„Meine Gründer-Geschichte“

Deutsch-dänische Gemeinschaftspraxis in dritter Generation

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In Michael Wenzels Brust schlagen ein deutsches und ein dänisches Herz: Der Zahnarzt wurde in Hamburg geboren, wuchs aber zweisprachig auf und ging nach dem Abitur nach Dänemark, um an der Universität Kopenhagen das Staatsexamen zu machen. Dann ging es zurück nach Hamburg. Gemeinsam mit seinem Bruder und zwei weiteren Partnern arbeitet Wenzel nun in einer der ältesten familiengeführten Zahnarztpraxen der Hansestadt.

Michael Wenzels Großvater, der das Zahnärztehaus vor mehr als 90 Jahren gegründet hat, war nach dem Ersten Weltkrieg einige Jahre als schiffsreisender Zahnarzt in Skandinavien unterwegs. „Von diesen Reisen sind so manche Anekdoten überliefert“, erinnert sich der 66-jährige Enkel. „So die vom Doktor, der die Schiffsglocke läutete, wenn er im Hafen seine Behandlung wie Füllungen, Extraktionen und Abdrücke für Zahnersatz anbot. Der Zahnersatz wurde dann in einem zahntechnischem Labor an Land angefertigt und beim nächsten Besuch im Hafen den Patienten eingegliedert. Später zog es meinen Großvater nach Dänemark, wo er meine Großmutter – eine Zahnarzthelferin – kennenlernte. Gemeinsam zogen sie 1925 nach Hamburg und legten die Grundlage für das heutige Zahnärztehaus Rahlstedt.“

Doch es gibt noch mehr Verbindungen zum nordischen Königreich: Auch sein Vater, der vor seinem Zahnmedizinstudium in Hamburg eine Lehre zum Zahntechniker absolvierte, verbrachte seine Assistenzzeit in Dänemark und lernte dort ebenfalls seine spätere Frau kennen. Michael Wenzel, der in Hamburg aufwuchs, ist damit quasi Dreiviertel-Däne. Kein Wunder, dass es ihn nach dem Abitur ebenfalls nach Skandinavien zog. „Ich hatte immer eine sehr enge familiäre Beziehung nach Kopenhagen, große Teile meiner Familie leben dort. Außerdem hätte ich in Deutschland wegen des NCs vielleicht noch ein oder zwei Jahre mit dem Zahnmedizinstudium warten müssen.“ Der 66-Jährige lacht. „Deshalb war ich sehr glücklich, dass ich mein Staatsexamen an der Universität Kopenhagen machen konnte.“

Es wurde ein besonderes Studium: Während Zahnärzte in Deutschland zu diesem Zeitpunkt als „Meister im Reparaturbetrieb“galten, lag in Dänemark der Fokus eher auf der Prävention, erinnert sich Michael Wenzel: „Die Skandinavier orientierten sich damals vor allem an den Amerikanern und auch die meisten Lehrbücher kamen aus den USA. So ist dort zwangsläufig eine andere Zahnheilkunde entstanden als in Deutschland oder in der Schweiz.“ In Dänemark war der präventive Behandlungsanteil hoch und der Prothetikanteil niedrig, in Deutschland war es genau umgekehrt. „Das hat sich in den letzten Jahrzehnten normalisiert und die Unterschiede sind heute nicht mehr so erkennbar, aber zu meiner Ausbildungszeit war dieser Unterschied noch sehr deutlich.“

Mit dem Staatsexamen in der Tasche ging es für Michael Wenzel zurück nach Hamburg. Seine Assistenzzeit absolvierte er in der väterlichen Praxis in den Jahren 1982/83 sowie im Bundeswehrkrankenhaus in Hamburg-Wandsbek. Im Juli 1984 wurde die Sozietät zwischen Vater und Sohn gegründet. „Echte Alternativen zur Niederlassung gab es früher gar keine. Aber ich wollte auch selbstständig sein, mein eigener Chef, und eine Praxis nach meinen Vorstellungen gestalten.“ Der Vater ließ ihn gewähren. „Er hat mich machen und das Praxiskonzept – angelehnt an meine Erfahrungen in Dänemark – entwickeln lassen. Das war schon etwas Besonderes!“

Der Vater hat ihn machen lassen

Geprägt durch sein Studium war für Michael Wenzel schon früh klar, welchen Weg er beschreiten will: die Prophylaxe – aus seiner Sicht „die Königsdisziplin der Zahnheilkunde“. „In den vergangen Jahrzehnten hat sich ein grundlegender Wandel im zahnärztlichen Berufsbild ergeben“, erläutert der 66-Jährige. Am Anfang seiner Tätigkeit war der Zahnarzt für die Zahngesundheit der Patienten verantwortlich. Die Patienten hatten wenig bis kein Zahnbewusstsein, die Kassen bezahlten, der Zahnarzt machte. „Heute sitzen dagegen mündige zahnbewusste Patienten mit Selbstverantwortung und einem Selbstverständnis für Prophylaxe vor mir. Welch ein Wandel für die persönliche Gesundheit und Ökonomie und ökonomisch für unsere Volksgesundheit und Volkswirtschaft! Hier ist wirklich etwas Grundlegendes passiert!“

Heute arbeiten im Zahnärztehaus Rahlstedt fünf Zahnärzte und 15 MitarbeiterInnen, die ebenfalls für Prophylaxe brennen. Neben Michael Wenzel gibt es drei weitere Praxisinhaber: Stefan Auksutat seit 1986, Dr. Ole Wenzel seit 1993 und Jörg Eddelbüttel seit 2016. Michael Wenzel ist vom Modell der Praxisgemeinschaft überzeugt: „Das gemeinsame Arbeiten, der tägliche Austausch, die gegenseitige Korrektur, all das erfordert eine große Teamfähigkeit. Und genau das wollte ich immer machen: Im Team arbeiten!“ 42 Jahre – sein gesamtes bisheriges Berufsleben hat Michael Wenzel im Zahnärztehaus Rahlstedt verbracht. In allen Jahrzehnten hat die Praxis viele Lehrlinge ausgebildet. „Diese sind uns oft noch jahrelang als treue Mitarbeiter der Praxis erhalten geblieben“, berichtet Wenzel. „Es gehört auch zu einer dieser Traditionen der Praxis, dass unsere Mitarbeiter viele Jahren in der Praxis beschäftigt sind. Wir konnten in den letzten Jahren viele Jubilare zu ihrer 10-, 20- und auch 30-jährigen Praxiszugehörigkeit beglückwünschen.“

Die Pastoren plauschten im Wartezimmer

„Und nach über 40 Jahren gibt es so einige Anekdoten zu erzählen“, grinst der Hamburger. Und berichtet von den beiden Pastoren in seinem Wartezimmer: „Der Pastor, der mich als Jugendlichen konfirmiert hatte, kam später als mein Patient in die Praxis, über viele Jahre hinweg, bis ins hohe Alter. Mein Bruder behandelte währenddessen seinen Nachfolger. Und wie sollte es anders kommen? An einem Tag, zur Mittagszeit, saßen beide Pastoren zeitgleich in unserem Wartezimmer – und blieben bis wir die Praxis abschließen mussten“, lacht Wenzel. „Unsere Mitarbeiter haben den beiden Herren zwischendurch Kaffee gebracht, mehr brauchten die beiden für eine angeregte Unterhaltung über ihre Schäfchen nicht.“

Mittlerweile ist er stolzer Farfar mit vier Enkeln

Welchen Tipp hat der Praxisinhaber für andere Gründer? „Immer ein Gemeinschaftsmodell wählen, einen Qualitätszirkel finden und sich permanent fortbilden, viel Mut und Ausdauer haben und die Work-Life-Balance nicht vergessen!“ Gerade letzteren Tipp würde er sich heute wirklich zu Herzen nehmen: „Ich brauchte zwei Herzinfarkte und zwei Söhne, die es zum Glück anders machen, um zu erkennen, dass man nicht nur auf die Arbeit gucken darf! Meine Söhne wollen auch beruflich viel erreichen, aber nicht um jeden Preis!“

So unterschiedlich kann Praxis sein – Wir erzählen Ihre Gründer-Geschichte!

Welche Umstände bieten optimale Entfaltungsmöglichkeiten, eine gute Work-Life-Balance und Zufriedenheit mit dem Beruf? Die Antworten auf diese Fragen fallen so unterschiedlich aus, wie die Lebensentwürfe individuell verschieden sind.

Die zm-Redaktion möchte von Ihnen wissen: Warum haben Sie sich für die Niederlassung entschieden? Durch welche Höhen und Tiefen mussten Sie seitdem schon gehen? Schreiben Sie uns! Wir möchten die Geschichte Ihrer Praxis erzählen – mit Anekdoten, die Sie zum Lachen bringen und die Sie auch schon verzweifeln ließen.

  • Was zeichnet Ihre Praxis , Ihren Standort, Ihr Team aus?

  • Aus welchen Gründen haben Sie sich für die Niederlassung entschieden? Was würden Sie heute anders machen?

  • Verraten Sie uns eine Anekdote: Was war das Beste/Schlimmste, das Ihnen als Praxischef bisher passiert ist?

  • Welchen Tipp haben Sie für andere Gründer?

Gerne möchten wir auch Ihre Praxis in unserer neuen zm-Serie „Meine Gründer-Geschichte“ vorstellen. Schreiben Sie uns eine E-Mail an: zm@zm-online.de; Stichwort: Gründer-Geschichte.

Jetzt nach 42 Jahren plant Michael Wenzel seinen Ruhestand. „Im Sommer werde ich mich aus der Praxis zurückziehen. Der Abschied fällt schwer und doch leicht, denn neue Aufgaben warten auf mich. Inzwischen bin ich stolzer Farfar (dänisch für Großvater, Anm. d Red.) mit vier Enkelkindern, und primär werde ich mehr Zeit für meine Frau, meine Familie und unsere Freundschaften haben. Auch möchte ich mehr Zeit in meiner zweiten Heimat Dänemark verbringen.“ In der Praxis hält er nun seine „Abschiedstournee“.

Was er sich für die Zukunft des Zahnärztehauses wünscht? „Egal, was künftig passieren wird, meine zahnärztliche Tätigkeit war immer Schwerpunkt der Zahnerhaltung durch Vorbeugung, durch Prophylaxe und weitgehend minimal invasive Zahnerhaltung“, betont Michael Wenzel. „Mein Dank gilt allen, die mit mir diesen Weg gegangen sind, und das lässt mich in Ruhe auf die Zukunft der Zahngesundheit der Patienten des Zahnärztehaus Rahlstedt blicken. Mein größtes berufliches Ziel ist erreicht!“

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