Weitere S3-Leitlinie in Vorbereitung

Die Behandlung der Parodontitis im Stadium IV

Søren Jepsen
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Henrik Dommisch
,
Karin Jepsen
,
Ende 2020 wurde in Deutschland unter Federführung der DG PARO eine S3-Leitlinie der European Federation of Periodontology (EFP) zur Therapie der Parodontitis der Stadien I–III implementiert. Aktuell wird eine S3-Leitlinie auch für die weit fortgeschrittene Parodontitis im Stadium IV entwickelt – unter maßgeblicher Mitgestaltung deutscher Experten aus allen Bereichen der Zahnmedizin. Die EFP hatte dazu vom 7. bis zum 9. November zum Clinical Guideline Workshop ins spanische La Granja geladen.

Die Parodontitis im Stadium IV ähnelt in Schwere und Komplexität derjenigen im Stadium III, allerdings leiden die Patienten in der Folge zusätzlich entweder unter multiplen Zahnverlusten (≥ 5 Zähne) oder anderen weiteren Komplexitätsfaktoren wie dem Verlust der vertikalen Dimension durch fehlende posteriore Abstützung, pathologische Zahnwanderungen mit Auffächerung der Frontzähne, Elongationen von Zähnen, eine stark erhöhte Mobilität und eine eingeschränkte mastikatorische (Kau-)Funktion.

In diesen klinischen Szenarien kann es ohne eine adäquate Behandlung zum Verlust aller Zähne kommen. Deshalb ist nicht nur eine fundierte parodontale Therapie erforderlich, sondern eine umfassende interdisziplinäre Behandlungsplanung, die auch kieferorthopädische, prothetische oder implantologische Maßnahmen beinhalten kann, um die Funktion, Ästhetik und Lebensqualität der betroffenen Patienten zu stabilisieren beziehungsweise wiederherzustellen. Insofern bedarf die Therapie der Parodontitis im Stadium IV in der Regel einer komplexen interdisziplinären Therapie, die die Beteiligung von Spezialisten unterschiedlicher zahnmedizinischer Fachdisziplinen erforderlich macht.

Diesem Umstand hat das Organisationskomittee der EFP Rechnung getragen und zum diesjährigen Clinical Guideline Workshop neben Parodontologen auch Experten aus anderen zahnmedizinischen Fachbereichen nach La Granja, Spanien, eingeladen. Unter Moderation der AWMF-Expertin Prof. Ina Kopp, Marburg, haben 80 Teilnehmer aus 20 Ländern in vier Arbeitsgruppen unterschiedliche klinische Szenarien einer Stadium-IV-Parodontitis analysiert.

Die Themen der Arbeitsgruppen waren

  • die Behandlung der Stadium-IV-Parodontitis mit pathologischen Zahnwanderungen durch eine kombiniert parodontologische und kieferorthopädische Therapie,

  • die Behandlung der Stadium-IV-Parodontitis mit Zahnverlust/eingeschränkter Kaufunktion/Bisshöhenverlust durch partielle Rehabilitation mit Zahn- oder Implantat-getragenem Zahnersatz,

  • die Behandlung der Stadium-IV-Parodontitis mit Zahnverlust/eingeschränkter Kaufunktion/Bisshöhenverlust durch komplette/totale Rehabilitation mit Zahn- oder Implantat-getragenem Zahnersatz,

  • die Langzeitergebnisse parodontaler Therapie im Stadium IV mit Wiederherstellung der Kaufunktion und deren Auswirkung auf Lebensqualität und Allgemeingesundheit.

Auf der Grundlage einer kritischen Evidenzbewertung durch 13 systematische Reviews und der gesammelten Fachexpertise wurden zahlreiche Empfehlungen verabschiedet. Es ist geplant, die neue S3-Leitlinie im Frühjahr 2022 im Journal of Clinical Periodontology zu publizieren. Die deutsche Implementierung wird anschließend durch die DG PARO im Konsensverfahren erneut unter Beteiligung aller interessierten deutschen Fachgesellschaften, der Organisationen des Berufsstands und der Patientenvertreter durchgeführt werden. Wir können uns auf einen sehr spannenden Prozess einstellen. Es ist zu erwarten, dass die Ergebnisse den schwierigen Therapieentscheid in komplexen Situationen deutlich erleichtern werden.

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