DG PARO-Frühjahrstagung

Die Delegation von Leistungen in der Parodontitistherapie

Welche Leistungen können im Rahmen der Umsetzung der neuen PAR-Richtlinie delegiert werden und welche nicht? Auf der Frühjahrstagung der Deutschen Gesellschaft für Parodontologie e.V. (DG PARO) haben Experten der Bundeszahnärztekammer und Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung ausführlich dazu informiert.

Viele Kolleginnen und Kollegen rufen bei der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) an und fragen nach Checklisten und konkreten Auskünften, was im Hinblick auf die Delegierbarkeit erlaubt sei und was nicht, berichtete Dr. Sebastian Ziller, Leiter der Abteilung Prävention und Gesundheitsförderung der BZÄK, aus seiner täglichen Praxis. Solche pauschalen Vorgaben ließen sich aber oft gar nicht treffen – eine Delegationsentscheidung muss „individuell in der Praxis und am jeweiligen Patienten getroffen werden“, erklärte  Ziller. Dabei hängt die Entscheidung von der Komplexität der parodontalen Erkrankung, vom Schwierigkeitsgrad der Maßnahme und von etwaigen Risiken beim Patienten ab.

Neben den gesetzlichen Regelungen spielt der Zustand des Patienten eine entscheidende Rolle bei der Entscheidung über die Delegierbarkeit von Leistungen. „Auch wenn die Leistung im Zahnheilkundegesetz als delegierbare Leistung hinterlegt ist, heißt das nicht, dass sie immer delegiert werden kann“, so Ziller. „Wichtig ist, dass der Patient gesund ist.“ Ist er multimorbide und/oder nimmt er Medikamente ein, kann das eine Gegenanzeige für die Delegierbarkeit der Leistung sein. „Je größer die Risiken beim Patienten sind, desto mehr spricht dafür, Leistungen nicht zu delegieren, sondern selbst durchzuführen,“ gab Ziller zu bedenken.

Entscheidungshilfen der Zahnärztekammern

Um eine Orientierung für die Praxis zu geben, hat die Bundeszahnärztekammer einen Delegationsrahmen veröffentlicht (siehe Kasten). Daneben haben einzelne Zahnärztekammern sogenannte Delegationstabellen erstellt, die detailliert aufführen, welche Leistungen an Mitarbeiterinnen der unterschiedlichen Qualifikationsstufen delegiert werden können. Die aktuelle Delegationstabelle der Zahnärztekammer Westfalen-Lippe enthält auch teilweise die neuen Leistungen aus der PAR-Richtlinie.

Eine Tabelle der Landeszahnärztekammer Baden-Württemberg, die eine Auswahl von Leistungen der Parodontitisdiagnostik und -therapie nach der neuen PAR-Richtlinie enthält (siehe zm 6/2022) zeigt prinzipiell, dass „je individueller, je patientenzentrierter eine Maßnahme ist, desto höher ist die Anforderung an die Qualifikation der Mitarbeiterinnen, was die Delegationsfähigkeit angeht“, sagte Ziller. So kann beispielsweise die Zahnsteinentfernung mit der Arbeit an supragingivalen Belägen oder die Professionelle Zahnreinigung (PZR) mit dem Entfernen von klinisch sichtbaren subgingivalen Belägen von Mitarbeiterinnen mit ZMP-, ZMF- und DH-Qualifikation durchgeführt werden. Die subgingivale Instrumentierung, das Entfernen von klinisch erreichbaren subgingivalen Belägen ist dagegen der Dentalhygienikerin vorbehalten.

„Wir bekommen häufig Anrufe von Patienten, die fragen, ob es korrekt ist, wenn ‚die Zahnarzthelferin den Zahnstein entfernt hat‘ und der Zahnarzt die Rechnung stellt“, berichtete Ziller aus seiner Beratungstätigkeit. „Wenn man nachfragt, ist es in der Regel so, dass es sich um eine Professionelle Zahnreinigung gehandelt hat – ausgeführt von einer ZMP, ZMF oder DH. Und das muss dem Patienten deutlich kommuniziert werden. Er muss auch einwilligen in die Delegation. Das sollten Sie sich idealerweise auch dokumentieren lassen – insbesondere bei Erstpatienten“, empfahl Ziller seinen Zuhörern.

Rechtliche Aspekte der Delegation

Zu den rechtlichen Aspekten der Delegation in der vertragszahnärztlichen Versorgung sprach Rechtsanwalt Christian Nobmann, Leiter der Abteilung Koordination G-BA bei der KZBV. Wie im Berufsrecht gibt es auch im Leistungsrecht der gesetzlichen Krankenversicherung den Grundsatz der persönlichen Leistungserbringung – grundsätzlich ist aber die Delegation erlaubt. Im Hinblick auf die Einbindung Dritter in die Leistungserbringung heißt es in §15 Absatz 1 SGB V: „Sind Hilfeleistungen anderer Personen erforderlich, dürfen sie nur erbracht werden, wenn sie vom Arzt (Zahnarzt) angeordnet und von ihm verantwortet werden.“ Dabei werden delegierte Leistungen als vertragszahnärztliche Leistungen betrachtet. Aber: „Das Leistungsrecht macht keine Aussagen dazu, welche einzelnen Teiltätigkeiten oder Teilleistungen im Einzelfall delegiert werden können oder nicht.“, erklärte Nobmann. Diese Festlegungen werden im Berufsrecht getroffen.

In der vertragsärztlichen Versorgung sind konkrete, durch Delegation erbringbare Leistungen im Vergütungsrecht abgebildet. Die Vergütung dieser Leistungen ist dementsprechend unterhalb des Niveaus der vertragsärztlichen Vergütung angesiedelt. Ein solche Aufspaltung in unterschiedliche Vergütungsniveaus gibt es im vertragszahnärztlichen Bereich nicht. Hier wird die durch den Zahnarzt delegierte Leistung als eine unmittelbare vertragszahnärztliche Leistung betrachtet. So sind denn auch die BEMA-Positionen „auf der Basis der Bewertung vertragszahnärztlicher Leistungen festgelegt“, erläutert Nobmann. Im Gegenzug trägt der Zahnarzt die volle Verantwortung für die delegierten Leistungen.

Risikomanagement der Delegation

Nobmann hob hervor, dass Zahnärzte bei Delegationen immer in der Lage sein sollten, „die Zügel in der Hand zu behalten“. Gibt es Anhaltspunkte für eine nicht ordnungsgemäße Erfüllung der delegierten Teilaufgabe, steht der Delegierende in der Pflicht „zur sofortigen schadensvermeidenden Intervention“. Im Rahmen der Gesamtverantwortlichkeit des Zahnarztes ist dieser auch verpflichtet, „ein Fehlverhalten des Angewiesenen von vornherein zu verhindern.“ erklärte Nobmann. Das geschieht unter anderem dadurch, dass geklärt wird, ob eine delegationsfähige Leistung und die Qualifikationsvoraussetzung vorliegt.

Wenn ein Zahnarzt im Rahmen der Delegation eine Leistung durchführen lässt, die dem unmittelbaren Zahnarztvorbehalt zuzuordnen ist oder wenn die Person, an die delegiert wird, nicht die erforderliche Qualifikation besitzt, verletzt er seine Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. In diesem Fall verliert er leistungsrechtlich seinen Vergütungsanspruch.

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