Das E-Rezept in der Zahnarztpraxis

Adieu, unnötige Wege

Christian Pfeifer, Abteilung Telematik der KZBV
Während viele Praxen die Übergangsfrist brauchen, um sich vorzubereiten, ist das E-Rezept in der Gemeinschaftspraxis von Dr. Christian Pilz und Dr. Markus Sagheri in Aachen bereits Standard. Sie stellt seit einem Jahr Rezepte elektronisch aus.

Sagheri hat gerade eine Patientin behandelt und muss ihr noch ein Antibiotikum verschreiben. Seine Mitarbeiterin hat die Verordnung bereits vorbereitet. Der Zahnarzt kontrolliert das Rezept am PC, drückt eine Taste und gibt sein Passwort über die Tastatur ein. Auf dem Bildschirm ploppt der Hinweis auf, dass das Rezept erfolgreich ausgestellt wurde. Daraufhin zückt die Patientin ihr Smartphone und startet die E-Rezept-App der gematik. Sekunden später erscheint das gerade erstellte Rezept auf dem Display. Über die App sendet sie es an ihre Wunschapotheke und wählt einen Botendienst aus. Ein Vorgang, der beim rosafarbenen Papierrezept oft Wege und Zeit kostet, ist hier mit wenigen Klicks erledigt. Das kommt bei der Frau, aber auch in der Aachener Zahnarztpraxis gut an.

Über 2,5 Millionen E-Rezepte wurden in Deutschland bislang eingelöst. Etwa 600 davon haben Sagheri und Pilz ausgestellt. Die beiden Zahnärzte wollen weniger Zettelwirtschaft in ihrer Praxis und nutzen dazu auch die Telematikinfrastruktur, vor allem die Kommunikation im Medizinwesen, kurz KIM. Dem E-Rezept stand die Praxis daher offen gegenüber: „Wir haben uns bereits im Frühjahr 2022 damit befasst. Nach der Lektüre der Informationsmaterialien der KZBV sind wir auf unseren Softwarehersteller zugegangen“, beschreibt Sagheri die ersten Schritte.

Die technische Einrichtung in der Praxis wurde dann gemeinsam mit dem Dienstleister durchgeführt. „Uns war wichtig, alle Behandlungsräume auszurüsten und auch die Komfortsignatur zu nutzen.“ Damit kann man am Kartenterminal via Heilberufsausweis (HBA) mehrere E-Rezepte auf einmal und ohne weitere Passwort-Eingaben unterschreiben. „Mein Kollege und ich schalten jeden Morgen unsere HBAs einmal frei und können dann aus allen Behandlungsräumen heraus die vorbereiteten E-Rezepte signieren“, erzählt Sagheri. Auch die elektronischen Heil- und Kostenpläne (EBZ) und die elektronische Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung (eAU) werden in der Praxis so unterzeichnet.

Keine Rennerei mehr wegen fehlender Unterschriften

Ihr erstes E-Rezept stellte die Praxis im März 2022 aus, erst mal um das Erstellen und Signieren zu testen. Weil das so gut funktionierte, sei man schnell auf eine Apotheke zugegangen, um die ganze Strecke zu proben. Den direkten Austausch mit den Apotheken kann der Zahnarzt nur empfehlen: „Es erleichtert den Einstieg und schafft Sicherheit, wenn man sieht, dass alles einwandfrei funktioniert.“ Heute gehört das E-Rezept zur täglichen Routine in der Praxis. „Alle verschreibungspflichtigen Arzneimittel zulasten der GKV verordnen wir seit Oktober 2022 elektronisch", sagt Pilz.

Besonders überzeugt sind die beiden Zahnärzte von der Umsetzung des E-Rezepts in ihrer Praxissoftware: „Wir kommen einfacher und im Vergleich zum rosa Papierrezept sogar schneller zum Ziel.“ Die Umstellung fiel auch ihrem Praxisteam nicht schwer. Neu sei lediglich die digitale Unterschrift. Damit habe man aber im Rahmen der eAU oder dem EBZ ohnehin zu tun. „Wir können die E-Rezepte bequem an jedem Arbeitsplatz signieren. Und die Mitarbeiterinnen müssen uns wegen der Unterschriften nicht mehr hinterherlaufen“, berichtet Pilz.

Patienten, die die App nicht nutzen, bekommen in der Praxis einen Papierausdruck. Hier sieht Sagheri noch Potenzial: „Die App der gematik oder der neue Weg mit der Versichertenkarte sollten mehr genutzt werden. Dann geht es noch schneller, denn der Ausdruck entfällt und wir könnten Folgerezepte auch ohne Praxisbesuch übermitteln.“

„Das E-Rezept spart uns Zeit und Wege!"

Seit Juli ist der Einlöseweg per eGK möglich. Die eGK fungiert hier als eine Art Schlüssel, mit der das E-Rezept in der Apotheke vom einen speziellen Server, dem E-Rezept-Fachdienst, abgerufen werden kann. Dabei müssen Patienten ihre Versichertenkarte in ein Lesegerät in der Apotheke stecken. Der Tokenausdruck sollte allerdings nicht in seiner Bedeutung unterschätzt werden. „Wer sich mit der Digitalisierung schwertut, möchte einen Zettel mit der Medikation in der Hand haben, wenn er die Praxis verlässt. Ob der nun rosa oder weiß ist, ist egal –  aber das Papier hilft diesen Patienten bei der Umstellung auf das E-Rezept“, weiß Sagheri.

Der neue Einlöseweg mit Gesundheitskarte

Seit Juli können E-Rezepte auch mit der Gesundheitskarte (eGK) in der Apotheke eingelöst werden. Bis Ende Juli sollten 80 Prozent der Apotheken bereit sein, Rezepte auf diesem neuen Einlöseweg zu beliefern. Mit einer bundesweiten Verfügbarkeit in allen Apotheken wird im Oktober gerechnet.

Die E-Rezepte werden bei diesem Einlöseweg nicht auf der eGK gespeichert, sondern die Karte dient als Schlüssel. Durch das Stecken der eGK autorisieren die Patienten die Apotheke, auf ihre Verordnungen im E-Rezept-Fachdienst zuzugreifen. Dies geschieht ohne PIN-Eingabe. In den Zahnarztpraxen sind für den neuen Einlöseweg keine Anpassungen der Praxissoftware und Prozessabläufe erforderlich. Weil für den neuen Einlöseweg noch nicht alle Apotheken startklar sind, sollten Zahnarztpraxen ihren Patientinnen und Patienten allerdings zur Sicherheit anfangs weiter den Tokenausdruck mitgeben.

Entscheidend für die Nutzererfahrung ist aus Sicht der beiden Zahnärzte die Qualität der Umsetzung in der Praxis­software. Für reibungslose Abläufe empfehlen sie ein zweistufiges Vor­gehen bei der Einführung: „Zunächst sollte die technische Einrichtung mit dem jeweiligen IT-Dienstleister besprochen werden", rät Pilz. Praxis­umgebungen seien verschieden, deshalb müsse man klären, wie man das E-Rezept umsetzen will.

Kein E-Rezept ohne HBA

Ein E-Rezept muss mit einer qualifizierten elektronischen Signatur (QES) unterschrieben werden, eine Signatur per Praxisausweis (SMC-B) ist beim E-Rezept ausgeschlossen. Wer im E-Rezept als Aussteller eingetragen ist, muss dieses mit seinem eigenen HBA signieren. Das bedeutet, dass jede Person in einer Zahnarztpraxis, die Verordnungen erstellt, einen persönlichen, beim Anbieter freigeschalteten und aktivierten HBA benötigt. Zahnärztinnen und Zahnärzte, die künftig E-Rezepte erstellen wollen und noch keinen persönlichen HBA besitzen, sollten deshalb schnellstmöglich einen Antrag stellen.

„Im zweiten Schritt ist dann wichtig, das E-Rezept auszuprobieren und herauszufinden, ob man Abläufe anpassen muss.“ So sollte etwa vorab geklärt sein, in welchen Behandlungsräumen signiert werden muss oder wie die Benutzerverwaltung in der Praxissoftware so eingerichtet werden kann, dass die Kontrolle und Signatur der vorbereiten E-Rezepte mit wenigen Klicks gelingt. Zu lange grübeln sollten Zahnarztpraxen aber auch nicht, betont Sagheri: „Das E-Rezept spart uns Zeit und Wege – und der Einstieg ist wirklich nicht schwer.“

Mit der Versichertenkarte als neuem Einlöseweg soll das E-Rezept alltagstauglicher werden, zum Jahreswechsel wird die Nutzung Pflicht. Privatversicherte können voraussichtlich ab Sommer das E-Rezept nutzen.

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