Medizinische Sammlung des Karl-Sudhoff-Instituts

Eine Goldstreifenbrücke und Extraktionsinstrumente

Einige Universitäten beherbergen eine medizinische Sammlung. Beim Karl-Sudhoff-Institut für Geschichte der Medizin und Naturwissenschaften der Universität Leipzig gehört ein Teilbereich Zahnmedizin dazu, mit dem Schwerpunkt Extraktion – das heißt, gezeigt werden vor allem Hebel und Zangen.

Die Anfänge der Sammlung gehen auf den berühmten Medizinhistoriker Karl Sudhoff (1853–1938) zurück. Seit 1905 war Sudhoff etatmäßiger außerordentlicher Professor für Geschichte der Medizin. Aus Mitteln der Puschmann-Stiftung der Universität Leipzig wurden die ersten Exponate für die Sammlung erworben. Seine Nachfolger Walter Brunn und Henry Ernest Sigerist erweiterten die Kollektion – mit zum Teil aus eigener Tasche bezahlten Exponaten.

Während des Zweiten Weltkriegs gingen viele Instrumente verloren. Auch heute noch wird der Bestand größtenteils durch Schenkungen und Überlassungen aufgestockt. Die Exponate sind leider nicht öffentlich ausgestellt, da es sich um eine reine Magazinsammlung handelt.

Schwerpunkt der Sammlung sind medizinische Instrumente oder Instrumentensätze aus der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts und aus dem 20. Jahrhundert. Es gibt aber auch Gegenstände, die aus der Frühen Neuzeit stammen. Sudhoff gelang es auch, Repliken antiken Zahnersatzes aufzunehmen. Die Teilbereiche der Sammlung umfassen Chirurgie, Gynäkologie und Geburtshilfe, Augenheilkunde, HNO-Kunde, Volksheilkunde, Homöopathie und Zahnmedizin.

Die Repliken antiken Zahnersatzes entstammen der Sammlung des italienischen Zahnarztes Vincenzo Guerini (1859–1955). Guerini schrieb 1909 die Abhandlung: History of Dentistry: From the Most Ancient Times Until the End of the Eighteenth Century. Die Nachbildungen zeigen Zahnersatzarbeiten aus dem antiken Mittelmeerraum, die griechischen, phönizischen, etruskischen oder römischen Ursprungs sind.

Eine Prothese aus dem 4. Jh. v. Chr.

Im Jahr 1907 hatte ein spektakulärer antiker Grabfund in Teano, dem antiken Teanum Sidicini nördlich von Neapel, in der Fachwelt Aufsehen erregt. Bei einer bestatteten Person hatte man an den Zähnen eine goldene Zahnbandprothese entdeckt, die etwa aus der ersten Hälfe des 4. Jahrhunderts bis zur zweiten Hälfte des 3. Jahrhunderts v. Chr. stammte. Sie war wohl zum Stützen lockerer Zähne gefertigt worden. Der Fund war 1911 auch auf der ersten „Internationalen Hygiene-Ausstellung“ in Dresden zu sehen und gehört heute zur Sammlung der Charité. In der Karl-Sudhoff-Sammlung befindet sich die Kopie einer etruskischen Goldstreifenbrücke, die drei obere Zähne ersetzen sollte (Abbildung 3).

Die Sammlung der zahnmedizinischen Instrumente hat ihren Schwerpunkt im Bereich der Extraktion, das heißt Hebel und vor allem eine große Anzahl von Zangen. Es finden sich Molarenzangen für Ober- und Unterkiefer oder auch Zangen für die Frontzähne und Wurzelzangen. Es gibt aber auch Pelikane, Überwürfe, Schrauben und Schlüssel.

Im Jahr 2011 veröffentlichten Barbara Schirmbeck und Sabine Fahrenbach eine detaillierte Bestandsaufnahme der zahnärztlichen Extraktionsinstrumente aus der Sammlung des Karl-Sudhoff-Instituts. Neben einer genauen Beschreibung der Instrumente wurden auch, wenn bekannt, Spender und Hersteller genannt. Die ältesten Exponate wurden der Sammlung 1906 von Prof. Robert Ritter von Töply überlassen. Der Mediziner und Medizinhistoriker Töply (1856–1947) stammte aus Böhmen und stand in militärischen Diensten der Donaumonarchie. Zwischen 1874–1879 studierte er Medizin an der Universität Prag und wurde 1897 Privatdozent für Geschichte der Medizin in Wien.

Zu den Spendern gehörten auch die Zahnärztinnen Dr. Barbara Schirmbeck und Dr. Ute Schaffenger, die 1984 eine Dissertation zu den zahnheilkundlichen Objekten der Sammlung verfasste.

Eine der großen Dentalinstrumentenhersteller war die Firma Aesculap, von der in diesem Beitrag ein Wurzelheber gezeigt wird (Abbildung 8). Die Firma besteht bis heute unter dem Namen Aesculap AG. Ihre Ursprünge reichen zurück bis ins 19. Jahrhundert, als 1867 Gottfried Jetter in Tuttlingen eine „Chirurgie-Mechaniker Werkstatt zur serienmäßigen Produktion von medizinischen Instrumenten“ gründete.

Kay Lutze

Historiker, M.A.

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