Nonverbal kommunizieren
Der Patient liegt auf dem Behandlungsstuhl, während der Zahnarzt sich von oben herab über ihn beugt? Nun, das ist bekanntlich die denkbar schlechteste Position für eine erfolgreiche, nonverbale Kommunikation.
Dass es für eine gute Verständigung wichtig ist, das Behandlungsgespräch aufrecht sitzend und auf Augenhöhe zu führen, hat sich in der Praxis (weitgehend) durchgesetzt. Aber wie halte ich Kontakt? Zumal zu Corona-Zeiten das halbe Gesicht mit dem MNS bedeckt ist.
Klar ist: Blickkontakt wirkt aktivierend. Eine zugewandte, offene Körperhaltung – auch ein Lächeln – nimmt der Patient positiv wahr, was wiederum in hohem Maß die Behandlungsatmosphäre beeinflusst.
Die Schlüssel sind Mitgefühl, Empathie und Akzeptanz, bestätigt Dr. Johan Wölber von der Klinik für Zahnerhaltungskunde und Parodontologie am Universitätsklinikum Freiburg.
BERUFSERFAHRUNG IST KEIN GARANT FÜR EMPATHIE
In einer Studie fand Wölber mit Kollegen heraus, dass die Kommunikationskompetenzen nicht mit der Berufserfahrung zunehmen.1 Im Gegenteil: Erfahrene Profis laufen eher Gefahr, abzustumpfen und ihre Empathie einzubüßen als junge Zahnärzte.
Problem sei, dass ein Großteil der Zahnärzte ihre Kommunikationsfähigkeiten mit zunehmender Routine überschätzen. „Viele Ärzte sehen ihren Kommunikationsstil als Veranlagung. Dabei kann man Kommunikation lernen – auch die nonverbale. Hilfreich ist dabei, sich selbst in seiner Mimik und Gestik zu reflektieren. Da das selten Freunde oder Patienten für einen tun, kann ein Seminar helfen. Hier wird bei der Video-Analyse genau geguckt, wie die eigene Körpersprache funktioniert“, verdeutlicht Wölber.
So zeigte eine weitere Studie anhand von Videosequenzen, wie Zahnärzte ihre Kommunikationsstrategien in in Hinblick auf den Behandlungserfolg verbessern können.2 Wer weiß, wie seine eigene Kommunikation funktioniert und wirkt, kann diese gezielt einsetzen und auch andere spiegeln. „Eine offene und zugewandte Körpersprache kann den Patienten auch motivieren mitzumachen,“ sagt Wölber
KÖRPERSPRACHE MOTIVIERT PATIENTEN ZUM MITMACHEN
Bei einem erwachsenen Patienten, der verärgert oder unmutig ist, könne man dieselbe Körperhaltung, wie verschränkte Arme, einnehmen, um darüber Verständnis im Sinne der Gleichstellung zu signalisieren, empfiehlt Wölber. Dieses Spiegeln unterstütze die verbale Kommunikation, mit der man zunächst dem Anliegen des Patienten zustimmen kann.
TIPPS FÜR DAS PATIENTENGESPRÄCH
Dos
Vorabgespräch mit sitzendem Patienten und auf Augenhöhe führen
Der Blickkontakt im Gespräch wirkt aktivierend.
zugewandte, offene Körperhaltung
freundliche Stimme, klare Sprache
Patienten spiegeln: gleiche Haltung einnehmen, um Empathie zu signalisieren
sich selbst regelmäßig reflektieren
Dont´s
Gespräch „von oben herab“ über den Patienten gebeugt führen
abwenden oder den Rücken zudrehen
beim Reden mit dem Blick abschweifen
Ein starrender Blickkontakt wirkt dominant.
Eine schroffe Stimme wirkt einschüchternd.
empathieloses Verhalten
Bei der Behandlung eines ängstlichen Kindes könne der Zahnarzt ähnlich auf dem Stuhl Platz nehmen, regt Wölber an. Auch das sei nonverbale Kommunikation, die vor allem über den Akt der Empathie funktioniere.
Wichtig ist laut Wölber auch die paraverbale Kommunikation: Über Stimmfarbe, -klang, Sprachgeschwindigkeit und Rhythmus werde neben dem Inhalt unterschwellig transportiert, ob die Verständigung gelingt und auf Sympathie aufbauen kann oder nicht. Wer langsam und klar spricht, helfe dem Patienten, sich zurechtzufinden. Eine freundliche Stimme könne Sicherheit vermitteln und Sympathie schaffen.
VERBAL KANN MAN LÜGEN, NONVERBAL SCHLECHT
Zur nonverbalen Verständigung könnten auch leichte Berührungen gehören. Hier rät der Experte allerdings zu Vorsicht, insbesondere in Corona-Zeiten, aber auch aus psychologischer Sicht. Während die einfühlsame Geste auf manche Patienten beruhigend und verbindend wirke, könne sie bei anderen das Gegenteil bewirken.
Insgesamt hält Wölber die Wirkung von nonverbaler Kommunikation für zu wenig untersucht. Ihr komme gleichwohl dieselbe Bedeutung zu wie dem gesprochenen Wort, sie sei sogar noch aufschlussreicher. Denn verbal könne man lügen, mit der Körpersprache schlecht.
Fußnoten
1 Kruse AB, Heil HK-P, Struß N, et al. Working experience is not a predictor of good communication: Results from a controlled trial with simulated patients. Eur J Dent Educ. 2020; 24: 177–185.https://doi.org/10.1111/eje.12482
2 Quinn S, Herron D, Menzies R, et al. The Video Interaction Guidance approach applied to teaching communication skills in dentistry. Eur J Dent Educ. 2016; 20(2): 94–101. DOI: 10.1111/eje.12146.