstellen in Planungsbereichen mit einem Versorgungsgrad von 50 bis 99,99 Prozent.
In unterversorgten Planungsbereichen – das ist bei einem Versorgungsgrad unter 50 Prozent der Fall– erhöht sich der zulässige Versorgungsanteil auf maximal 20 Prozent.
In überversorgten Planungsbereichen – bei einem Versorgungsgrad ab 110 Prozent – reduziert sich der zulässige Versorgungsanteil auf maximal 5 Prozent.